26. Dezember 1966: Die Sägen kreischen

26.12.2016, 07:00 Uhr
26. Dezember 1966: Die Sägen kreischen

© Eißner/Ulrich

In den Wäldern rings um Nürnberg ist es stiller geworden. Nur ab und zu unterbricht am Werktag das Kreischen einer Motorsäge die Ruhe und erinnert den einsamen Spaziergänger, daß bei den Forstarbeiten jetzt die Saison begonnen hat. Denn die Bäume müssen im Winter geschlagen werden, wenn die Stämme ohne Saft sind. Saftiges Holz wäre allzusehr von Fäulnis bedroht.

Allerdings gehört auch bei den Männern, die mit Axt und Säge so behende umgehen können wie andere Leute mit Gabel und Messer, die Holzfäller-Romantik der Vergangenheit an. Sie sind Facharbeiter in blauer Montur geworden.

26. Dezember 1966: Die Sägen kreischen

© Eißner/Ulrich

Während die von den Forstämtern zu Kulturarbeiten eingesetzten Frauen in der kalten Jahreszeit die Hände in den Schoß legen müssen, fällen die Männer Bäume oder putzen – gerade wegen des vorangegangen Regens eine wichtige Tätigkeit – die Gräben aus. 20 Arbeiter bilden das Aufgebot des Forstamtes Nürnberg-Nord, in dessen Gebiet alljährlich 8000 Festmeter Holz geschlagen werden. Die einzelnen „Partien“ sind in Buchenbühl, in der Nähe von Neunhof oder Heroldsberg zu finden.

Kiefern, Fichten, Eichen und vereinzelt auch Buchen fallen unter ihren Händen, um später als Stammholz zu Brettern geschnitten zu werden. Darüber hinaus – so erklärt Oberforstmeister Peter Link – gibt es Grubenholz und Papierholz, das beispielsweise zu Holzfaserplatten verarbeitet wird. Allerdings: der Absatz läßt zu wünschen übrig. Wegen der wirtschaftlichen Lage üben die Käufer Zurückhaltung. Doch Oberforstmeister Link nimmt an, daß im Frühjahr wieder ein frischerer Wind weht und die geplante Menge doch noch eingeschlagen wird.

Außerdem ist dem Forstamt Nürnberg-Nord eine neue Aufgabe zugedacht worden. Es soll als „Versuchsamt“ für Mittelfranken neue Hauer-Löhne beim Kieferneinschlag ausknobeln, weil durch den Einsatz der Motorsäge gültige Sätze über den Haufen geworfen worden sind. „Wir stecken mitten in der Vorbereitung“, berichtet Peter Link über den Stand der Dinge, ehe er die Männer einer „Partie“ begrüßt, die bei Buchenbühl makellos gewachsene Kiefern fällen.

Sie sind wie ihre Arbeitskollegen, die ihren Standort bei Neunhof aufgeschlagen haben, keineswegs wilde Gesellen, wie sie Ludwig Thoma beschrieben hat. Sie tragen keine langen Bärte, sie hüllen sich nicht in Lodengewänder, sondern sie stülpen sich Schutzhelme auf den Kopf und gehen ihren Beruf, der im hohen Maße Wetterfestigkeit verlangt, im Monteurkittel nach. Ein bißchen Romantik freilich wird spürbar, als das „Neunhöfer“ Team Vesperpause macht und ein Feuerchen vor der Schutzbank entfacht. Das nasse Holz raucht zwar mehr als es brennt. Aber es genügt, um wenigstens das Bier anzuwärmen.

Die „Buchenbühler“ sind dagegen schon viel besser dran. Neben ihrem Arbeitsplatz steht ein kleiner, grün gestrichener Wagen, dessen Fenster mit weißen Vorhängen versehen sind. In diesem Gehäuse finden die Waldarbeiter Schutz während ihrer Pausen. „Die Romantik schwindet mehr und mehr“, zuckt Oberforstmeister Peter Lind die Schultern, aber er versteht seine Leute. „Romantik hin oder her, wichtiger ist, daß im Winter ein wetterfester Unterschlupf zur Verfügung steht.“

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