29. November 1968: Ein Massenansturm aus der Luft
29.11.2018, 07:13 UhrDie Folgen: die etwa 2.000 zusätzlichen Passagiere, die mit Omnibussen, der Bahn und in Ausnahmefällen auch mit Taxis weitertransportiert wurden, mußten unvorhergesehene Wartezeiten in Kauf nehmen.
"Trotz allem", so findet Flughafen-Direktor Helmut Müller-Gutermann, "hat es noch gut geklappt. Wir lagen an der Grenze unserer Leistungsfähigkeit, aber zu einem Chaos ist es nicht gekommen." Der Hochbetrieb deutete sich bereits um 7.55 Uhr an, als die planmäßige Maschine der Lufthansa nach Frankfurt nicht starten konnte, weil der Nebel das Rhein-Main-Gebiet in eine "Waschküche" verwandelt hatte. Wenig später wurde die Vermutung zur Gewißheit: nicht nur Frankfurt, auch München und Stuttgart mußten "dicht" machen.
Da Nürnberg klare Sicht meldete, wurde der Flughafen zum Ausweichplatz bestimmt. Ab 9.25 Uhr ging es Schlag auf Schlag: Maschinen aus Berlin, Hamburg, Amsterdam, Tunis, Athen, Beirut, Paris, Wien, Belgrad, Turin, Zürich, Genf, Rom und Brasow in Rumänien setzten in kurzen Zeitabständen auf die Piste auf. "Die Abfertigung der Passagiere hat uns einige Schwierigkeiten bereitet", gestand am Abend Lufthansa-Stationsleiter Martin Benfer, der mit zahlreichen Omnibusunternehmen einen Pendeldienst nach München, Stuttgart und Frankfurt einrichtete. Zwanzig Fahrzeuge waren schließlich notwendig, um die Passagiere ans Ziel zu bringen. Ein Teil von ihnen wählte auch die Bahn oder durfte ein Taxi benutzen.
Stuttgarts OB dabei
Unter den 2.000 Passagieren, die unverhofft in Nürnberg landeten, befand sich auch der Stuttgarter Oberbürgermeister Dr. Arnulf Klett. Das Stadtoberhaupt, das aus Wien kam, trat mit einem Taxi die Heimreise ins Schwabenland an. Sogar ein Krankenwagen des Roten Kreuzes mußte zum Flughafen geschickt werden, um einem Fluggast zu helfen: in einer Maschine aus Tunis saß ein junger Mann, der an einer Rückenmarkverletzung litt und nach Hannover geflogen werden sollte. Da er in Frankfurt nicht umsteigen konnte, sprangen die Sanitäter sofort ein und fuhren den Patienten in seine norddeutsche Heimat.
Andere Passagiere mußten wiederum in Hotels untergebracht werden, weil keine Verbindung ins Ausland bestand. Bereitwillig übernahmen die Fluggesellschaften die zusätzlichen Kosten, die den Passagieren durch Transport, Verpflegung und Übernachtung entstanden. Martin Benfer: "Das hat eine Menge Geld gekostet."
"Wir hatten das Fünffache des normalen Verkehrs zu verkraften", stöhnte Flughafen-Direktor Helmut Müller-Gutermann. Den unverhofften Hochbetrieb betrachtet er als Generalprobe für die drei Wochen im August nächsten Jahres, in denen die Piste in München-Riem wegen dringender Reparaturarbeiten geschlossen wird und die Flugzeuge nach Nürnberg umgeleitet werden. "Dann wird es ähnlich bei uns zugehen wie gestern", prophezeite der Flughafenchef. Obwohl der unerwartete Hochbetrieb viel Arbeit, noch mehr Nerven und zusätzliches Geld gekostet hat, bescherte die Invasion auch einige positive Seiten. Man braucht nur an die Lande- und Abfertigungsgebühren zu denken…
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