7. September 1969: Radar droht
7.9.2019, 07:00 UhrSie setzt ab nächsten Mittwoch einen Radarwagen ein, dessen Elektronenauge, Geschwindigkeitsschreiber und vollautomatisch arbeitende Kamera den „Rasern“ kaum mehr ein Schlupfloch lassen. Unerbittlich werden die Autofahrer, die – bei einer erlaubten Geschwindigkeit von 50 km/Stunde – zwischen 59 und 61 Kilometer in der Stunde durch die Stadt fahren, mit zehn DM verwarnt. Bei Tempo 64 bis 68 Kilometer erhöht sich die Strafgebühr auf 20 DM, wer noch schneller fährt, handelt sich eine Anzeige ein. Ab 84 Kilometer in der Stunde wird die Fahrerlaubnis entzogen.
Das Verkehrsradar „Multanova“, eine Schweizer Erfindung, das vor allem auf den Ausfallstraßen in Richtung Heroldsberg, Lauf, Laufamholz, Buch. Fürth, Neumarkt und Schwabach eingesetzt werden soll, hat die Stadt 56 366 DM gekostet. Es wird sich nach den Worten von Oberpolizeirat Horst Zeitz schon dann bezahlt machen, wenn im Jahr nur ein Kraftfahrer vor dem Tode gerettet wird.
Heuer schon 44 Tote
Die Zahlen, die Horst Zeitz anführte, als er gestern nachmittag die neueste Errungenschaft der Polizei der Presse vorstellte, unterstreichen seine Worte: von den Verkehrsunfällen, die sich 1967 im Stadtgebiet ereigneten, waren allein 14 v. H. auf überhöhte Geschwindigkeit zurückzuführen. 1968 wurden in Nürnberg 92 Verkehrstote registriert. 13 Menschen (14,1 v. H.) starben, weil Kraftfahrer nicht rechtzeitig den Fuß vom Gaspedal nahmen. Erschütternd ist die Bilanz der acht Monate in diesem Jahr. Bis gestern wurden 2.870 Unfälle notiert. 339mal (11,8 v. H.) wurde zu schnell gefahren. 44 Tote waren dabei zu beklagen. Darunter 13 (38,4 v. H.), die dem Geschwindigkeitsrausch unterlagen oder dessen Opfer wurden.
Die Nürnberger Polizei hat eigens Hauptkommissar Heinz Dieter Francks von der Hessischen Polizeischule Wiesbaden, Abteilung Verkehr und Technik, nach Nürnberg gebeten, der 20 Beamte der Verkehrsstreifengruppe im Umgang mit dem neuen, weißlackierten Kleinbus und seinen vollelektronisch arbeitenden Einrichtungen ausbildet. Sie halten bei erlaubter Geschwindigkeit von 50 Kilometer in der Stunde Fahrzeuge mit 59 km/Stunde, bei 60 km/Stunde mit 94 und bei 70 km/Stunde mit 104 km/Stunde auf dem Foto fest. Wer schneller fährt, wird mit Bild und Schreibeinrichtung überführt. „Raser“ können diesem Verfahren nur entrinnen, wenn sie die Radaranlage rechtzeitig erkennen und auf die Bremse treten.
Polizeioberrat Horst Zeitz bejahte die Frage, ob sich der Aufwand lohne. „Mit dem herkömmlichen Stoppverfahren hatten wir bisher nur Schwierigkeiten. Der Personalaufwand war sehr groß, die Meßstrecke nur 300 Meter lang“, sagte er und fügte hinzu: „es gab immer wieder berechtigte Beschwerden, denn in einer Kolonne wurde ein Autofahrer erwischt und die anderen gingen straffrei aus. Jetzt können wir in der Sekunde zwei Fahrzeuge filmen.“
Entschieden wandte sich Horst Zeitz gegen die Annahme, daß das Fahrzeug nur deshalb angeschafft wurde, um den Gebührenhaushalt zu verbessern. „Wir stellen an jeder Ortstafel Hinweisschilder auf.“ Sie lauten: „Achtung, Kraftfahrer. Hier Radarkontrolle.“ Wer sie mißachtet, hat irgendwann die Folgen selber zu tragen.
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