Mehr Kontrollen, genaues Nachmessen?

Cannabis ab 1. April legal: So bereitet sich die Polizei Mittelfranken vor

Johanna Mielich

Online-Redaktion

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dpa

29.3.2024, 05:00 Uhr
Mehrere unabhängige Experten haben einen neuen möglichen THC-Grenzwert für den Straßenverkehr ermittelt. Für eine Umsetzung ist jetzt der Bundestag am Zug. 

© Collage: dpa Mehrere unabhängige Experten haben einen neuen möglichen THC-Grenzwert für den Straßenverkehr ermittelt. Für eine Umsetzung ist jetzt der Bundestag am Zug. 

In wenigen Tagen soll das Kiffen unter bestimmten Bedingungen auch in ganz Bayern erlaubt sein. Ab Ostermontag, 1. April 2024, greift die Cannabis-Teillegalisierung, dann dürfen sich beispielsweise auch in der Nürnberger Fußgängerzone Erwachsene nach 20 Uhr einen Joint anzünden.

Wer sich allerdings die sogenannte "Bubatzkarte" für Nürnberg näher zu Gemüte führt, erkennt direkt, dass es auch mit der Teillegalisierung viele Verbotszonen geben wird, an denen weiterhin keine Cannabisprodukte konsumiert werden dürfen. Das ist zum Beispiel auf Spielplätzen, in Schulen, Sportstätten, Kinder- und Jugendeinrichtungen und jeweils in Sichtweite davon der Fall - also in 100 Metern Luftlinie um den Eingangsbereich. Hier haben wir prominente Orte in Nürnberg aufgeführt, an denen das Kiffen erlaubt ist.

Spezielle Arbeitsgruppe mit Experten eingerichtet

Bleibt die Frage, wie das Ganze kontrolliert werden soll. Laut der Polizei Mittelfranken bringe die Umsetzung des Cannabisgesetzes einen "erheblichen administrativen Aufwand" mit sich. Wie Pressesprecher Robert Sandmann am Donnerstag auf Nachfrage erklärt, hat die mittelfränkische Polizei zum Umgang mit dem neuen Gesetz eine eigene Arbeitsgruppe mit Experten eingerichtet. Dabei habe man sich mit den "Feldern beschäftigt, die bei der Umsetzung auf die Polizistinnen und Polizisten zukommen", so der Sprecher weiter.

Nachmessen bei Regelverstößen?

Schon jetzt machen die Ermittler klar: Der öffentliche Konsum von Cannabis in unmittelbarer Gegenwart von Minderjährigen und vor Schulen und Co. ist verboten. Den eingesetzten Beamten seien die angeführten Örtlichkeiten bekannt und größtenteils seien diese auch für jedermann erkennbar. Die einzuhaltenden Abstände müssten im Fall einer Anzeigenaufnahme dann beweiskräftig dokumentiert werden, also gegebenenfalls per Foto oder Messen, erklärt Sandmann.

Bis zu 25 Gramm des getrockneten Pflanzenmaterials zum Eigenkonsum darf man zukünftig auch im öffentlichen Raum mit sich führen. Wird nun also jeder Streifenwagen mit einer Waage ausgestattet? "Falls notwendig, können mitgeführte Drogenmengen in der Dienststelle gewogen werden", erklärt der Sprecher. Ob es sinnvoll ist, dass jetzt auch jede Streife mit einer geeichten Waage ausgestattet wird, müssen die Erfahrungen in der Praxis zeigen, stellt die Polizei klar.

Cannabis am Steuer? Polizei will verstärkt kontrollieren

Auch die Frage "Cannabis am Steuer?" war bislang ein großes Rätsel. Vorerst gilt die strikte Linie weiter, dass schon beim Nachweis des berauschenden Stoffes Geldbußen oder Punkte in Flensburg drohen. Nun aber kommt ein Grenzwert in Sicht, der definiert, wie viel des Cannabis-Wirkstoffes THC noch tolerierbar sein soll. Eine Expertenkommission hat am Donnerstag einen entsprechenden Bericht vorgelegt. Sie empfiehlt einen gesetzlichen Grenzwert von 3,5 Nanogramm je Milliliter Blutserum. Für eine Umsetzung ist jetzt der Bundestag am Zug.

Für die Polizei Mittelfranken ist klar: Sie will die Intensität ihrer Kontrollen weiterhin engmaschig aufrechterhalten. "Wir werden weiterhin konsequent gegen entsprechende Verstöße vorgehen, dazu werden wir auch verstärkt Kontrollen durchführen", so die Polizei. Sie appelliert eindringlich an die Eigenverantwortung der Verkehrsteilnehmerinnen und Verkehrsteilnehmer.

Auch der illegale Handel mit Cannabis steht weiterhin im Fokus der Polizei und wird weiterhin konsequent verfolgt, heißt es. Denn, der Schwarzmarkt, das betonen die Ermittler, werde nicht verschwinden.

Deutliche Kritik von den Polizeigewerkschaften

Die Deutsche Polizeigewerkschaft (DPolG) und die Gewerkschaft der Polizei (GdP) in Bayern sehen mit der Teillegalisierung von Cannabis einen Berg zusätzlicher Arbeit auf die Beamten zukommen. Bei dem Gesetz handele es sich um ein "Bürokratiemonster", es gebe zahlreiche Unklarheiten, kritisierte der DPolG-Landesvorsitzende Jürgen Köhnlein gegenüber der "Deutschen Presse-Agentur". "Wir können aus einem schlechten Gesetz keine guten Verwaltungsvorschriften machen", sagte Köhnlein der Deutschen Presse-Agentur. "In Berlin wird diskutiert. Aber wir werden zum Einsatz gerufen."

Köhnlein kritisierte gegenüber der Agentur auch Ministerpräsident Markus Söder (CSU) für die Aussage, Bayern werde kein Kifferland werden. "Söder bringt dadurch die Behörden und die Polizei in eine Postion, in der sie ganz genau kontrollieren müssen." Dazu aber fehlten zum einen die genauen Verwaltungsvorschriften, zum anderen die Personalstärke und die Instrumente.