Corona-Auflagen: Einwohneramt Nürnberg im Ausnahmezustand

Irini Paul

NN-Lokales

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19.6.2020, 15:05 Uhr

Denn ein Besuch im Einwohneramt ist derzeit nur mit Termin möglich, nur das Abholen beantragter Dokumente kann man spontan erledigen. Einen Termin zur Beantragung kann man entweder online oder telefonisch vereinbaren – wenn man denn ins System kommt oder am Telefon durchkommt. Etwa 500 Termine werden täglich angeboten. Doch die sind innerhalb weniger Tage nach der Freischaltung bereits wieder ausgebucht. „Dies sorgt natürlich für Unmut“, wie Dienststellenleiter Olaf Kuch einräumt. Vor Corona konnten täglich bis zu 1200 Kunden bedient werden, hinzu kamen die Online-Anfragen. Diese Lücke macht sich nun überall bemerkbar.

Auch im Service-Center kommt es zu längeren Warteschleifen am Telefon, so kann es schon einmal vorkommen, dass man 39 Minuten wartet, um dann zu hören, dass es keinen Termin mehr gibt, wie eine Leserin berichtet. Auch dort gehen deutlich mehr Anfragen als sonst ein. Wobei nur ein Teil der Anrufer dort auch an der richtigen Adresse ist. „Ein großer Teil betrifft andere Belange. Diese Anrufe blockieren dann natürlich zusätzlich die Kapazität für die, die richtig beim Service Center wären“, so Kuch.

Gerade für Menschen mit Handicap, die etwa gehörlos oder sehbehindert sind, stellt dies eine besondere Hürde da, wenn sie nur diese Form der Kontaktaufnahme nutzen können. Für alle anderen bleibt es einfach ein Ärgernis.

Die Situation wird zudem dadurch verschärft, dass Termine immer nur für die kommenden 14 Tage vereinbart werden können, die Termine werden immer Donnerstags freigeschaltet. „Wir müssen auf Sicht fahren und auf Änderungen durch die Staatsregierung bezüglich der Corona-Regeln in der Lage sein, zeitnah zu reagieren“, begründet Kuch den kurzen zeitlichen Korridor, über den sich so mancher ärgert. Also muss man hartnäckig am Ball bleiben, um zum Zuge zu kommen.


Nürnberger verärgert: Einwohneramt sperrte einfach zu


Das hat auch vor Ort zuweilen unschöne Szenen zur Folge, wenn Bürger etwa dennoch versuchen, ohne Termin dran zu kommen oder die Vorgaben nicht akzeptieren wollen. Prellbock ist dann der Sicherheitsdienst an der Tür, der dann alles abbekommt, wie Kuch berichtet. So ist es auch am vergangenen Donnerstag. Bereits um neun Uhr hat sich eine Menschen-Traube vor dem Eingang gebildet, während die Sicherheitsfrau in ihrer gelben Warnweste und ihrem bunten Mundschutz versucht, die Wartenden zu beruhigen, indem sie erklärt, dass nur der dran kommen könne, der auch einen Termin habe.

Ruhig und höflich bleibt sie selbst, als zwei Frauen laut werden, weil sie nicht mehr drankommen – trotz Termin. Leider nur sind die beiden eine Viertelstunde zu spät dran. Keine Chance bei der derzeitigen Taktung unter Auflagen. Mehr noch: „Leider trifft es dann manchmal auch die Personen mit Termin, die nicht zum Eingang gelangen“, berichtet Kuch.

Auch an die Abstandsregeln halten sich zumindest an diesem Morgen die wenigsten der Wartenden. Zwar sind am Boden entlang der Häuserwand 2-Meter-Abstandsmarkierungen aufgeklebt, aber dafür interessiert sich wirklich niemand. Stattdessen stehen die Menschen gedrängt vor der Tür – immerhin alle mit Mundschutz.

Das Problem mit blockierten Eingängen und nicht eingehaltenen Sicherheitsabständen kennt auch Kuch. „Hier muss der Sicherheitsdienst manchmal deutliche Ansagen machen. Es ist aber nicht möglich, weit in den öffentlichen Raum hinaus auf den Bürgersteig, die Straße hinein zu wirken.“ Durch die Termine seien Warteschlangen eigentlich nicht „nötig“ und wenn alles gut laufe, gebe es auch keine, so Kuch weiter. Dennoch: „Wir können aber nicht entlang des Häuserblocks die Einhaltung der Abstandsregeln überwachen, hier ist jeder selbst aufgefordert und auch verpflichtet, sich angemessen zu verhalten.“

Zudem betont er, dass man nur im Notfall einen Termin für einen Besuch buchen sollte. Manches ist online oder über den Postweg zu erledigen. So ist etwa die An- oder Ummeldungen schriftlich möglich, Bescheinigungen werden auch postalisch verschickt.


Weiter Horror-Wartezeiten beim Einwohneramt


Es ist eine besondere Ausnahmesituation für die Meldebehörde, die sich ohnehin immer wieder aufs Neue Klagen über lange Wartezeiten gefallen lassen muss. Denn auch ohne die Pandemie stößt man dort an seine Grenzen. Schuld ist fehlendes Fachpersonal und auch die Räumlichkeiten sind begrenzt. Durch die Auflagen hat sich die Situation unübersehbar verschärft. „Wir tun, was wir können, Einschränkungen bleiben und natürlich empfindet jeder sein Anliegen als dringend. Rücksicht aufeinander und Verantwortung füreinander - im Haus und vor dem Haus - das wäre die wichtigste Botschaft unsererseits“, sagt Kuch.

Was die bevorstehenden Ferien angeht, so sei man im Rahmen der derzeitigen Möglichkeiten vorgewarnt und versuche, den wieder bestehenden Reisemöglichkeiten gerecht zu werden. „Für echte Notfälle haben wir bisher immer eine Lösung gefunden“, versichert Kuch.


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