Fall Peggy: Lichtenbergs Bürger kritisieren die Polizei

27.4.2017, 06:00 Uhr
Auch nach sechzehn Jahren: Der Fall der kleinen Peggy lässt die Bürger von Lichtenberg bis heute nicht los.

© dpa Auch nach sechzehn Jahren: Der Fall der kleinen Peggy lässt die Bürger von Lichtenberg bis heute nicht los.

Das wären die Themen, mit denen die zwölftkleinste Stadt Deutschlands gerne in die Schlagzeilen käme. Etwa die Internationale Musikbegegnungsstätte Haus Marteau in Trägerschaft des Bezirks Oberfranken. Hier werden ganzjährig Meisterkurse angeboten sowie der dreijährlich stattfindende Internationale Violinwettbewerb Henri Marteau ausgerichtet. Oder das mittelalterliche Burgfest auf der Ruine, das jeweils im herbst Tausende von Besuchern in die Kleinstadt lockt.

Und dann noch der Freizeitwert mit dem nahen Frankenwaldsee - einst Urlaubsparadies für Berliner, die aber seit dem Fall der Mauer lieber im Umland der Hauptstadt ihre Datschen pflegen.

Und so wundert es nicht, dass Lichtenberg nach einem Zwischenhoch in den 1960er Jahren heute kaum mehr Einwohner hat, als vor 150 Jahren. Tendenz: sinkend. Eine Ursache für die anhaltende Depression, die spürbar über der Stadt liegt, ist der bis heute ungeklärte Fall Peggy. Bei tausend Einwohnern kennt bald jeder jeden. Und die Polizei hatte bei ihren Ermittlungen fast immer Bewohner des Ortes im Fokus, meist Zeugen, aber auch Beschuldigte.

Solche Befragungen lösen Misstrauen aus. Oft geht der Riss mitten durch die Familien. Wer hat wen beschuldigt? Wer hat Dreck am Stecken? Unter den Beschuldigten war schließlich jener geistig behinderte Mann, der schließlich sogar wegen Mordes verurteilt wurde, dann aber vom Gericht nach einem Wiederaufnahmeverfahren freigesprochen wurde.

Hoffnung keimte nach dem Fund der Leiche auf. Sogar eine Spur zu dem NSU-Terroristen Uwe Böhnhardt gab es. Ein Stoffstück seiner Kopfhörerabdeckung war an Peggys Leiche gefunden worden. BürgermeisterHolger Knüppel sagte öffentlich, wie sehr sich Lichtenberg danach sehne, "von der Last befreit zu werden". Doch die Last blieb: Der Zusammenhang mit dem Fall Böhnhardt war durch eine Schlamperei der Spurensicherung entstanden.

Doch nach dem Fund von Peggys Überresten im Wald konzentrierte sich die Sonderkommission wieder auf Lichtenberg. Mit einem "Hilferuf aus Lichtenberg" wenden sich derzeit Bürger und Lokalpolitiker an die Öffentlichkeit. Sie werfen den Ermittlungsbehörden im Fall Peggy einseitige Ermittlungen vor. Die Verfasser des offenen Briefes sprechen von einem "„seltsamen Spiel" der Ermittlungsbehörden. Seit dem Verschwinden der damals neunjährigen Peggy im Jahr 2001 würden Zeugenaussagen von der Kripo "konsequent ignoriert" oder "wegermittelt", heißt es in dem Schreiben wörtlich. Die Staatsanwaltschaft in Bayreuth dementiert prompt. Von einseitigen Ermittlungen könne keine Rede sein.

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