Gesichter der Region: 21-Jährige mischt IT-Branche auf

8.3.2017, 06:00 Uhr
Gesichter der Region: 21-Jährige mischt IT-Branche auf

© Eduard Weigert

Brille, Bart und ein zurückhaltendes Wesen: Wer beim Stichwort Computerexperte vor allem an diese drei Stichworte denkt, für den passt die hübsche Dunkelhaarige mit dem offenen Blick tatsächlich nichts ins Bild. Und weil viele diese Klischees im Kopf haben, hat Jaff auch schon erlebt, dass man sie auf einem Fachkongress für die Kellnerin hielt - obwohl sie dort als Rednerin gebucht war. "Ich war schockiert", sagt sie noch heute. "Diese Aufteilung zwischen Männern und Frauen hatte ich überhaupt nicht im Sinn.

Das war ernüchternd."Denn von ihren Freunden kenne sie dieses Schubladendenken nicht, sagt die Nürnbergerin, deren kurdische Familie aus dem Irak geflüchtet ist, als sie gerade mal ein Jahr alt war. Dass sie sich in einem männerdominierten Feld bewegt, hat sie erst so richtig registriert, als sie mit dem Studium begann: Der Frauenanteil liegt dort bei gerade mal gut 20 Prozent.

Sie selbst hatte nie Berührungsängste, wenn es um die Technik ging. Schon im Alter von 15 Jahren wurde ihr Interesse am Programmieren geweckt, und zwar aus rein praktischen Erwägungen. Es habe sie genervt, erinnert sich die damalige Schülerin des Dürer-Gymnasiums, dass sich immer alle vor dem Schwarzen Brett auf die Füße traten, um sich über aktuelle Stundenplanänderungen zu informieren. "Das könnte man doch auch übers Smartphone regeln, habe ich gedacht."

Die Idee einer Stundenplan-App war geboren

Ihre Schulkenntnisse reichten dafür nicht aus, deshalb suchte sie sich andere Experten - und brachte dann das Börsenplanspiel Tradity mit auf den Weg, das mittlerweile von 11.000 Schülern gespielt wird und damit laut Jaff das größte dieser Art in Deutschland ist. Das habe ihr, sagt sie, schon einiges an Aufmerksamkeit gebracht, "weil es offenbar komisch ist, wenn ein Mädchen programmiert".

Auch wenn sie sich selbst eher noch als Mädchen sieht denn als junge Frau: An Mut und Selbstvertrauen fehlt es ihr nicht. Sieben Wochen lang war sie im vergangenen Frühjahr als Stipendiatin der Draper-University im kalifornischen IT-Mekka Silicon Valley - und bekam gleich einen Job in dem Projekt des Tesla-Gründers Elon Musk, bei dem Menschen in Schallgeschwindigkeit transportiert werden sollen. Auch ein Hamburger Unternehmen hatte die Studentin bereits engagiert, "ich hatte dort quasi einen Vollzeitjob als Softwareentwicklerin."

Darauf sei sie schon ein bisschen stolz, gesteht Jaff, die dennoch nicht die Bodenhaftung verloren hat. Mit ihrer älteren Schwester lebt sie noch bei den Eltern in deren Reihenhaus in Wetzendorf, in ihrem ganz in weiß gehaltenen Mädchenzimmer baumeln die Ballettschuhe an der Wand. Wenn sie nicht in den sozialen Netzwerken unterwegs ist, guckt sie gerne Filme oder probiert neue Kochrezepte aus.

Auch mit dem Programmieren beschäftigt sie sich weiter, das sei faszinierend und bestimme schließlich den Alltag aller, sagt sie. "Ich will anderen Mut machen und zeigen, dass die Grundlagen gar nicht so schwierig sind." Die Frauenquote in Informatik treibt Aya Jaff jedoch nicht mehr nach oben: Sie studiert jetzt Wirtschaft, das Informatikstudium war ihr zu theoretisch. Ein Netzwerk, um in der IT-Branche weiter zu arbeiten, hat sie ja bereits.

In den vergangenen Folgen der Serie "Gesichter der Region" haben wir den Bäckermeister und Busfahrer Adewale Ayoola Adebayo aus Nigeria begleitet und den ältesten Frisör Nürnbergs vorgestellt.

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