Durchs Smartphone abgelenkt

Werden "Handy-Eltern" jetzt aus dem Freibad geworfen? Das machen die Bäder in Nürnberg und Fürth

Lukas Schlapp

Volontär

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8.8.2024, 13:38 Uhr
An heißen Sommertagen wird es im Nürnberger Westbad schnell unübersichtlich. Eltern sollten ihre Kinder immer im Blick haben. Wird das Handy dabei aber zum Problem?

© Berny Meyer An heißen Sommertagen wird es im Nürnberger Westbad schnell unübersichtlich. Eltern sollten ihre Kinder immer im Blick haben. Wird das Handy dabei aber zum Problem?

Zusammen Schwimmen lernen, der erste Sprung vom Turm und gemeinsam Pommes rot-weiß essen: Wenn Eltern mit ihren Kindern ins Freibad gehen, ist das wohl die Traumvorstellung. Doch die Realität sieht in manchen Fällen leider anders aus: Das Kind wird ins Becken geschickt, die Eltern sind dagegen aufs Smartphone konzentriert. In manchen Städten wird das zum Problem, gegen das jetzt auch die Bad-Betreiber vorgehen.

Die "Bild" hatte erstmals darüber berichtet, dass es in Hamburg zu mehreren medizinischen Notfällen bei Kindern kam, während die Eltern aufs Handy fixiert waren. So soll in Hamburg ein Kind fast ertrunken sein, als die Mutter zum Telefonieren das Schwimmbad verließ, so die "Bild". Auch zu zwei Reanimierungen sei es bei Kindern gekommen, die zuvor von den Eltern nicht beaufsichtigt wurden, schreibt "Bild". In Hamburg blieben diese kürzlichen Vorfälle nicht ohne Konsequenz.

In städtischen Bädern in Hamburg werden als erste Maßnahme Flyer verteilt, bei denen Eltern auf die Situation im Bad und das richtige Verhalten hingewiesen werden. Ein Abschnitt lautet: "Legen Sie das Handy also in die Tasche, teilen Sie die Freude ihres Kindes und entdecken Sie gemeinsam die Bäderland Wasserwelten." In der oberen Ecke ist ein durchgestrichenes Smartphone dargestellt. Doch dabei bleibt es bei den städtischen Bädern in der Hansestadt nicht.

Handy-Eltern werden aus dem Schwimmbad geworfen

"Bild" zitiert den Sprecher der Hamburger Bäder Michael Dietel damit, dass Eltern mit Kindern das Bad verlassen müssen, wenn der erste Hinweis zur Aufsichtig ignoriert wird. "Zu dieser Maßnahme musste zuletzt schon mehrmals gegriffen werden", so der Sprecher gegenüber "Bild".

Auf Anfrage von nordbayern.de haben sich auch die städtischen Bäder aus Nürnberg und das Erlebnisbad "Fürthermare" zum Umgang mit "Handy-Eltern" geäußert. "Das ist bei uns kein Massenphänomen. Die meisten Eltern möchten ihren Kindern Schwimmen beibringen und genießen die Zeit", erklärt Matthias Bach. Er ist kaufmännischer Leiter des städtischen Eigenbetriebs "NürnbergBad". Aber: "Ab und an gibt es Eltern, die sorglos und unachtsam sind. Also nicht so aufpassen, wie wir es uns wünschen."

Wunsch in Nürnberg: Das Handy einfach mal zu Hause lassen

Ob das aber überwiegend am Smartphone liegt, kann Matthias Bach nicht bestätigen. Für ihn gibt es ein allgemeineres Problem: "Viele Eltern denken: Ich zahle Eintritt - für das Wohlergehen meiner Kinder sind jetzt andere zuständig." Dabei tragen Eltern im Schwimmbad die Aufsichtspflicht für ihre Kinder. Der Betreiber sei dafür zuständig, Verletzungsgefahr zu minimieren und Bademeister würden vor allem präventiv und als Hilfspartner fungieren.

Ein Verbot, das Handy ins Schwimmbad zu nehmen, gibt es in Nürnberg nicht. Trotzdem würde sich Bach wünschen, dass Eltern das Smartphone zu Hause oder zumindest in der Umkleide lassen. Denn auch der Hauptgrund für das Smartphone fällt weg: "Das Schwimmbad ist ein geschützter Bereich. Hier gilt ein Foto- und Videoverbot", erklärt er.

"Fürthermare": Keine Flyer, aber Ermahnungen

Dass unachtsame Eltern aus dem Schwimmbad verwiesen werden, dazu kommt es in Einzelfällen. "Wir haben das System 'Ermahnung, gelbe Karte und dann gelb-rot'. Meistens reicht schon die erste Ermahnung und die Eltern passen auf", sagt Bach. Eine Notwendigkeit für Flyer mit dem Fokus auf Handy-Nutzung habe es in Nürnberg bisher noch nicht gegeben. Aber falls sich die Situation häufen sollte, würde man offen darüber nachdenken.

Im "Fürthermare" sieht das ähnlich aus. Auf Flyer verzichtet man und zieht persönliche Gespräche vor. "Zettel werden meist nicht gelesen und fliegen dann im ganzen Bad als Müll rum, weil sie keiner richtig entsorgt", sagt Betriebsleiter Markus Dechand. Auch er sieht das Problem, dass Eltern glauben würden, ihre Verantwortung fürs Kind gelte in Freizeitanlagen nicht. Bei mehrmaliger Vernachlässigung der Aufsichtspflicht werden auch in Fürth Eltern dem Schwimmbad verwiesen. Die städtischen Bäder in Erlangen ließen die Anfrage von nordbayern.de bisher unbeantwortet.

Matthias Bach aus Nürnberg möchte weiterhin betonen, dass Schwimmbäder der sicherste Ort für Schwimmanfänger sind: "Nur wegen Vorschriften würde ich nicht an einen Fluss oder einen See gehen. Denn da ist niemand da, der aufpassen und eingreifen kann." Am meisten sei jedem geholfen, wenn Kinder frühzeitig Schwimmkurse besuchen und im Wasser sicher schwimmen können. Bach ergänzt: "In guten Schwimmkursen werden auch die wichtigsten Verhaltensregeln im Schwimmbad beigebracht."