"Hoffnung dringend nötig": So feiern Nürnbergs Kirchen das Osterfest

Isabel Lauer

Lokalredaktion Nürnberg

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30.3.2021, 21:09 Uhr
Ein Messdiener entzündet die Osterkerze - dieses kirchliche Brauchtum ist auch unter Pandemiebedingungen möglich.

© Felix Kästle, dpa Ein Messdiener entzündet die Osterkerze - dieses kirchliche Brauchtum ist auch unter Pandemiebedingungen möglich.

"Zum Heulen" hätte Franziska Pannewick es gefunden, wenn es wieder so gelaufen wäre wie vor einem Jahr. 2020 mussten die Kirchen an Ostern, dem wichtigsten christlichen Fest, wegen der Corona-Pandemie leer bleiben – historisch einzigartig. "Zum Glück kam die Kehrtwende", sagt die Pfarrerin mit Blick auf die Turbulenzen in der Bundesregierung, die kürzlich eine verschärfte "Osterruhe" plante und sofort wieder kassierte. "Ich finde es wichtig, dass Präsenzgottesdienste ausgehandelt wurden. Wozu hätte die Gesellschaft denn sonst eigentlich noch christliche Feiertage?", fragt sie.

Gottesdienstbesuch als einziger Kontakt nach draußen

In Boxdorf, wo Pannewick die Gemeinde Zum Guten Hirten leitet, machen sie nun ein wenig von allem. Gottesdienste mit erprobtem Hygiene-Abstands-Konzept in der Kirche, Andachten im Freien mit einem "Bollerwagen-Altar", dazu kontaktlose Lebenszeichen. Familien dürfen den Brunnen vor der Kirche mit selbstbemalten Eiern dekorieren. Die Senioren bekommen Tüten mit einer Kerze und Texten an die Haustüren gebracht, Thema "Schmetterling". "Die Menschen brauchen ganz dringend eine Hoffnungsbotschaft", sagt die Pfarrerin.


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Die meisten der 46 evangelischen und 47 katholischen Gemeinden in der Stadt halten es so, ebenso die reformierten oder freikirchlichen. "Es finden fast überall Präsenzgottesdienste statt – als ein Angebot unter vielen", sagt Stefanie Reuther, die Sprecherin des Evangelisch-Lutherischen Dekanats. "Wer aus Vorsicht zu Hause bleiben möchte, kann das. Es gibt aber auch viele Leute, die die Begegnung wünschen und uns sagen, dass ein Gottesdienstbesuch ihr einziger Kontakt nach draußen ist." Dass die kirchlichen Osterfeiern nun so kurzfristig wieder wankten, habe die Haupt- und Ehrenamtlichen bei ihren Vorbereitungen gestresst. "Es ist kräftezehrend, seit einem Jahr auf Sicht zu fahren."

Jüdische Gemeinde feiert nur zu Hause

Kontaktlose Schmück-Aktion: Vor der evangelischen Kirche Zum Guten Hirten in Boxdorf kann jedermann bemalte Ostereier an den kleinen Brunnen hängen.

Kontaktlose Schmück-Aktion: Vor der evangelischen Kirche Zum Guten Hirten in Boxdorf kann jedermann bemalte Ostereier an den kleinen Brunnen hängen. © Eduard Weigert

Als "wichtiges Stück Normalität" sieht auch Elke Pilkenroth, Sprecherin der Katholischen Stadtkirche, die Zusammenkünfte. "Verantwortliche und Besucher halten die Hygiene- und Abstandsregeln extrem diszipliniert ein, es wird ständig gelüftet und desinfiziert." Der überwiegende Teil der Pfarreien verlangt für die Kar- und Ostertage eine Anmeldung, Plätze sind noch frei – Pilkenroth empfiehlt dazu die örtlichen Internetseiten und Pfarrbüros.

In der Israelitischen Kultusgemeinde verzichtet man dagegen schon seit November auf Präsenzgottesdienste – auch jetzt während des Pessach-Festes. Grund ist die räumliche Situation: Die Synagoge und das Seniorenheim teilen sich einen Eingang, die Bewohner sollen geschützt bleiben. Als Ersatz gibt es etwas Online-Programm und ein kleines Mazze-Wein-Honig-Päckchen für die Mitglieder, erzählt Geschäftsführer André Freud.

Vom Experiment zur Routine: Nach einem Jahr mit der Pandemie haben etliche Pfarreien ihre digitalen Angebote verstetigt. So läuft längst nicht mehr nur die Osternacht der Lorenzkirche auf Youtube. Sondern beispielsweise auch in St. Andreas in Thon, wo neun Stunden lang per E-Mail, Zoom und Homepage gesendet wird. Oder in St. Marien in Katzwang: Sein technikbegeisterter Bekannter, der schon die Christmette "streamte", werde jetzt für die Live-Übertragung der Osternacht auf vier Kameras hochrüsten, erzählt Pfarrer Rudolf Batzdorf.

Die Osterbotschaft vom Sieg des Lichts über die Dunkelheit erlebt er in diesen Tagen selbst als tröstlich. Mehrere seiner Mitarbeiter fallen wegen Corona-Quarantäne aus, "die Leute sind schwermütig". Deswegen plant der Priester fürs Ende seines Gottesdienstes einen Osterwitz ein. Diese teilweise vergessene Tradition – der Pfarrer soll die Ostergemeinde mit einem Lachen entlassen – sei wichtig für die Zuversicht.

Osterkerze, Streichhölzer und Weihwasser - in einer Tüte bekommen Besucher der Osternachtfeier in den katholischen Gemeinden St. Anton, St. Ulrich und St. Michael Utensilien für zu Hause mit.

Osterkerze, Streichhölzer und Weihwasser - in einer Tüte bekommen Besucher der Osternachtfeier in den katholischen Gemeinden St. Anton, St. Ulrich und St. Michael Utensilien für zu Hause mit. © Birgit Cuccu

Telefonschalte aus der Kirche ins Seniorenheim

Ob Stationenwege, Anleitungen zum Pilgerspaziergang, Oster-CD, Predigten zum Mitnehmen, Telefonschalte ins Seniorenheim oder Karfreitags-WhatsApp-Gruppen: Viele Kanäle werden kreativ genutzt. "Wer die Osterbotschaft hören will, soll das auch können – lieber zu viel als zu wenig", findet der evangelische Pfarrer Hannes Schott von St. Jakob, der am Ostersonntag um 11 Uhr mit seinem fränkischen Osterevangelium bei Radio F zu hören ist (auch auf dem Youtube-Kanal der Gemeinde). Mehrere evangelische Gemeinden im Stadtsüden haben einen Ostergottesdienst-Film gedreht, der am Sonntag um 10 Uhr im Frankenfernsehen läuft.


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Schnitzeljagd mit dem Smartphone

Über die kirchlichen Bräuche, die Christen an ihrem wichtigsten Fest begehen, dürfen Gemeinden selbst entscheiden. So bleiben sowohl Speisensegnungen als auch Osterfeuer und Taufen in der Osternacht erlaubt. Im katholischen Verbund St. Michael-St. Ulrich-St. Anton etwa heißt das: Man trägt die Speisen nicht zum Altar, sondern behält sie bei sich am Platz. Das Osterlicht samt Streichhölzern und Weihwasser bekommen die Gottesdienstbesucher in einer Tüte mit nach Hause. In Zerzabelshof darf man sich mit einem Kissen ans Osterfeuer setzen und der Audio-Übertragung aus der Auferstehungskirche zuhören.

Comicszene aus der biblischen Emmaus-Geschichte für "Ostern to go", einer Handyrallye der Katholischen Jugend in Nürnberg.

Comicszene aus der biblischen Emmaus-Geschichte für "Ostern to go", einer Handyrallye der Katholischen Jugend in Nürnberg. © Illustration von Ronja Krisch

Wie vergangenes Jahr entfällt allerdings die traditionelle Jugendosternacht der Katholischen Jugend. Stattdessen haben sich die Veranstalter ein digitales Angebot überlegt: eine "Handy-Rallye". Dazu muss man die kostenlose App "Actionbound" aufs Smartphone laden und darin dann "Gründonnerstag at home", "Karfreitag to go" und "Ostern to go" abrufen. Bei drei verschiedenen Schnitzeljagden könne man dann nach Wahl Bibeltexte, Bilder und interaktive Elemente entdecken, sagt Stadtjugendseelsorgerin Magdalena Winghofer. Karfreitag fordere zum kleinen Stadtrundgang auf, am Ostersonntag werde man hinaus in die Natur geschickt. Mitglieder aus verschiedenen katholischen Jugendgruppen der Stadt hätten die Inhalte selbst entwickelt. "Das Ergebnis ist sehr kreativ geworden", freut sich die Ordensfrau.

Aktuelle Informationen über evangelische und katholische Ostergottesdienste auf gottesdienste-nuernberg.de und nuernberg-evangelisch.de/ostern-2021

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