Karstadt schließt in Nürnberg: Was passiert mit dem Gebäude?
25.6.2020, 10:53 UhrEin Aus hätte spürbare Folgen für die Kundenfrequenz in der gesamten Fußgängerzone, sagt etwa der erfahrene City-Makler Uwe Fraass (Conzepta Immobilien). Hoffnung, die RFR Holding mit Sitz in Frankfurt und New York werde als Karstadt-Hausherrin bei der Miete verhandlungsbereit sein, hat der Experte nicht. "Die zocken bis zur letzten Sekunde", glaubt er, "bis sich nichts mehr herauspressen lässt."
Stadtspitze mit Plänen: Nürnberg will Karstadt-Häuser retten
Wie könnte es nach einem Aus weitergehen? Es müsse neues Leben ins Haus, vielleicht durch ein Shop-in-Shop-System, glaubt der Experte. Da brauche es gute Ideen. Ob eine Abkehr vom Handel und der Umbau zu edlen Innenstadt-Wohnungen eine Lösung wäre, wie manche heute schon munkeln? Eher nicht, sagt Baureferent Daniel Ulrich. Eine solche Veränderung sei bautechnisch nur mit dem Abriss und Neubau des Komplexes machbar. Ulrich: "Da passen weder Höhen noch Tiefen, eigentlich passt da gar nichts." Viel schwerer wögen planungsrechtliche Hindernisse. Das Areal sei ein Kerngebiet, in dem Wohnen nicht so einfach zulässig sei. Handel und Dienstleistungen hätten hier Vorrang.
Innerhalb eines schwer zu durchschauenden Firmengeflechts wurden in den letzten Jahren immer wieder Anteile an Karstadt weitergereicht. Die RFR Holding, der das Nürnberger Haus neben zwölf weiteren Karstadt-Filialen im Land seit Ende 2017 gehört, ist seit 15 Jahren auf dem deutschen Immobilienmarkt aktiv. Aktuell hat RFR nach eigenen Angaben ein Immobilienvermögen von über 14 Milliarden Euro, davon rund vier Milliarden in Deutschland. Zur Situation in Nürnberg bezog die Firma mit Sitz in Frankfurt/Main auf Anfrage der Redaktion keine Stellung.
Kommentar: Die Zukunft von Galeria Karstadt Kaufhof sieht düster aus
Etwas überschaubarer sind die Verhältnisse in Langwasser: Vermieter der dortigen Galeria-Karstadt-Filiale ist das 1965 gegründete Hamburger Unternehmen ECE-Projektmanagement. Über eine zwischengeschaltete Vermögensverwaltung namens Cura ist es im Besitz der Familie Otto (Otto-Versand) und verwaltet unter anderem die Arkaden am Potsdamer Platz in Berlin oder die Altmarkt-Galerie in Dresden.
Heftiges Tauziehen
Unterdessen weckt das drohende Ende der Karstadt-Ära an der Lorenzkirche Erinnerungen an ihren stürmischen Beginn. Um die Pläne für den Konsumtempel mit 26.000 Quadratmetern Verkaufsfläche tobte in den 1970er Jahren nämlich ein beispielloser "Fassaden-Krieg". Fünf Jahre lang stritten die Stadt und der Konzern um die passende Fassade am historisch sensiblen Ort.
Am Ende griff der damalige Baureferent Otto Peter Görl selbst zum Stift und pinselte einen Entwurf aufs Papier. Die Sturheit der Stadt, so die NN bei der Karstadt-Eröffnung im Oktober 1978, habe einen "Klotz im Kettenhemd" zum Glück verhindert.
Zunächst war eine kaufhaustypische Betonfertigteilfassade geplant gewesen, die auf entschiedenen Widerstand stieß. 13 Planvorlagen gab es binnen fünf Jahren im Baukunstbeirat, Karstadt drohte, ohne Baugenehmigung den Weiterbau der U-Bahn Richtung Weißer Turm zu torpedieren. Doch das Baureferat kuschte nicht. Dass Kritiker monierten, auf den 60-Millionen-Mark-Bau sei nur "eine gotische Tapete geklebt" worden, spielte im allgemeinen Jubel keine große Rolle.
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