Lagune im Tiergarten: "Tierwohl hat oberste Priorität"

Hartmut Voigt

Lokalredaktion Nürnberg

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13.8.2020, 05:50 Uhr
 Die Delfinlagune am Schmausenbuck ist das Aushängeschild des Tiergartens. Bundesweit gibt es in Zoos nur mehr in Duisburg eine Tümmlerhaltung.

© Foto: Michael Matejka  Die Delfinlagune am Schmausenbuck ist das Aushängeschild des Tiergartens. Bundesweit gibt es in Zoos nur mehr in Duisburg eine Tümmlerhaltung.

Und die Reparaturen an den Betonbecken dürften noch bis zu vier Jahre dauern. Dabei kommt es nicht nur auf die Gründlichkeit der Handwerker an, sondern vor allem auf die Reaktionen von Tümmlern, Seelöwen und Manatis.

Denn wenn die Wasserbewohner nervös werden, müssen Handwerker ihren Werkzeugkasten wieder einpacken und die Arbeiten einstellen. "Das Tierwohl hat oberste Priorität. Wir haben ein Vetorecht, wenn sie zu stark belastet sind", sagt Tiergarten-Direktor Dag Encke.

Ein wissenschaftlicher Mitarbeiter dokumentierte während einer längeren Probebohrung das Verhalten. Er soll im Monitoring feststellen, ob Veränderungen eintreten und die Tümmler beispielsweise zu streiten beginnen. "Doch die Delfine sind cool", meint Encke, "für sie ist wichtig, dass sie die Geräusche einordnen können. Sie schwimmen heran, schauen sich um und sind an dem interessiert, was passiert."

Empfindliche Seekühe

Die träge wirkenden Seekühe reagieren dagegen empfindlicher. Wenn sich die Körperschallübertragung bei den Manatis bemerkbar macht, fangen sie gelegentlich zu kreiseln an. Oder sie verharren in den Tiefen des Beckens und suchen die Flachwasserzonen gar nicht mehr auf. Laut Tiergarten würden sich die Seekühe aber auch wieder rasch beruhigen.

Bislang mussten Handwerker nur wenige Male ihre Arbeiten einstellen – meist, weil sie nicht zuvor angekündigt waren. Wenn bestimmte Arbeitszeiten vereinbart sind, können die Tierpfleger ihre Schützlinge vorbereiten. So werden die Tümmler in lärmfernere Becken gebracht. Außerdem sind Fräsen und Schlagbohrer während der Fütterungszeiten tabu: Beim Fressen sollen die Tiere nicht gestört werden.

Arbeiten an den Beckenwänden gehen zäh voran

Bei den Schäden am Bauwerk geht es zum einen um die mangelhafte Beckenkopffuge, wegen der der Wasserspiegel um 15 Zentimeter gesenkt wurde. Außerdem sind die Rohrdurchführungen zum Technikgebäude nicht ordnungsgemäß gemacht. Und zum Dritten müssen Betonabplatzungen in den Becken durch einen neuen mineralischen Putz beseitigt werden. Er soll Korrosion an den Metallarmierungen verhindern.

Experten hatten die Sanierung zunächst auf 6,5 Millionen Euro geschätzt. Später wurde die Summe auf die Hälfte revidiert, weil der Zustand der Becken doch besser ist als erwartet. Zeitweise hatten Fachleute sogar ein Zusammenbrechen der Betonwände nicht völlig ausschließen wollen. Doch diese Gefahr ist laut städtischem Baureferat nicht gegeben.

Allerdings kommt die Sanierung der Beckenwände nur zäh voran: "Sie ist im niedrig einstelligen Prozentbereich erledigt", meint Baureferent Daniel Ulrich. Dass erst so wenig abgearbeitet sei, mache nichts aus. Nun könne man kontrollieren, ob sich die ein Jahr alten Maßnahmen an den Testflächen bewährt haben.

Zum Stand der juristischen Auseinandersetzungen mit einer Baufirma sowie mit einem Planungsbüro hält sich die Stadt bedeckt: "Zu laufenden Verfahren äußern wir uns nicht", heißt es im Bürgermeisteramt. Baureferent Ulrich ist zumindest ein bisschen mitteilsamer: "Mindestens ein Dutzend Gutachten stapeln sich bereits vor Gericht. Uns wäre an einer außergerichtlichen Einigung gelegen, aber wir machen das nicht um jeden Preis. Die Stadt soll schließlich nicht auf einem Schaden sitzen bleiben, für den sie in keiner Weise verantwortlich ist." Ob es im Spätsommer doch zu einem Vergleich mit den Versicherungen der betroffenen beiden Firmen kommt? Eine offene Frage.

Einzelanfertigung birgt Risiko

Baureferent Ulrich will generell den Eindruck relativieren, dass die Delfinlagune seit der ersten Planzeichnung ein einziges Baudebakel darstellt. "Natürlich sollte man erwarten, dass die ersten drei, vier Jahre Ruhe ist", meint der hauptamtliche Stadtrat , "so war es aber leider nicht. Aber man muss auch jetzt keine Angst haben, dass noch irgendetwas Schlimmes passiert."

Nun würden die Mittel von einer angedachten Komplettsanierung immer mehr in den ganz normalen Bauunterhalt übergehen. Eines dürfe man nicht vergessen, betont der Diplomingenieur: "Einzelanfertigungen wie Delfinarien bergen immer das Risiko, dass sie nicht reibungslos funktionieren."

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