Masken für Nürnbergs Grundschüler: Eltern sind sauer
9.11.2020, 05:53 UhrAb heute gilt die Maskenpflicht im Unterricht für alle Schüler und damit auch für Grundschüler - unabhängig vom Inzidenzwert vor Ort. Der vorher geltende "Stufenplan", der sich an den Inzidenzwerten orientierte, greift somit nicht mehr automatisch. Bayerns Schulen sollen von den Behörden vor Ort nur noch nach Infektionen in der Schule zum Teil oder ganz geschlossen werden. So hatte es Kultusminister Michael Piazolo vergangene Woche mitgeteilt. Hintergrund ist die aktuelle 8. Bayerische Infektionsschutzmaßnahmenverordnung vom 30. Oktober 2020. Ausnahmen durch die örtlichen Gesundheitsbehörden soll es nur noch im Einzelfall geben.
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Was den Präsenzunterricht erhalten soll, stößt nicht auf breite Zustimmung. Mehr noch, manche Eltern lehnen die Maskenpflicht für Grundschüler am Platz ab. "Sie sind aus unserer Sicht nicht zumutbar, vor allem, da damit erhebliche Einschränkungen bei der Interaktion zwischen Lehrern und Schülern verbunden sind", wie eine Sprecherin der Elterninitiative "Familien in der Krise" im Gespräch mit unserer Redaktion sagte. Durch diese Regelung hätten die Kinder gar keine Pausen mehr ohne Maske, da diese auch im Hort getragen werden müssten.
Hoffnung macht der Initiative der Alleingang von Münchens OB Dieter Reiter (SPD). Der kippte Ende Oktober die Maskenpflicht an Grundschulen und Förderschulen mit der Begründung, Grundschüler seien keine Infektionstreiber.
Niedrige Fallzahlen
Doch bei der Stadt Nürnberg beruft man sich auf die Weisung aus München und damit auch die für Mittelfranken einheitliche Vorgehensweise.
"Der Oberbürgermeister weiß, dass die Maskenpflicht den Grundschülern sehr viel abverlangt", so Pressesprecher Andreas Franke. "Aber weil in allen Schulen die Maskenpflicht gilt, und zwar auch in den Grundschulen, ist es bisher gelungen, die Fallzahlen in den Schulen möglichst niedrig zu halten." Das sei eine wichtige Voraussetzung für den Präsenzunterricht.
Eine "Frage der Verhältnismäßigkeit"
"An dem wollten alle Beteiligten möglichst festhalten", so Franke weiter. Derzeit sind nach Angaben der Stadt Nürnberg 14 Grundschul-Klassen im Stadtgebiet in Quarantäne (Stand Freitag, 6. November 2020). "Wir halten die Maskenpflicht am Platz für absolut nicht nachvollziehbar", sagt die Vertreterin der Elterninitiative, die betont, dass die Gruppe kein Gegner von Masken sei. Vielmehr gehe es um die "Frage der Verhältnismäßigkeit". Die Kinder seien am wenigsten gefährdet und müssten die Masken dennoch von früh bis spät tragen.
Stadt-Sprecher Andreas Franke differenziert jedoch: "In Horten gilt Maskenpflicht, allerdings gilt diese in der aktuellen Stufe 2 nur auf den Begegnungsflächen wie auf Fluren, Pausenhöfen der Schulen oder Zugangswegen. In den Betreuungsräumlichkeiten muss aktuell keine Maske von den Kindern getragen werden." Zudem gelte diese Regelung nur für reine Horte, Schulkinder in altersgemischten Kitas müssten keine Maske tragen, wie Franke betont.
Für die Elterninitiative ist aber nicht nur die geringe Zahl der Infektionen an Grundschulen ein wichtiger Punkt: "Die Maske im Unterricht verhindert aktuell auch nicht, dass die ganze Klasse in Quarantäne muss, wenn ein Krankheitsfall auftritt." Im Übrigen: Auch ein negatives Testergebnis beendet die bisher 14-tägige Quarantäne nicht. Kultusminister Piazolo zeigt sich aber inzwischen grundsätzlich offen für eine Anpassung der bisherigen Regelung.
Ohne Alternative
Beim bayerischen Lehrerinnen- und Lehrerverband (BLLV) nimmt man unterdessen die Maskenpflicht für Grundschüler im Unterricht in Kauf. Mehr noch: Für BLLV-Präsidentin Simone Fleischmann ist sie zur Zeit alternativlos, um den Präsenzunterricht zu erhalten. Wenn auch mit Bedenken. Denn Grundschüler seien auf die Mimik und die klare Aussprache besonders angewiesen. "Gerade in den 1. Klassen ist es entscheidend, dass die Schülerinnen und Schüler beim Lernen von Wörtern und Buchstaben den Lehrkräften auf den Mund sehen können", betont die BLLV-Präsidentin. "Meine Ideallösung wäre Unterricht in halber Klassenstärke. Aber dafür fehlen uns nicht nur in Bayern die Lehrer", so Simone Fleischmann.
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Bei der Elterninitiative "Familien in der Krise" blickt man unterdessen weiter auf die Landeshauptstadt. Man sei der Stadt München für den Vorstoß und die Sonderregelung, die Maskenpflicht für Grundschulkinder im Unterricht auszusetzen, dankbar. Doch diese Sonderregelung ist mit der Weisung des Gesundheitsministeriums hinfällig.
Auch beim Kultusministerium verwies ein Sprecher auf Anfrage der Redaktion auf die seit 30. Oktober veränderte Rechtslage. OB Reiter hat nicht vor, dies einfach hinzunehmen, eine Verlängerung der Ausnahmegenehmigung wurde beantragt.
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