Podcast mit Prof. Manfred Güllner
Meinungsforscher: "Die AfD nicht behandeln wie eine demokratische Partei"
6.7.2023, 17:43 UhrDer Chef des Forsa-Meinungsforschungsinstitut, Prof. Manfred Güllner, kommentiert die politischen Entwicklungen gerne pointiert. Die mit Zahlen aus seinen Umfragen hinterlegten Aussagen gefallen nicht jedem. Nicht zuletzt, weil er es an Deutlichkeit nicht fehlen lässt.
Kein Signal für die Republik
Beispielsweise bei der Frage nach dem Umgang mit der AfD, die im Landkreis Sonneberg in Thüringen erstmals einen Landrat stellen wird. "Es ist ein schwerer Fehler, wenn man die AfD behandelt wie eine demokratische Partei", sagt der Meinungsforscher im Podcast "Horch amol". Sonneberg sei keinesfalls ein Signal mit Wirkung für die ganze Republik. "Die große Mehrheit des Volks will mit der AfD nichts zu tun haben", konstatiert Güllner und kann dies auch mit Zahlen aus seinen Umfragen belegen.
Dabei bezieht der Forsa-Chef den hohen Prozentsatz der Nichtwähler in seine Überlegungen mit ein. "Die Nichtwähler fühlen sich nicht beachtet. Niemand kümmert sich um ihre Interessen", so seine Beobachtung. Und er liefert auch gleich eine Reihe von Begründungen hinterher, warum dem so ist. Die Grünen und die FDP betreiben nach seinen Worten "Klientelpolitik" und das sei ihnen auch nicht unbedingt vorzuwerfen. Wer einen guten Job hat, sich höhere Mieten leisten kann und einen gehobenen Lebensstandard pflegt, der kann sich viel eher mit den Zielen einer Partei wie den Grünen oder der FDP identifizieren als etwa ein Arbeitnehmer mit durchschnittlichem Monatslohn.
Minderheiten-Interessen im Vordergrund?
Mit Blick auf die Diskussionen über die Erhöhung des Mindestlohns oder eine geschlechtergerechte Sprache sagt Güllner, dass von der Politik übersehen werde, dass die Mehrheit der Arbeitnehmer über dem Mindestlohn bezahlt wird. Das Gendern in der Sprache werde von 80 Prozent der Bevölkerung abgelehnt und die intensive Beschäftigung mit dem Thema verstärke das Gefühl, dass die tatsächlichen Probleme ungelöst bleiben. "Viele dieser Menschen haben das Gefühl, dass nicht ihre Interessen, sondern die Interessen von Minderheiten im Vordergrund stehen", so der Meinungsforscher. Der Anstieg der Nichtwähler sei eine logische Folge davon.
Dass in der Ampel-Regierung zu viel "Klientelpolitik" gemacht wird und CDU und Linke lediglich "Frontalopposition" betreiben, verunsichere die Menschen. Diese erwarten Antworten auf die für sie drängenden Fragen. Auch hier sieht Güllner ein falsche Themensetzung bei den demokratischen Parteien, zu denen aus seiner Sicht die AfD keinesfalls zählt.
Die Befragungen des Forsa-Instituts zeigten sehr deutlich, dass der Krieg in der Ukraine und die künftige Energieversorgung mit weitem Vorsprung die Liste Themen anführt, die die Bundesbürger bewegen. Hier vermisst Güllner Antworten der Politiker, die bei den Bürgerinnen und Bürgern auch ankommen. "Menschen wollen die ´Volksparteien´ wählen, wenn sie sich um das ´Volk´ kümmern", äußert Güllner deutliche Kritik in Richtung SPD und CDU.
Finger in der Berliner Wunde
Ein pragmatisch-bürgernaher Politikstil plus eine klare Abgrenzung zur AfD habe sich schon in der Vergangenheit als erfolgreich erwiesen, so Manfred Güllner. Explizit nennt er die Wahlergebnisse von Reiner Haseloff (CDU) in Sachsen-Anhalt, Dietmar Woidke (SPD) in Brandenburg oder Daniel Günther (CDU) in Schleswig-Holstein. Mit Blick auf die bevorstehende Landtagswahl in Bayern sagt der Forsa-Chef, dass Markus Söder hier scheinbar einiges richtig macht, so dass ihm und seiner CSU derzeit ein Ergebnis von rund 40 Prozent der Stimmen vorhergesagt wird. Söder lege den Finger in die Berliner Wunde und prangere die zum Teil wenig bürgerfreundlichen Vorhaben von Grünen und FDP an. Gleichzeitig betone Söder, dass er die Belange der bayerischen Bevölkerung fest im Blick habe und gibt sich bürgernah. Dazu kommt ein Wahlkampf, wo Söder gar nicht erst versucht, sich dem rechten Rand als Alternative zur AfD anzubieten.
Deutlich kritischer sieht Manfred Güllner die Rolle von Hubert Aiwanger, der als stellvertretender Ministerpräsident und Spitzenkandidat der Freien Wähler immer wieder für Irritationen im bürgerlichen Lager sorgt. Hier stehe die "Brandmauer" nicht allzu fest. Der Meinungsforscher sagt: "Aiwanger muss aufpassen, dass er nicht überzieht und die Grenzen zur AfD verschwimmen."
Anmerkung der Redaktion: Der Artikel wurde am 10. Juli 2023 in Bezug auf die Aussage über das das Gendern der Sprache präzisiert. Das rund 80 Prozent der Bevölkerung das Gendern ablehnen, wie Prof. Manfred Güller in seinen Umfragen ermittelt hat, wurde ergänzt.
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