Neonazi-Fackelzug in Nürnberg: Massive Kritik am Polizeieinsatz

Andreas Franke

Leiter der Lokalredaktion

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28.2.2019, 17:47 Uhr
Mitglieder von "Wodans Erben", einer rechten Gruppierung, posierten am Samstag mit Fackeln auf der Steintribüne.

© Michael Fischer Mitglieder von "Wodans Erben", einer rechten Gruppierung, posierten am Samstag mit Fackeln auf der Steintribüne.

Die Neonazis, so seine Kritik an dem Polizeieinsatz, hätten an dem Abend weiter im Blick behalten werden müssen. Da die Beteiligten der Polizei bekannt sein müssten, sollten sie zur Verantwortung gezogen werden. "Es geht nicht darum, einzelne Polizisten an den Pranger zu stellen, sondern solche Aufmärsche künftig zu verhindern. Dies war schließlich nicht der erste Vorfall dieser Art in Nürnberg", mahnte Schuster.

Auch Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) übte im Bayerischen Rundfunk Kritik. Für ihn war der Polizeieinsatz "nicht glücklich". Für die Zukunft fordert er genügend Einsatzkräfte und klare Strategien. 

Lokale und überregionale Neonazis der NPD und der Gruppe "Wodans Erben Germanien" waren zunächst am vergangenen Samstag vor einem Flüchtlingsheim nahe des Reichsparteitagsgeländes aufgezogen. Dort stellte die Polizei ihre Personalien fest und sprach vor Ort ein Platzverbot um die Unterkunft aus, wie sie in einer Stellungnahme erklärte.

Später dann zogen die Nazis mit Fackeln auf die Steintribüne, von der einst Hitler seine Reden hielt. Erst auf Nachfrage der Nürnberger Nachrichten räumte die Polizei dann einen Tag später ein, was nicht in der Erklärung stand: Der Fackelaufzug fand unter den Augen von Zivilbeamten statt. Wie sich nun zusätzlich durch eine Anfrage des Münchener SPD-Landtagsabgeordneten Florian Ritter an die bayerische Staatsregierung herausstellt, war die 18-köpfige Gruppe Neonazis bereits mit den nicht entzündeten Fackeln vor der Asylbewerberunterkunft aufgetaucht.

"Wie das Ministerium schreibt, wurden die Fackeln nicht eingezogen. Die Gruppe dann mit Fackeln früh am Abend einfach abziehen zu lassen, ohne die nötigen Kräfte für ein erneutes Einschreiten vorzuhalten, ist grob fahrlässig", kritisiert Ritter. Auf diese Weise entstünde der Eindruck, dass die Einsatzleitungen Aufmärsche von Neonazis auf die leichte Schulter nähmen, statt durchzugreifen. Die Verantwortlichen verspielten Vertrauen durch erneute Untätigkeit.

Ritter: "Wieder konnten ausgerechnet in Nürnberg Neonazis ungestört unter den Augen der Ordnungshüter ihre Ideologie abfeiern, wie schon bei der Demonstration für verurteilte Holocaustleugner im letzten Jahr." Die Demonstration war damals trotz einiger Straftaten nicht abgebrochen worden. "Im Gegenzug dazu haben wir alle noch die Bilder vor Augen, welche Mittel die Polizei Mittelfranken im letzten Jahr aufgewandt hat, um eine letztlich durchs Gericht gestoppte Abschiebung aus einer Berufsschule heraus durchzusetzen."

Bündnis Nazistopp kritisiert Stadt Nürnberg

Er beklagt auch, dass der Hinweis auf die Zivilbeamten in der Stellungnahme der Staatsregierung fehle. Für ihn bleibe der fade Beigeschmack, dass es am Aufklärungswillen von Seiten der Staatsregierung fehlt. Ritter behält sich deshalb ausdrücklich weitere Nachfragen vor. Auch die Frage, ob den Sicherheitsbehörden, etwa dem Verfassungsschutz, der Aufmarsch im Vorfeld bekannt war, sei nicht beantwortet worden. Die SPD-Stadtratsfraktion regt an, solche Neonazi-Auftritte auf der Zeppelintribüne künftig mit Stadtrecht zu bekämpfen.

Das Nürnberger Bündnis Nazistopp wirft Stadt Nürnberg und Polizei vor, Auftritte der Rechten in der Frankenmetropole jahrelang bagatellisiert zu heben. Das gipfelt in dem Vorwurf: "In Nürnberg werden Nazis Rosen auf den Weg gestreut."