Budenzauber auf der Kippe
Schausteller-Chef empört über Absagen: "Der Christkindlesmarkt ist kein Saufgelage"
13.11.2021, 20:02 UhrDie Weihnachtsmärkte finden statt, das war im Herbst lange Zeit der Tenor der Politik. Doch langsam mischen sich Zweifel in diese Gewissheit. Der Landkreis Fürth, der Landkreis Roth, Hersbruck und mehrere Orte im Landkreis Neumarkt - sie alle haben ihre Weihnachtsmärkte bereits abgesagt. Zwar betrifft das meist kleine Märkte, die oft von Ehrenamtlichen gestemmt werden. Doch unter den Schaustellern macht sich Unruhe breit.
"Wenn ich ehrlich bin, sind wir mit den Nerven ziemlich am Ende", sagt Lorenz Kalb, Vorsitzender des Süddeutschen Schaustellerverbandes. Die meisten seiner Kollegen hätten seit 2019 keine vernünftigen Einnahmen mehr. Daran haben auch die Nürnberger Sommertage und das Nürnbärland nicht viel geändert.
"Es war sehr unterschiedlich", sagt Kalb, an manchen Plätzen habe das Geschäft gar nicht funktioniert. Beim Nürnbärland sei die Gastronomie der Verlierer gewesen, dazu kam ein verregneter Sommer. Nur die Fahrgeschäfte konnten guten Umsatz machen. Insgesamt war es "ein Tropfen auf den heißen Stein", so Kalb.
"Keiner redet von überfüllten Bussen oder Fußballstadien"
Die Weihnachtsmärkte waren daher ein Lichtblick. Die großen Budenstraßen in Nürnberg, Erlangen oder Fürth sind weiterhin geplant, wenn auch in abgespeckter Version. Und die Vorbereitungen laufen auf Hochtouren. Einkäufe, Personal, Hygieneschulungen, alles ist gemacht, die Kinderweihnacht auf dem Nürnberger Hans-Sachs-Platz bereits aufgebaut. Und auf einmal sind die Weihnachtsmärkte wieder Thema.
"Was uns wirklich irritiert, ist, warum man ausgerechnet uns, die sowieso schon gebeutelt sind, wieder hernimmt", empört sich der Nürnberger am Telefon. "Keiner redet von überfüllten Bussen oder Fußballstadien, die Consumenta hat stattgefunden", sagt er. Die Aufregung ist ihm deutlich anzuhören.
Bei vielen Schaustellern liegen die Nerven blank
Kalb ist sich zwar sicher, dass der Christkindlesmarkt stattfindet, die Planungen und Signale der Stadtspitze seien eindeutig. Doch bei vielen Schaustellern liegen die Nerven blank. Eine weitere Absage verkraften sie nicht, weder emotional noch finanziell. Viele haben bereits Großeinkäufe bei den Lieferanten hinter sich. "Die haben viele unter Druck gesetzt", weiß Kalb. Nach dem Motto: Entweder ihr kauft jetzt - oder es gibt nichts mehr. Die Angst, am Ende auf einem Haufen Ware sitzen zu bleiben, bereitet einigen schlaflose Nächte. Manche rufen in Tränen aufgelöst bei dem Nürnberger an.
Doch der kann auch nicht viel machen, nur beschwichtigen. "Der Christkindlesmarkt ist kein Saufgelage" sagt er, "hier geht es nicht zu wie in Ischgl". Der beliebte Skiort hatte im Frühjahr 2020 zweifelhafte Berühmtheit erlangt, nachdem sich dort zahlreiche Gäste aus verschiedensten Ländern mit dem Coronavirus infiziert und den Erreger über den ganzen Kontinent getragen hatten.
Das soll in Nürnberg nicht passieren. "Es findet alles an der frischen Luft statt, wir haben viel weniger Buden, nur fünf Reihen statt acht, der Fokus liegt auf dem Kunstgewerbe", zählt Kalb auf. Nicht auf Glühwein. Den gebe es nur an sieben Ständen, und die seien dieses Jahr über die halbe Innenstadt verteilt. Auch Touristenmassen, die normalerweise in ganzen Busladungen zum Hauptmarkt gekarrt werden, werde es nicht geben. "Es werden Weihnachtsmärkte für die Region", sagt Kalb - und hofft, dass es auch so kommt.