Trauer um Bruno Schnell: Ein Verleger mit Haltung
3.2.2018, 12:30 UhrBis zuletzt hatten die Verantwortlichen im Rathaus gezittert: Kommt er oder kommt er nicht? Normalerweise keine Frage bei der Verleihung der Ehrenbürgerwürde. Doch Bruno Schnell hat die Öffentlichkeit stets gescheut. Auch die höchste Auszeichnung, die eine Kommune wie Nürnberg vergeben kann, machte da keine Ausnahme.
Immerhin: Zur Entgegennahme der Ehrenbürgerwürde im Oktober 2014 kam Bruno Schnell in den Historischen Rathaussaal. Dass er dort eine Lobeshymne aus dem Munde des Oberbürgermeisters über sich ergehen lassen musste, war ihm gar nicht recht. "Es langt", lautet sein Kommentar nach der Laudatio. Ein typischer Satz. Denn Bruno Schnell drängte sich nicht nach öffentlicher Würdigung, sie war ihm schlicht unangenehm. Andere Zeitgenossen, die ebendiese Aufmerksamkeit um jeden Preis suchten, waren ihm nicht zuletzt deshalb stets etwas suspekt.
Sein Gang ins Rathaus war sein letzter großer Auftritt außerhalb seines Verlags. OB Ulrich Maly würdigte damals einen "in jeder Beziehung ungewöhnlichen Mann, eine außergewöhnliche Persönlichkeit". Warum? Weil Bruno Schnell eine äußerst selten gewordene, fast komplett aus dem Wirtschaftsleben verschwundene Kombination von zwei Eigenschaften in sich vereinigte: Er war ein erfolgreicher Unternehmer und er war sich Zeit seines Lebens der sozialen Verantwortung für seine Mitarbeiter bewusst. Ein Mann mit "Haltung eben", wie Stadtoberhaupt Maly treffend feststellte.
Genau diese Haltung war es, die jedem, der sich mit Bruno Schnell persönlich austauschen konnte, im Gedächtnis haften blieb: Dieser Mann stand für Werte, die sein Handeln bestimmt haben. Ich habe kein Gespräch mit ihm geführt, in dessen Verlauf er nicht bekräftigt hätte, niemanden betriebsbedingt entlassen zu wollen.
Diese Aussage wiederholte er Jahr für Jahr vor seinen Mitarbeitern. Immer dann, wenn er auf der Kaiserburg in festlichem Rahmen seine Firmenjubilare für langjährige Betriebszugehörigkeit auszeichnete. Dazu kam ein meist heftiger Angriff auf diejenigen Kapitalisten, die sich ihrer sozialen Verantwortung nicht bewusst waren. In den letzten Jahren hatte Bruno Schnell viel zu schimpfen.
Sein Bekenntnis, auch in schwierigen Zeiten sinkender Auflagen und Anzeigenerlöse, zuerst den Mitarbeiter im Blick zu haben, war bemerkenswert. Noch bemerkenswerter ist die Tatsache, dass Bruno Schnell sein Ziel erreicht hat. Dies war nicht zuletzt seiner Entschlossenheit zu verdanken.
Erste Liga deutscher Regionalzeitungen
Hatte er einen Plan im Kopf, dann ließ er sich nur schwer davon abbringen. Schon in den 60er Jahren zählte diese Durchsetzungskraft zu seinen großen Stärken. Damals hatte er in dem Unternehmen, in das er bereits 1947 als Direktionsassistent eingetreten war, längst auf sich aufmerksam gemacht. Als alleinvertretungsberechtigter Geschäftsführer führte er die Nürnberger Nachrichten in die erste Liga deutscher Regionalzeitungen.
Wie? Indem er ein ums andere Mal Kooperationen mit den kleineren Heimatzeitungsverlagen in Mittelfranken schloss. Diese Partnerschaft sah vor, dass die NN den Mantelteil und die Verleger vor Ort den Heimatteil erstellen, beide unabhängig voneinander. Dieses "Nürnberger Modell" ging in die Pressegeschichte der Bundesrepublik ein. Noch heute setzt sich diese Zusammenarbeit fort.
Später kam die Nürnberger Zeitung zur Unternehmensgruppe, zu der auch der kicker gehört. Und ein Fachmagazin namens Alpin. Letzteres ist kein Zufall, sondern einer Leidenschaft Bruno Schnells zu verdanken. Als junger Mann war er ein begnadeter Bergsteiger, oft unterwegs auf den schwierigen Routen der Fränkischen Schweiz, aber auch im Alpenraum.