Martin Kastler berichtete von seinem Besuch im Libanon

19.11.2014, 09:18 Uhr
Martin Kastler berichtete von seinem Besuch im Libanon

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Der ehemalige CSU-Europaabgeordnete Martin Kastler ist Bundesvorsitzender der christlichen „Ackermann-Gemeinde“ (CSA) und europapolitischer Sprecher im Zentralkomitee der deutschen Katholiken (ZdK). Für das Tagblatt schildert er seine Eindrücke aus der Krisenregion.

Was bleibt in Erinnerung, wenn man als katholischer Christ aus dem Libanon heimkommt? Der Blick von Notre-Dame du Libanon in Harissa aufs Mittelmeer und das geteilte Land. Die große christliche Pilgerstätte des Libanons, in Jounieh, nördlich von Beirut. Die über 15 Tonnen schwere weiß gefärbte Bronzestatue der Mutter Gottes sollte das letzte Reiseziel Papst Benedikts XVI. vor seinem Rücktritt sein.

Nicht zu vergessen die Liturgie im antiochischen Ritus mit dem maronitischen Patriarchen Kardinal Bechara Boutros Rai. Er war es, der eine internationale Gruppe von katholischen Politikern in den Zedernstaat einlud, organisiert vom ICLN (International Catholic Legislator Network) unter Führung von Christoph Kardinal Schönborn aus Wien.

Zeichen der Solidarität

Es war einerseits ein Solidaritätsbesuch für das vom Bürgerkrieg in Syrien stark mitgenommene Land und andererseits eine internationale Konferenz zur Zukunft und Rolle der Christen im Orient.

In einem Land von 5,5 Millionen Einwohnern leben zur Zeit zusätzlich 1,8 Millionen Flüchtlinge, vor allem aus dem Irak und Syrien. Würden wir es auf Deutschland umrechnen, was wäre hier los, wenn wir etwa 30 Millionen Flüchtlinge aus unserer Nachbarschaft zu versorgen hätten?

Die Fakten in Deutschland: mit 4929 von 18 415 Asyl-Erstanträgen war Syrien Hauptherkunftsland im vergangenen Monat, gefolgt von Serbien und Eritrea. Insgesamt wurden im Jahr 2014 bislang 135 634 Asylerstanträge im Bundesamt für Migration und Flüchtlinge in Nürnberg gezählt. Mit allen sogenannten Folgeasylanträgen finden sich in Deutschland derzeit 158 080 offizielle Asylanträge in der Statistik. Dies stellt gegenüber dem Jahr 2013 zwar eine Steigerung von über 60 Prozent dar.

Doch ist das kein Vergleich mit der Flüchtlingsdramatik im Libanon, der sich bis heute noch nicht vom Bürgerkrieg erholt hat, der im Jahre 1989 mit dem Abkommen von Taif ein Ende fand.

Die Parlamentarische Demokratie im Einkammernsystem und die Diversität der Religionen ist zwar in der Verfassung festgeschrieben – doch steht sie unter keinem guten Stern derzeit: Seit Mai 2014 hat der Libanon keinen Präsidenten mehr. Dieser muss ein maronitischer Christ sein, doch die christlichen Politiker streiten, statt sich zu einigen wie der ehemalige Innenminister und Christ, Zyiad Baroud, bedauerte. Üblicherweise müssen die vier höchsten Staatsämter mit Mitgliedern bestimmter religiöser Gruppen besetzt sein, das Staatsoberhaupt maronitischer Christ, der Parlamentspräsident schiitischer Muslim, der Regierungschef sunnitischer Muslim und der Oberbefehlshaber der Armee ein Christ.

Innenpolitische wie außenpolitische Spannungen, allen voran mit Israel, sind bis heute leider spürbar und behindern eine stabile und nachhaltige Wirtschaftsentwicklung des Libanon. In dieser Situation sind die großen Leistungen der Christen und der Kirche im Bereich der Flüchtlingshilfe, der Friedens- und Sozialarbeit unerlässlich.

Hochachtung

Dieser Eindruck ist es, dass wir die Kirche und die Christen im Libanon nicht vergessen dürfen. Sie in dieser schwierigen Zeit zu unterstützen, das ist nicht nur wichtig, es ist das Gebot der Stunde. Es bleibt die Herzlichkeit und Gastfreundschaft der Menschen im Gedächtnis, aber leider auch traurige Kinderaugen. Nie vergessen werde ich sie, Kinder, die nicht lachen oder nicht mehr lachen können. Kinder von geflüchteten Christen aus Mossul, die im Libanon Zuflucht fanden.

Daher bleibt mir vor allem die Hochachtung vor der Hilfsbereitschaft im Libanon in Erinnerung – deren Menschlichkeit ohne Ansehen der eigenen Schwierigkeiten und Herausforderungen, ohne Ansehen von Konfession und Herkunft. Menschlichkeit als Prinzip Hoffnung.

 

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