Treuchtlinger Bürgerliste: Selbstbewusst und "grün"

Patrick Shaw

Redaktion Treuchtlinger Kurier

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20.2.2020, 05:57 Uhr
Treuchtlinger Bürgerliste: Selbstbewusst und

© Archivfoto: Manfred Klier

Als "Partei der Ortsteile" und "kleiner Partner der CSU" haben Wähler und auch die Mitglieder selbst lange Zeit die Treuchtlinger Bürgerliste (TBL) gesehen. Doch das ändert sich gerade spürbar: Die Kernstadt und ihre Themen, die ohnehin stets auf die Dörfer ausstrahlen, kommen mit immerhin sechs Stadtratskandidaten stärker zur Geltung; die politische Richtung bleibt zwar moderat konservativ, aber mit einem deutlich "grünen Einschlag"; und die Verbindung zur CSU wird lockerer – wenngleich mit klarer Positionierung für einen Wechsel im Rathaus und damit für CSU-Bürgermeisterkandidatin Kristina Becker.

Dass die TBL nach wie vor großes Gewicht in den Treuchtlinger Ortsteilen hat, räumen Spitzenkandidat Hans König und seine Mitstreiter Wolfgang Ritter, Anton Schmidbaur, Andreas Oswald und Christa Schulz (Listenplätze 3, 5, 7 und 12) im Pressegespräch durchaus selbstbewusst ein. Fünf Ortssprecher stellt die Wählergruppe, die sich mit ihren nur 28 durchweg parteilosen Mitgliedern eher als "Interessengemeinschaft" sieht. Die Themen der TBL sind aber zunehmend "größerer" Natur: Schuldenabbau, Barrierefreiheit, Familienfreundlichkeit, Mobilität, Regionalität, Konzepte für Stadtentwicklung, Tourismus und Verkehr sowie insbesondere Zukunftslösungen für nachhaltige Energieerzeugung, Umwelt- und Klimaschutz.

"Das Tolle an der TBL ist, dass sie für alle Ideen offen ist", meint Andreas Oswald, mit 24 Jahren jüngster Listenkandidat und als Student der Klima- und Umweltwissenschaften Teil der "geballten Kompetenz", die die TBL auf diesem Gebiet in ihren Reihen versammelt sieht. Der Einsatz für eine "enkeltaugliche Welt" sei gerade für Jungwähler wichtig, von denen sich Oswald deshalb bei der Kommunalwahl auch reichlich Einzelstimmen für die jungen Kandidaten der TBL und nicht nur für die ganze Liste erhofft.

Das könnte der Wählergruppe dann statt derzeit zwei vielleicht drei oder vier Mandate bescheren, mit denen man laut Schmidbaur "ganz anders agieren könnte". Dabei schielen er und König auf die aktuelle Rolle der UFW, die laut dem Spitzenkandidaten angesichts der fehlenden Mehrheit der SPD im Stadtrat "zwölf Jahre lang die Riesenchance als Zünglein an der Waage hatten, ihre Gestaltungsmacht aber nicht genutzt haben". Eine starke TBL werde das tun, und zwar – ebenfalls Zeichen des neuen Selbstbewusstseins – trotz der Unterstützung für Kristina Becker nötigenfalls auch gegen die CSU.

Umwelt und Energie

Angesichts der geografischen Lage Treuchtlingens sieht die Bürgerliste in der Stadt "großes Potenzial" für eine regionale, dezentrale und klimafreundliche Energieversorgung. An erster Stelle stehen für die TBL dabei die Auslastung des Hackschnitzelheizwerks in der Hahnenkammstraße sowie neue Nahwärmenetze. Weitere Elemente sind der Ausbau von Solarenergie und Windkraft.

Christa Schulz kritisiert hier vor allem, dass die Stadt den seit drei Jahren vorliegenden Energienutzungsplan zu wenig berücksichtige und die Ergebnisse der seit Sommer 2019 vorliegenden Studie zur Umsetzungsbegleitung sogar bislang unter Verschluss halte. Gerade bei der "Energiewende" sei die Bürgerbeteiligung entscheidend, um die Akzeptanz von Investitionen, aber auch von Veränderungen und Einschnitten zu erhöhen.

In Sachen Umweltschutz will sich die TBL darüber hinaus für weniger Flächenverbrauch, die Aufwertung von Ausgleichsflächen und Biotopen, die Förderung des Bauens mit Holz sowie den schonenden Umgang mit natürlichen Ressourcen einsetzen. Generell ist in diesem Bereich deutlich der Einfluss der neuen TBL-Kandidaten spürbar, die im vergangenen Jahr rund um die Bürgerinitiative "Stop zum Raubbau am Tiefengrundwasser" aktiv waren.

Verkehr

Im Verkehrsbereich sieht die TBL "großen Handlungsbedarf". Die Kandidaten fordern eine "kostenneutrale Umfahrung" für Treuchtlingen, eine Verkehrsberuhigung der Stadtmitte, eine bessere Anbindung der Dörfer an den öffentlichen Nahverkehr mit Rufbussen oder Sammeltaxis sowie den Ausbau des Radwegenetzes. Über Varianten für die Umgehung oder die Parkplatzfrage am Bahnhof möchten sie aber erst im Detail (und mit Bürgerbeteiligung) diskutieren, wenn es ein übergreifendes Konzept gibt. "Wir müssen das gesamthaft sehen", so Wolfgang Ritter.

"Der Individualverkehr wird weniger werden müssen, die Anbindung der Ortsteile muss aber garantiert bleiben", sind sich auch Andreas Oswald und Anton Schmidbaur einig. Damit die Bürger da mitziehen, müsse man aber "Angebote machen, bevor man etwas anderes einschränken kann", so Christa Schulz.

Handel und Gewerbe

Um Arbeitsplätze vor Ort zu erhalten, möchte die TBL mit Flächen für Neuansiedlungen, besserer Infrastruktur und Unterstützung bei der Nachfolgersuche "dem Handwerkersterben entgegenwirken". Für die Stadtentwicklung hält die Wählergruppe ein Leerstandsmanagement sowie – ebenso wie ihre Mitbewerber – "die mittelfristige Auslagerung der Firma Altmühltaler an die Heusteige" für unabdingbar. Wichtig sind den Kandidaten zudem der Ausbau der Breitbandversorgung und das Schaffen neuer Einkaufsmöglichkeiten. Für letzteres hat die TBL eine konkrete Idee: "Wir könnten uns eine Markthalle für regionale, unverpackte Produkte vorstellen", so Hans König. Diese könnte zum Beispiel im bald frei werdenden alten Feuerwehrhaus entstehen und "nicht in Konkurrenz, sondern als Ergänzung zum Wochenmarkt das Angebot bündeln, für das sich ein einzelner Laden nicht rentiert". Wenn die Stadt die Räume bereitstelle, rechne er mit großem Interesse seitens der Landwirte und Gastronomen.

Familie, Bildung und Soziales

"Kleine Schritte, große Wirkung" lautet das Motto in diesem Bereich – ablesbar etwa an der von der TBL angeregten Lösung für die Rollstuhlrampe am Treuchtlinger Bürgerhaus. Gerade für die Barrierefreiheit könne man schon mit kleinen, günstigen Veränderungen viel erreichen. Großen Wert legt die Wählergruppe in ihrem Programm zudem auf ein dichtes Kinderbetreuungsnetz und mehr öffentliche Mobilität für die Ortsteile, den Erhalt der gymnasialen Oberstufe an der Senefelder-Schule, die Gründung einer Landkreis-Volkshochschule sowie mehr Jugendarbeit samt Einbindung der Treuchtlinger Hochschule als "Ideenwerkstatt".

Therme und Tourismus

"Wir sind pro Altmühltherme und Entwicklung zur Gesundheitsstadt, aber Treuchtlingen muss auch lebenswert für die eigenen Bürger sein", fasst Hans König die Position der TBL in dieser Frage zusammen.

Finanzen

Angesichts einer Steigerung der Treuchtlinger Gesamtverschuldung (inklusive Stadtwerke) von rund 20 auf 72 Millionen Euro in den vergangenen zwölf Jahren plädiert Anton Schmidbauer im Namen der TBL unmissverständlich für einen Sparkurs. Dabei sind er und Hans König aber weniger strikt als es in den vergangenen Jahren oft erschien.

"Sparen heißt für uns nicht, kein Geld mehr auszugeben, sondern es überlegt und sorgsam zu tun und vor allem wieder mehr im Stadtrat darüber zu diskutieren", betont König. Beispiele, bei denen dies zuletzt nicht oder zu wenig geschehen sei, seien unter anderem der große Saunabereich für die Altmühltherme, die neue Mehrzweckhalle der Senefelder-Schule und die Erweiterung des Reisemobilstellplatzes.

Zwar sei auch der Gedanke der SPD nachvollziehbar, dass man mit Investitionen die Infrastruktur für die Zukunft schaffe, so König. Die Kehrseite der Medaille sei jedoch, dass der Handlungsspielraum der Kommune schrumpfe (etwa für den Klimaschutz) und die Stadt am Ende gezwungen sei, höhere Gebühren für Energie, Abwasser und andere Bereiche der Daseinsvorsorge zu erheben – was wiederum die Bürger treffe.

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