"Ohne finanzielle Hilfe wird es nicht gehen"
Verschärfte Regeln: Das halten Kinos, Restaurants und Clubs von den neuen Maßnahmen
16.11.2021, 08:53 UhrDie Lage ist unübersichtlich. Alle paar Tage bekommt Herbert Wahler eine Mail von Metzgerinnung und Dehoga, dem bayerischen Hotel- und Gaststättenverband. Darin enthalten: Leitfäden, Sonderregelungen, Neuigkeiten zu den Corona-Maßnahmen. Die Schlagzahl ist hoch, die Informationen teilweise widersprüchlich, und dann sind da seit neuestem auch noch die Absagen.
Ungeimpfte müssen draußen bleiben
"Wir waren bis Weihnachten ausgebucht", erzählt Wahler, der einen Partyservice in Nürnberg betreibt. Dann sprang die Corona-Ampel in Bayern zuerst auf Gelb, wenig später auf Rot. Für Veranstaltungen, Kultur- und Sportangebote bedeutete das 2G, also kein Zutritt für Ungeimpfte. Ab Dienstag (16. November) soll das auch für Hotels und Gastronomie gelten. In Cafés, Restaurants und Bars dürfen dann nur noch Geimpfte und Genesene - genauso wie auf die zahlreichen Weihnachtsfeiern in Gaststätten oder Veranstaltungsräumen, die in den kommenden Wochen geplant waren.
Für Betriebe wie die von Wahler ist das ein Tiefschlag. "So wie es momentan ausschaut, können wir nicht mal Kurzarbeit anmelden", sagt er. Zwar sei der Partyservice relativ gut über den Sommer gekommen, die wegfallenden Einnahmen der abgesagten Feiern werden aber trotzdem schmerzlich fehlen.
"Ohne finanzielle Hilfen wird es nicht gehen", sagt Dehoga-Landesgeschäftsführer Thomas Geppert. Die Vorweihnachtszeit sei traditionell eine starke Zeit, nun haben viele Betriebe mit Umsatzeinbußen zu kämpfen, auch wegen abgesagter Buchungen. Die Verschärfungen auf 2G seien zwar abzusehen gewesen. Aber es tue einem schon "in der Seele weh", wenn man Menschen ausschließen müsse.
Der große Ansturm ist vorbei
Fares al-Sueid spürt die Auswirkungen vor allem in der Kasse. Und das, obwohl sein Friseursalon in der Inneren Laufer Gasse nicht unter 2G fällt. Für Friseure und andere "körpernahe Dienstleistungen" gilt 3Gplus - die Verklausulierung für geimpft, genesen oder mit negativem PCR-Test. Ein solcher Abstrich kostet in vielen Zentren allerdings mindestens 50, schnell auch mehr als 100 Euro - und damit mehr als der Friseurbesuch selbst. "Es ist allgemein während Corona weniger los", beschreibt al-Sueid die Lage. Nach dem Ansturm im Frühjahr, kurz nach der Wiedereröffnung, kommen sogar einige Stammkunden selten oder gar nicht mehr. Mit dem aktuellem Umsatz sei es schwer, überhaupt die Fixkosten zu decken.
Die Brisanz der Lage kennt auch die bayerische Landesinnung der Friseure. "Von Normalität ist das Friseurhandwerk noch weit entfernt", sagt Landesinnungsmeister Christian Kaiser. Rückläufige Nachfrage, reduzierte Kapazitäten und höhere Kosten führen zu Umsatzrückgang, einige Betriebe fielen zudem durch das staatliche Raster für Hilfsprogramme und gingen leer aus. Dazu kommen neue Verordnungen, die quasi über Nacht in Kraft treten, Vorgaben, die sich ständig ändern oder als nicht umsetzbar herausstellen. Und ein wachsender Schwarzarbeitssektor, der den legal arbeitenden Salons zusätzlich die Kunden wegnehme. "Die Belastung ist enorm."
Wie sich die neuen Einschränkungen auf Kinos, Clubs oder Theater auswirken, lässt sich nur schwer abschätzen. "Die Sorge ist etwas größer als bei 3Gplus", sagt David Hlavacek. Für seinen Club, das "Schimanski", gilt ab dieser Woche 2Gplus. Ungeimpfte müssen ganz draußen bleiben, Geimpfte und Genesene brauchen zusätzlich einen Schnelltest, um reinzukommen. Zwar lag der Anteil der Ungeimpften in den vergangenen Wochen nur bei maximal fünf Prozent - durch die Testpflicht ist die Hürde für den Clubbesuch nun aber noch einmal höher geworden. Immerhin sind in Bayern inzwischen wieder kostenlose Bürgertests erhältlich, wenn auch nur einmal pro Woche.
"Dann kommt gar keine Stimmung mehr auf"
Die Alternative ist 2G, dann aber mit FFP2-Maskenpflicht im gesamten Club. "Ich glaube, da kommt dann aber gar keine Stimmung mehr auf", sagt Hlavacek, der diese Option für sich ausschließt; allein schon, weil die Kontrolle hunderter Feiernder über einen ganzen Abend hinweg gar nicht zu stemmen sei.
Die Kontrolle ist im Kinokomplex Cinecittà nicht das Problem. "Wir haben uns ganz gut arrangiert", sagt Chef Wolfram Weber. Doch auch er rechnet mit Einbußen von bis zu 30 Prozent durch die neuen Maßnahmen. Da hilft auch der neueste James-Bond-Streifen nicht weiter. "Keine Zeit zu sterben" hat dem Weber-Imperium im Oktober zwar annähernd Umsätze wie in den Vorjahren beschert. Die reichen aber nicht aus, um die vorherigen Einbußen auszugleichen.
Trotz allem: 2G ist besser als Schließung, sind sich die Unternehmer einig. Auch wenn die neuen Regeln gewöhnungsbedürftig sind. Zwölf- bis Siebzehnjährige kommen in den nächsten Wochen etwa kaum in den Genuss eines Kinobesuchs, obwohl sie zu den größten Besuchergruppen zählen. Die wenigsten von ihnen sind geimpft. "Sehr ärgerlich", konstatiert Weber. Er habe schon an Ministerpräsident Söder appelliert, das zu überdenken. Eine Antwort steht noch aus.
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