"Brauchen Platz zum Leben"

Ufer für Gänse reserviert! Neue Schilder am Altmühlsee

9.7.2021, 05:59 Uhr
Ufer für Gänse reserviert! Diese Schild steht im Bereich der Vogelinsel bei Muhr am See.

© Isabel-Marie Köppel, NN Ufer für Gänse reserviert! Diese Schild steht im Bereich der Vogelinsel bei Muhr am See.

Wenn Sie in letzter Zeit am Altmühlsee unterwegs waren, sind Ihnen vielleicht auf Höhe Streudorf und im Bereich der Vogelinsel neue Schilder aufgefallen "Gänsebereich. Vorfahrt für Gänse. Ufer für Gänse reserviert!" ist dort zu lesen. Was nach einem Schutzbereich für die Vögel klingt, die man eigentlich los haben will und ordentlich für Probleme sorgen, ist tatsächlich der Versuch, ihnen beruhigte Zonen zu verschaffen.


Gänseproblem am Altmühlsee spitzt sich zu


Aber nicht, weil sie besonders schützenswert sind - weder Grau-, Kanada- noch Nilgans sind gefährdet -, sondern um sie von den Stränden wegzuhalten auf sogenannten Ablenkungsflächen, erklärt Dr. Christian Wagner von der Bayerische Landesanstalt für Landwirtschaft (LfL). Er ist der Koordinator der Steuerungsgruppe Management von Wildgänsen, in der auch der Zweckverband Altmühlsee (ZVA), das Wasserwirtschaftsamt (WWA), der LBV und umliegende Gemeinden vertreten sind.

"Brauchen Platz zum Leben"

Wagner bestätigt, dass die Gänsepopulation weiter zunimmt und dies ein Problem für Tourismus und Landwirtschaft darstellt. Das Vergrämen nennt er als eine Möglichkeit, dem Problem beizukommen. Doch die verscheuchten Gänse müssen irgendwohin ausweichen können. "Sie brauchen einen Platz zum Leben, auch wenn sie nicht gewollt sind", gibt der Fachmann zu bedenken.

Dafür sind die Ablenkungsflächen vor allem im Norden und Nord-Westen des Altmühlsees, wo jetzt die Schilder sind, gedacht. Dort gibt es Flächen, die dem WWA gehören und dafür genutzt werden können. Wagner bezeichnet es als "günstige Situation", da man an anderen Seen selten Flächen in öffentlicher Hand habe, die zudem geeignet sind.

Diese Einschätzung müsse man auch vor dem Hintergrund betrachten, dass "wir seit Jahren zusammensitzen, Stunden haben wir damit zugebracht", betonte Fitz. Zum Management von Wildgänsen gibt es extra eine Steuerungsgruppe, in die die Landesanstalt für Landwirtschaft involviert ist. "Da sitzen ganz viele Akteure am Tisch", sagte Fitz und zählte unter anderem die Regierung von Mittelfranken, den ZVA und das Wasserwirtschaftsamt auf. In der Jagd sieht er "einen ganz wichtigen Baustein" und ein "effektives Mittel".

Mit den Schildern soll für Verständnis geworben werden, gerade bei Anglern und Hundebesitzern. In diesen Bereichen dürfen sie nicht fischen, und die Vierbeiner müssen an die Leine. Die Wildgänse sollen sich sozusagen wohl fühlen, damit sie in diesen Bereichen bleiben und nicht die Badestrände aufsuchen.

Schilder sollen sensibilisieren

Zudem möchte das LfL mit den Schildern auch auf das erhöhte Gänseaufkommen in diesen Zonen aufmerksam machen, die Menschen sensibilisieren. Denn die Tiere queren den Fuß- und Radweg, um von den Wiesen ins Wasser zu kommen. Die Schilder hat laut Wagner das LfL bezahlt und sind bisher die ersten ihrer Art.


Blaualgen und Gänse bleiben am Altmühlsee Dauerbrenner


Auf kurz geschorenen Wiesen halten sich die Gänse am liebsten auf, erläutert der Experte. Dort finden sie frisches und nährstoffreiches Gras, das sie bevorzugen - zum Ärger der Landwirte. Denn der Kot ist gefährlich für Kühe, zwar nicht so sehr wie der der Hunde, aber dennoch kann es zu Ausfällen kommen, erklärt Wagner.

Die letzte Schätzung, wie viel Schaden für die Bauern durch die Gänse entsteht, liegt zehn Jahre zurück. Damals wurde er auf 55.000 Euro beziffert. "Wir gehen davon aus, dass diese Zahl gestiegen ist", sagt Wagner. Um sich einen Überblick zu verschaffen, schätzt der Bauernverband die Schäden heuer erneut. Daher ruft Christian Wagner alle Landwirte dazu auf, sich beim Verband zu melden, wenn sie Ausfälle wegen der Gänse verzeichnen.

Wildgänse - "hochwertiges Wildbret"

Am höchsten sei das Aufkommen Mitte Juni, weil dann sowohl die Familienverbände am Altmühlsee seien, als auch Gänse aus dem Süden Bayerns. Sie fliegen extra her, um sich hier zu mausern. "Sie werden hier wenig gestört und haben Rückzugsflächen", lautet die Begründung. Die Wildgänse halten sich viel im Bereich der Vogelinsel im Schutzgebiet auf.

Neben den Ablenkungsflächen möchte die Steuerungsgruppe die Jagd um den See Schritt für Schritt intensivieren, so der Koordinator. Die Jäger vor Ort seien geschult, kennen nun geeignete Jagdmethoden für Gänse und vernetzten sich immer besser. Wagner wirbt auch für das Fleisch der Vögel. Wer das "hochwertige Wildbret" einmal kosten will, solle sich an seinen Jäger des Vertrauens wenden.

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