Atommüll-Endlagersuche: Gorleben ist aus dem Rennen
28.9.2020, 07:47 UhrBei der Suche nach einem Atommüll-Endlager in Deutschland ist der Salzstock Gorleben in Niedersachsen komplett aus dem Rennen. Gorleben wird in einem mit Spannung erwarteten Zwischenbericht der Bundesgesellschaft für Endlagerung nicht als sogenanntes Teilgebiet ausgewiesen, wie die Deutsche Presse-Agentur aus Länderkreisen erfuhr. Zuvor hatte der Spiegel berichtet. Dafür sind dem Magazin zufolge nun erstmals bayerische Regionen auf der Liste möglicher Standorte. Den Bericht mit Regionen, die nach geologischen Kriterien für ein Atommüll-Endlager grundsätzlich in Frage kommen, stellt an diesem Montagvormittag die Bundesgesellschaft für Endlagerung in Berlin vor.
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Eine Vorfestlegung auf einen Standort ist mit dem sogenannten Zwischenbericht Teilgebiete aber noch längst nicht verbunden. Dennoch dürfte die Debatte über die Endlagerung von hoch radioaktivem Atommüll damit in Fahrt kommen - vor allem in den Gebieten, die nun näher unter die Lupe genommen werden sollen.
Wie gesetzlich vorgeschrieben listet der Bericht Regionen auf, "die günstige geologische Voraussetzungen für die sichere Endlagerung radioaktiver Abfälle erwarten lassen". Andere Faktoren, etwa die Bevölkerungsdichte in den Regionen, wurden dabei noch nicht beachtet - das erfolgt in weiteren Schritten. Deswegen dürften es noch ziemlich viele und teils auch recht große Gebiete sein. Konkreter wird es erst in den kommenden Jahren.
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Gesucht wird der beste Ort, um hoch radioaktiven Atommüll eine Million Jahre lang möglichst sicher zu lagern. Das Endlager soll unterirdisch in Salz, Ton oder Kristallin, also vor allem Granit, entstehen. 2031 soll der Standort gefunden sein, ab 2050 sollen Behälter mit strahlendem Abfall unterirdisch eingelagert werden.
Standorte nur nach wissenschaftlichen Kriterien
Nach langem Ärger um den Salzstock Gorleben wurde die Endlager-Suche komplett neu gestartet. Ausgehend von einer "weißen Landkarte", auf der erst mal jeder Ort grundsätzlich infrage kommt, werden mögliche Standorte nun nach wissenschaftlichen Kriterien nach und nach eingegrenzt. Am Ende soll dann aber die Politik die Entscheidung über den Standort treffen - basierend auf den wissenschaftlichen Erkenntnissen. Über verschiedene Formate können sich Bürger, Gemeinden und Organisationen in den Prozess einbringen.
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Zoff gibt es vor allem um Gorleben - manche fordern schon lange, den Salzstock als "politisch verbrannt" aus der Suche auszunehmen. Aber auch die bayerische Landesregierung hat Ärger auf sich gezogen, weil sie den Suchprozess anzweifelt und darauf pocht, dass der Untergrund in Bayern nicht geeignet sei. Beides stellt das Prinzip der "weißen Landkarte" in Frage, die erst nach und nach anhand messbarerer Kriterien eingegrenzt wird.
Auf dieses Prinzip pochen unter anderem die Grünen, deren Wurzeln auch in der Anti-Atomkraftbewegung liegen. "Jetzt ist erst einmal die Wissenschaft am Zuge und die sollte man auch in Ruhe machen lassen", sagte Bundestags-Fraktionsvize Oliver Krischer der dpa. Im Fall Gorleben habe es in erster Linie eine politische Entscheidung gegeben. In den 70er Jahren war beschlossen worden, dort ein Endlager einzurichten. Deswegen habe "ein Landstrich fast komplett rebelliert". Die Grünen-Atom-Expertin Sylvia Kotting-Uhl forderte Bayerns Regierung auf, das Verfahren konstruktiv zu unterstützen. "Sich als einer der größten Produzenten von Atommüll bei der Verantwortung aus dem Staub zu machen, zeugt von mangelnder moralischer Kompetenz", sagte sie.
Bayerns Umweltminister Thorsten Glauber (Freie Wähler) weiderum hat die „Herausnahme“ des Salzstocks Gorleben aus der Suche nach einem Endlager für Atommüll scharf kritisiert – und deshalb das gesamte Verfahren in Zweifel gezogen. „Die Herausnahme von Gorleben ist nicht nachvollziehbar. Das weitere Verfahren hat ohne Gorleben ein Glaubwürdigkeitsproblem“, erklärte Glauber am Montag in München. Man blicke deshalb sehr kritisch auf den am Montag vorgelegten Zwischenbericht der Bundesgesellschaft für Endlagerung (BGE).
Umweltminister Glauber will Bericht genau prüfen lassen
„Wir werden in unserem Einsatz nicht nachlassen. Wir werden den weiteren Prozess mit wissenschaftlicher Expertise begleiten“, sagte Glauber. „Oberste Prämisse für ein Endlager ist der Schutz der Bevölkerung. Dazu braucht es eine absolut sichere geologische Barriere, keine technischen Nachbesserungen.“ Der Minister kündigte an, der Bericht müsse jetzt erst einmal genau geprüft werden.
Bundesumweltministerin Svenja Schulze (SPD) sagte der "Rheinischen Post", der Atomausstieg ist und bleibe beschlossene Sache, und die Endlagersuche sei eine Gemeinschaftsaufgabe. Mit Blick auf die Vorstellung des Zwischenberichts sagte Schulze, die Geologie entscheide, welcher Standort es am Ende werde. "Politische Überlegungen spielen keine Rolle. Ich erwarte von allen Politikerinnen und Politikern, jetzt zur Verantwortung zu stehen - für diese gesamtgesellschaftliche Aufgabe und für das gemeinsam gewollte Verfahren."
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