Kanzlerkandidat der Union: Söder, Laschet oder doch ein anderer?

Harald Baumer

Berlin-Korrespondent der NN

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5.4.2021, 16:39 Uhr
Armin Laschet oder Markus Söder - wer wird Kanzlerkandidat bei der Union?

© Jens Krick, NN Armin Laschet oder Markus Söder - wer wird Kanzlerkandidat bei der Union?

Ab jetzt kommt es auf jede Kleinigkeit an. Welcher mächtige Ministerpräsident der Union äußert sich in einem Nebensatz wertschätzend über Laschet oder Söder? Welche Nadelstiche setzen die Kandidaten gegeneinander? Wie sehen die neuesten Umfrageergebnisse aus, insbesondere die Persönlichkeitswerte der Regierungschefs von Bayern und NRW?


Kommentar: Merkel als Beraterin bei der K-Frage? Keine gute Idee!


In rund 50 Tagen, bis Pfingsten, soll spätestens feststehen, wer die Union in den Bundestagswahlkampf führt. Niemand rechnet damit, dass diese Frist vollständig ausgeschöpft wird. Denn spätestens nach der ebenfalls jederzeit erwarteten Nominierung bei den Grünen werden sich alle Blicke auf CDU/CSU richten. Der Wahltag selbst ist inzwischen schon deutlich weniger als ein halbes Jahr entfernt.

Bayerns Ministerpräsident hat nun schon mal einen harten Aufschlag gemacht, um im Bilde des von ihm so geschätzten Tennisspiels zu bleiben. Er nützte dazu ein Interview mit der Bild am Sonntag. Darin warb er unter anderem für eine Mitwirkung Angela Merkels bei der K-Frage. Schließlich müsse es "ein gemeinsamer Wahlkampf" mit ihr werden. Ein Bewerber, der ihre Unterstützung nicht habe, könne "kaum erfolgreich sein".

Merkel und Laschet bei Corona oft einig

Diese Forderung ist insofern interessant, als die Kanzlerin und Markus Söder seit einem Jahr, seit Ausbruch der Corona-Pandemie, meistens auf einer Linie liegen. Armin Laschet hingegen war häufig anderer Meinung als die beiden und profilierte sich immer wieder als Lockerer. Müsste also Angela Merkel eine Empfehlung geben, hätte sie im Moment viele Argumente für den CSU-Vorsitzenden.


Markus Söder: "Mach die Dinge richtig oder lass es bleiben"


Auch bei der Zeitfrage hat sich Söder aus dem Fenster gelehnt. Allzu schnell, so merkte er an, müsse die Entscheidung nicht erfolgen. Er sagte "In der Ruhe liegt dabei die Kraft". Auch hier ist die Ursache für die Gelassenheit des Nürnbergs leicht zu erkennen. Armin Laschet hat es bisher nicht geschafft, seine Persönlichkeitswerte zu verbessern. Die Deutschen trauen ihm schlicht nicht zu, die Regierung zu führen. Daran änderte seine Wahl zum CDU-Chef wenig. Je länger der NRW-Ministerpräsident in den unteren Umfrageregionen herumdümpelt, desto mehr Forderungen nach einem Kandidaten Söder dürfte es geben.

Der dritte Vorstoß des bayerischen Ministerpräsidenten zielte genau auf diesen Punkt ab. Umfragen spielten "natürlich eine Rolle", sagte er in dem Interview. Sie seien "ein wichtiger Maßstab für die Akzeptanz von Personen und Programmen in der Bevölkerung". Auch Armin Laschet dürfte das so sehen, weswegen er eine schnelle Entscheidung herbeiführen muss, ehe möglicherweise sein Abstand zu Söder weiter wächst. Der Regierungschef aus NRW hat - noch - die großen Landesverbände der CDU hinter sich. Sie spielen bei der Kür des Kanzlerkandidaten eine wichtige Rolle.

Die Unionsfraktion mischt sich zunehmend ein

Ähnlich bedeutend für das Stimmungsbild wie die Länder sind die Unionsabgeordneten im Bundestag. Sie waren lange Zeit eher stille Beobachter des Wettbewerbs. Doch nun kommt fast jeden Tag eine neue Stimme aus den Kreis der 244 Parlamentarier(innen) hinzu. Der Grund dafür ist schnell erklärt: Wenn CDU und CSU bei den Wahlen schlecht abschneiden und näher an den 25 als an den 30 Prozent liegen sollten, dann würde das etliche Abgeordnete ihren Job kosten. Nicht überall können sich die Direktkandidaten schließlich auf einen großen Vorsprung verlassen. Oft sitzt ihnen die Konkurrenz von den Grünen im Nacken, wie zum Beispiel in Baden-Württemberg zu beobachten ist.

Die eine oder andere Sympathiebekundung für Markus Söder lässt sich aus der Angst heraus erklären, mit einem floppenden Spitzenkandidaten Laschet am 26. September unterzugehen. In der Union gilt noch weit mehr als bei den anderen Parteien nur ein "Qualitätsmaßstab" für Führungspersönlichkeiten: Sie müssen zuverlässig Mehrheiten organisieren können, dann wird ihnen manch anderes nachgesehen.

Neben den Äußerungen zu Gunsten von Söder gab es einen neuen, sehr überraschenden Vorschlag: Es könne ja auch jemand anders als die beiden Parteivorsitzenden antreten. Konkret: Ralph Brinkhaus, Fraktionschef der Union im Bundestag. Der hatte sich in den vergangenen Monaten mit öffentlichen Äußerungen profiliert, zum Beispiel mit seiner Forderung nach einer größeren Rolle des Parlaments bei der Pandemiebekämpfung.

Ralph Brinkhaus ist nun auch im Gespräch

Doch der 52-jährige Brinkhaus stünde, wenn er denn überhaupt antreten wollte, vor einem kaum lösbaren Problem. Die Deutschen, die ihn wählen sollten, kennen ihn kaum. An die mediale Präsenz eines Laschet oder Söder kommt er kaum heran, obwohl er eines der wichtigsten Ämter in der Berliner Politik inne hat. Das dürfte auch dem schleswig-holsteinischen CDU-Abgeordneten Michael von Abercron klar sein, der Brinkhaus für den Fall der Fälle seine Unterstützung zusagte.

Das Ausland interessiert sich brennend dafür, wer nächster deutscher Regierungschef werden könnte. Für die in Dublin erscheinende Tageszeitung Irish Times scheint die Frage so gut wie geklärt. Wörtlich schrieb das Blatt: "Es wachsen die Spekulationen, dass Laschet, sofern kein Osterwunder geschieht, zur Seite treten und Bayerns CSU-Chef Markus Söder die Führung im Wahlkampf überlassen wird."

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