Nach den Attentaten

Kommentar: Helfen, unbedingt. Aber keine neue Intervention in Afghanistan, bitte!

Alexander Jungkunz

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27.8.2021, 17:28 Uhr
Nach den Anschlägen: Verwundete in einem Kabuler Krankenhaus.

© Mohammad Asif Khan/AP/dpa Nach den Anschlägen: Verwundete in einem Kabuler Krankenhaus.

Es ist die nächste Demütigung für die USA - und nicht nur für sie: Schutz- und nahezu machtlos mussten sie zusehen, wie es zu jenen Anschlägen kam, die wie kaum eine andere Terror-Tat absehbar, ja quasi programmiert waren.

Zwei Ziele der Terroristen

Die Selbstmordattentäter am Flughafen von Kabul hatten wohl zwei Ziele: neben den USA auch die Taliban, die nun versuchen, Afghanistan zu regieren - falls dies überhaupt möglich ist. Der IS-K, ein im Osten des Landes verwurzelter Flügel des Islamischen Staates, hat sich zum Terror bekannt. Das sind "Gotteskrieger", denen die Taliban zu lasch sind und die sie als "Handlanger der Amerikaner" schmähen.

Experten erwarten nun erst einmal blutige Machtkämpfe zwischen diesen Gruppen. Afghanistan droht da das zu werden, was es vor den Anschlägen vom 11. September schon einmal war: zum Rückzugsort und Ausgangspunkt von Islamisten aus vielen Regionen der Erde.

Joe Bidens düstere Drohung

Joe Biden reagierte auf das Desaster so, wie es von einem US-Präsidenten zu erwarten war: mit einer rhetorisch scharfen Vergeltungs-Drohung. "Wir werden euch jagen und dafür bezahlen lassen", sagte er an die Adresse der Täter.

Biden steht massiv unter Druck. Der von seinem Vorgänger Trump quasi im Alleingang mit den Taliban ausgehandelte Abzug wird nun für ihn vollends zum Fiasko. Auch, weil seine Regierung mit dem exakten Einhalten des Rückzugs eine offene Flanke bot - die von den Taliban rasch genutzt wurde. Nun sind längst nicht alle Menschen aus dem Land heraus, die den westlichen Streitkräften dort dienten - und ihre Zukunft ist bedrohter denn je.

Gewalt gebiert Gewalt

Natürlich ist es schwer vorstellbar, dass die USA ohne markige Worte auf die Selbstmordattentate reagiert. Aber: Was kann neue Gewalt - dann von Amerika - ausrichten? Die Blut-Spirale des Terrors dreht sich dann noch schneller weiter, die Hydra des Terrors gebiert neue Köpfe.

So war es schon immer, wenn Vergeltungsschläge die Demütigung der Großmacht USA lindern sollten. Galt nicht eigentlich auch der IS als besiegt? 2019 wurde das vermeldet, als die Dschihadisten aus ihrem letzten Gebiet in Syrien verdrängt worden waren - dort hatten sie weite Teile des geschundenen Landes erobert. Doch das war eine trügerische Hoffnung, der IS speist sich nach wie vor aus enttäuschten, zornigen jungen Männern - und davon gibt es im Krisenbogen des Nahen und Mittleren Ostens angesichts versagender Regierungen mehr als genug.

Der Friedhof der Weltreiche

Was tun? Humanitäre Hilfe für die noch in Afghanistan Ausharrenden muss Vorrang haben, das ist die Pflicht der westlichen Staaten, auch Deutschlands. Aber neue militärische Interventionen? Bitte nicht. Auch nicht die vermeintlich besseren Islamisten aufrüsten, damit sie die noch böseren bekämpfen. Afghanistan ist durch Eingriffe von außen schon oft genug zum "graveyard of empires", zum Friedhof von Weltreichen, geworden.

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