Sie wollten sich nicht impfen lassen: Pflegedienst entlässt sieben Pflegerinnen
21.1.2021, 17:14 UhrDrei Tage gab ein Dessauer Pflegedienst seinen Mitarbeitern als Bedenkzeit, dann sollten sie sich gegen Corona impfen lassen. Nachdem die Frist verstrichen war, wurde sieben Mitarbeiterinnen gekündigt, die die Impfung verweigert hatten. Im Gespräch mit dem MDR gaben die Betroffenen an, sie seien keine Impfgegnerinnen, sondern hätten nur mehr Bedenkzeit gewünscht.
"Uns wurde ein Ultimatum von drei Tagen gestellt und es war 12 Uhr. Kurz nach 12 haben wir schon die Kündigung erhalten", berichteten die Frauen dem MDR Sachsen-Anhalt. Bei einigen sei die Kündigung fristgerecht, bei anderen sogar fristlos gewesen. Dabei seien sie nicht grundsätzlich gegen die Impfung. Sie hätten aber selbst über den Zeitpunkt bestimmen wollen. Dieser Darstellung tritt nun der Geschäftsführer entgegen.
"Wenn sie mir nach den drei Tagen gesagt hätten, dass sie unsicher sind und noch Bedenkzeit brauchen, wäre das in Ordnung gewesen", sagte René Wilmers der Mitteldeutschen Zeitung. Seiner Aussage nach habe es heftige Debatten im Team gegeben, seitdem die Impfung in Aussicht war. Einige Mitarbeitende hätten auch Verschwörungstheorien geäußert, beispielsweise dass mit dem Impfstoff ein Chip von Bill Gates in den Arm gespritzt würde.
Ab März nur geimpftes Personal
Um den Sorgen der Pflegekräfte Rechnung zu tragen, habe man viel Aufklärungsarbeit geleistet und eine Ärztin zur Beratung eingeladen, gab der Unternehmer an. Alle anderen 24 Mitarbeiter - ihn eingeschlossen - seien mittlerweile geimpft worden. Der Pflegedienst sei für die Betreuung hochbetagter Risikopatienten zuständig, die im Falle einer Corona-Infektion nur sehr schlechte Überlebenschancen hätten. Daher will er ab dem 1. März keine Patienten mehr von ungeimpftem Personal versorgen lassen.
Weil die Mitarbeiterinnen die Impfung weiterhin verweigerten, sah Wilmers keine andere Möglichkeit als die Kündigung. Gegen diese überlegen nun einige der Frauen gerichtlich vorzugehen. Arbeitsrechtlern zufolge hätten sie in einer Auseinandersetzung gute Chancen, da es eine gesetzliche Impfpflicht nur für Masern, nicht aber für Corona gäbe. Zudem betonte Silvia Grauvogel vom Deutschen Berufsverband für Pflegeberufe (DBfK) gegenüber der Mitteldeutschen Zeitung, dass die Pflegekräfte auch ohne Impfung weiter eingesetzt werden könnten. Diese müssten FFP2-Masken tragen und alle Hygieneregeln streng befolgen.
Rechtsstreit unwahrscheinlich
René Wilmers dagegen glaubt nicht, dass es zu einem Gerichtsprozess kommt. Fünf der Betroffenen seien noch in der Probezeit gewesen, eine weitere Mitarbeiterin schon mehrmals abgemahnt worden - unter anderem da sie die regelmäßigen Corona-Tests des Pflegedienstes verweigert hätte. Auch der MDR berichtete, dass einige der Frauen schon Jobangebote anderer Arbeitgeber erhalten hätten und eher nicht zum Pflegedienst zurückkehren wollten.
Einen ähnlichen Fall hatte es kürzlich schon in Bayern gegeben. Dort hatte ein Zahnarzt Impftermine für alle seine Mitarbeitenden vereinbart und diesen erklärt, sie würden ohne Gehalt freigestellt, wenn sie nicht zum Termin kämen. Trotz einer Anzeige wegen Nötigung gab er dem Donaukurier gegenüber an, sich in der Sache durchsetzen zu wollen.
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Beide Fälle befördern die Impfpflicht-Debatte in Deutschland. Diese war nicht zuletzt vom bayerischen Ministerpräsidenten Markus Söder angestoßen worden. Er hatte in einer Pressekonferenz Anfang Januar gefordert, notfalls eine Impfpflicht für Pflegekräfte gesetzlich einzuführen, falls sich zu wenige impfen lassen würden. Dies war von Arbeitsminister Heil ebenso wie vielen Experten kritisiert worden.