Striktere Corona-Regeln: Bayern könnte auf Bundes-Notbremse draufsatteln

20.4.2021, 18:31 Uhr
Staatskanzleichef Florian Herrmann (Mitte) deutete am Dienstag nach einer Sitzung des Ministerrats in München striktere Corona-Regeln an.

© IMAGO/Bayerische Staatskanzlei Staatskanzleichef Florian Herrmann (Mitte) deutete am Dienstag nach einer Sitzung des Ministerrats in München striktere Corona-Regeln an.

Trotz der bevorstehenden bundeseinheitlichen Corona-Notbremse könnte es in Bayern zu strikteren Regelungen kommen. Das kündigte Staatskanzleichef Florian Herrmann (CSU) am Dienstag nach einer Sitzung des Ministerrats am Dienstag in München an. Die Länder hätten rechtlich die Möglichkeit, über die Regelungen in dem Bundesgesetz hinauszugehen, sagte Herrmann. "Die Notbremse ist sozusagen die Untergrenze", betonte er. Nach den Beschlüssen in Berlin werde die Staatsregierung schauen, wo sie tätig werden müsse.

Ein möglicher Bereich sind laut Herrmann die Vorschriften für die Schulen. Bei der Bundes-Notbremse sollen diese ab einer Sieben-Tage-Inzidenz von 165 verpflichtend auf Distanzunterricht umstellen, zunächst war sogar ein Schwellenwert von 200 Neuinfektionen genannt. Gesundheitsminister Klaus Holetschek (CSU) nannte den Wert von 165 "etwas seltsam".

In Bayern gibt es derzeit für die meisten Klassen bereits ab einer Sieben-Tage-Inzidenz von 100 Distanzunterricht, ausgenommen sind nur die Abschlussklassen an Grund- und weiterführenden Schulen sowie die elfte Jahrgangsstufe. Beim Einzelhandel kündigte Herrmann an, Bayern werde voraussichtlich Regelungen der Bundes-Notbremse, sofern sie strikter sein sollten als bisherige bayerische Regelungen, übernehmen. Das könnte etwa beim Einzelhandel der Fall sein.

Es sei im Moment nicht die Zeit für Lockerungen, meinte Herrmann. Es gebe nach wie vor eine dynamische Infektionslage mit etlichen Herausforderungen, zudem müsse die Impfkampagne vorangehen. Die bundeseinheitlichen Regelungen sollen an diesem Mittwoch vom Bundestag beschlossen werden.

Eine Entscheidung im Bundestag über die Änderung des Infektionsschutzgesetzes steht unmittelbar bevor. Herrmann machte deutlich, dass sich Bayern in der Frage im Bundesrat enthalten würde, sollte es um die Frage einer Anrufung des Vermittlungsausschusses gehen. Hintergrund ist der Koalitionsstreit zwischen CSU und Freien Wählern. Der kleinere Koalitionspartner hatte angekündigt, gegen die Bundes-Notbremse Verfassungsklage in Karlsruhe einzureichen, weil Kompetenzen von Landes- auf Bundesebene verlagert würden.

Die Zahl der Corona-Neuinfektionen steigt in Bayern derzeit stetig weiter. Der Durchschnitt lag am Dienstag bei 185. Am stärksten betroffen ist die Altersgruppe der Teenager. In der Gruppe der 15- bis 19-Jährigen liege die Inzidenz derzeit bei 321,3, bei den 10 bis 14-Jährigen noch immer bei 242, sagte Holetschek.

Der Gesundheitsminister machte deutlich, dass bisher in Bayern 3,6 Millionen Impfstoff-Dosen gegen das Corona-Virus verabreicht worden seien. Das bedeute eine Impfquote von über 20 Prozent bei den Erstimpfungen. In mehr als der Hälfte der Impfzentren werde bereits die Priorisierungsstufe 3 geimpft. Dazu gehörten nun auch alle Lehrerinnen und Lehrer.

Holetschek erwartet für die Monate Mai und Juni "richtig viel" Impfstoff für Bayern. Im Landtag sagte er, dass allein die Impfstoffversorgung in den Impfzentren von 1,3 Millionen Dosen im April auf 1,9 Millionen im Juni 1,9 Millionen stetig steigen soll. Hinzu kommen die niedergelassenen Ärzte und später auch die Betriebsärzte.


Deutschland fesselt sich selbst - Warum die Notbremse heikel ist


Damit könnten von Ende April an auch Modellprojekte zur Entpriorisierung gestartet werden. Anfang Juni sollen Impfungen bei Betriebsärzten - also ohne Priorisierung - in die Regelversorgung übernommen werden. Schrittweise müsse man auch über Erleichterungen für Geimpfte nachdenken, etwa über die Gleichstellung von zwei Mal Geimpften mit negativ Getesteten.

Bayern wird Apothekern auch weiterhin eine Vergütung von drei Euro pro durchgeführten Corona-Schnelltest bezahlen. Eine entsprechende Regelung verlängerte das Kabinett in seiner Sitzung am Dienstag zunächst bis zum 30. Juni. Sie hatte vorerst bis 30. April gegolten.

Bereits jetzt nähmen über 1000 Apotheken bayernweit an der Teststrategie teil und böten kostenlose Bürgertestungen mittels Antigen-Schnelltests an.

Verwandte Themen