Vor den Herbstferien: Staatliche Corona-Maßnahmen werden verschärft
30.9.2020, 11:00 UhrAus Angst vor stärker steigenden Infektionszahlen in den Herbstferien verschärfen Bund und Länder die Corona-Maßnahmen wieder. Kanzlerin Angela Merkel (CDU) und Bayerns Ministerpräsident Markus Söder warnten am Dienstag eindringlich vor unnötigen Reisen in Risikogebiete. Zudem sollen private Feiern, von denen sich einige zuletzt als Hotspots erwiesen hatten, eingeschränkt werden, wenn die Infektionszahlen in bestimmten Regionen dies nötig machen. Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) sagte abends im ZDF-"heute-journal", beim Geselligsein, in der Gastronomie sowie beim Reisen und in der Freizeit gebe es momentan das größte Ansteckungsrisiko. "Das Virus ist ja hier der Spielverderber, nicht ich oder wir in der Politik."
Spahn sagte nach einer Schaltkonferenz der Kanzlerin mit den Länderregierungschefs, eine Differenzierung staatlicher Beschränkungen nach Regionen und nach der konkreten Infektionslage vor Ort sei weiter sinnvoll, sonst gehe die Akzeptanz der Bevölkerung verloren. Er rief die Bürger dazu auf, ihr Verhalten zu prüfen. Jeder könne sich etwa überlegen, ob jetzt, mitten in der Pandemie, die Zeit für eine größere Familienfeier sei. Freiheit heiße nicht, dass jeder machen könne, was er will. Jeder trage Verantwortung für die Menschen um ihn herum. "Mit staatlichem Zwang alleine wird es nicht gehen."
Alle aktuellen Entwicklungen zum Coronavirus finden Sie hier
Söder betonte, man wolle keinen zweiten Lockdown. In einigen Regionen könnten aber die Infektionszahlen außer Kontrolle geraten, wenn nicht gehandelt werde. Priorität hätten Arbeitsplätze, Schulen und Kitas. Eine Million Tote weltweit im Zusammenhang mit dem Coronavirus "kann doch keiner ignorieren", sagte Söder weiter. "Um uns herum explodieren die Zahlen."
Vorrang von Wirtschaft, Schulen und Kitas
Merkel erläuterte, Deutschland sei gut durch den Sommer gekommen, nun stehe mit dem Herbst und Winter aber eine "schwierigere Zeit" bevor. Man könne sich dem aber entgegenstellen mit den richtigen Maßnahmen. Diese könnten nur durchgesetzt werden, wenn es die Bereitschaft der Bürger gebe, die Regeln zu befolgen, damit sich die Seuche nicht weiter ausbreite. Vorrang habe, die Wirtschaft so weit es gehe am Laufen zu halten und dass Kinder in Schulen und Kitas gehen könnten, sagte auch sie.
Lehrer sollten nach Auffassung von Bundesbildungsministerin Anja Karliczek mit als Erste gegen das Coronavirus geimpft werden, wenn es den Impfstoff gibt. Die sei aufgrund der Vielzahl an Kontakten in der Schule geboten, insbesondere, wenn sie zu einer Risikogruppe gehören, sagte die CDU-Politikerin dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (Mittwoch). Auch würde eine bevorzugte Impfung für Lehrer helfen, den für die Gesellschaft so wichtigen Schulbetrieb aufrecht zu erhalten.
Autokino, Homeoffice, Hände schütteln: An Corona ist nicht alles schlecht
Der Präsident des Deutschen Lehrerverbandes, Heinz-Peter Meidinger, forderte eine bundeseinheitliche Corona-Ampel für Schulen. Er sagte der Rheinischen Post: "Von einer in allen Bundesländern geltenden Corona-Schulampel, die klar regelt, ab welchem Infektionsgeschehen welche Maßnahmen zum Gesundheitsschutz an Bildungseinrichtungen ergriffen werden müssen, sind wir auch nach einem solchen Beschluss weiterhin meilenweit entfernt."
Corona-Schnelltests und Feier-Obergrenzen
Bundesärztekammerpräsident Klaus Reinhardt erklärte, die nationale Strategie von Bund und Ländern "gibt den Menschen Orientierung und den Beschäftigten im Gesundheitswesen etwas mehr Planungssicherheit". Allerdings sei jetzt eine umfassende Teststrategie nötig, "die Tests da vorsieht, wo sie medizinisch sinnvoll sind und die vor allem die neuen Möglichkeiten der Corona-Schnelltests nutzt".