Alternative zur Kuhmilch

Gesund oder nicht? So wirkt sich Hafermilch auf den Körper aus

Elias Thiel

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Simone Madre

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6.8.2024, 07:14 Uhr
Die Basis für Hafermilch ist natürlich Hafer. Dazu können aber noch andere Stoffe kommen.

© imago images/Shotshop Die Basis für Hafermilch ist natürlich Hafer. Dazu können aber noch andere Stoffe kommen.

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Hafermilch ist mittlerweile in jedem gut sortierten Supermarkt und auch in vielen Cafés vorrätig. Das vegane Getränk soll als Alternative zu Kuhmilch dienen und kann pur getrunken, im Müsli, Kakao, Kaffee oder zum Backen und Kochen verwendet werden. Aber ist Hafermilch besser als Kuhmilch - oder sind Haferdrinks eigentlich ungesund? Was steckt alles in dem Hafergetränk und warum darf Hafermilch offiziell nicht "Milch" heißen?

Das Prinzip der Hafermilch als Ersatz für tierische Milch ist alles andere als neu. Schon im alten Judentum wurde sie gerne genutzt, um ein Speisegesetz zu befolgen - Kuhmilch und Fleisch müssen voneinander getrennt werden und dürfen weder zusammen gegessen noch gelagert werden.

Wirklich populär wurde Hafermilch aber durch die Arbeit des schwedischen Chemikers Rikard Öste. Er experimentierte bereits in den Neunzigerjahren damit, aus Haferkörnern eine Milchalternative herzustellen. Hierzu entwickelte er ein Enzym, das Hafer spaltet und mit dem man eine milchartige Flüssigkeit herstellen kann. Mit seinem Bruder Björn gründete er 1994 das Unternehmen "Ceba Foods AB", wobei der Name ein paar Jahre später in "Oatly" geändert wurde.

Vor allem durch die provokative Markenarbeit zog Oatly die Aufmerksamkeit auf sich. Mit sarkastischen Werbesprüchen ( "Wie Milch, nur für Menschen statt für Kälbchen") attackiert das Unternehmen Molkereikonzerne. Mittlerweile ist Oatly ein bekanntes Unternehmen und Milchalternativen wie Hafermilch sind weit verbreitet. Auch andere Firmen sind in den Markt eingestiegen, beispielsweise Alpro und Alnatura. Zudem gibt es Eigenmarken von Rewe, Edeka und Co.

Insgesamt hat Hafer bei den Milchersatzprodukten in Deutschland einen Marktanteil von 66 Prozent, danach folgen Soja (12 Prozent) und Mandel (13 Prozent). Der Hype ist so groß, dass der Milliardenmarkt von Pflanzenmilch sogar größer ist als der für vegane Fleischalternativen wie Tofu, Seitan und Jackfruit. Im globalen Einzelhandel haben vegane Alternativen schon jetzt einen Anteil von rund 10 Prozent, wobei der Anteil in den nächsten Jahren wohl noch weiter steigen dürfte.

Nicht nur Veganer trinken Hafermilch, sondern auch Allergiker und Menschen, die dem Klima oder ihrer Gesundheit etwas Gutes tun wollen. Manche mögen auch einfach den Geschmack. Zum Thema Klima lässt sich sagen, dass Hafermilch aus deutschem Hafer hergestellt werden kann. Das sorgt für kurze Transportwege. Zudem entfällt die Treibhausgas-intensive Tierhaltung. Zwar wird Hafermilch intensiver verarbeitet als Kuhmilch, trotzdem schneidet sie insgesamt besser ab. Für einen Liter Hafermilch errechnete das Institut für Energie- und Umweltforschung Heidelberg (ifeu) 2019 einen Wert von rund 0,3 Kilogramm CO₂-Äquivalenten. Die Klimawirkung von einem Liter Kuhmilch sei im Schnitt viermal so groß.

Nun stellt sich die Frage: Ist Hafermilch gesünder als Kuhmilch? Oder ist Hafermilch ungesund?

Dazu muss man sagen, dass es nicht die eine Hafermilch gibt. Der Name sagt erst einmal nur aus, dass Hafer der Ausgangsstoff ist. Dann gibt es in der Regel aber noch viele industrielle Verarbeitungsschritte, damit der Geschmack, die Konsistenz und gegebenenfalls noch die Schäumbarkeit den Vorstellungen der Kunden entsprechen.

Hafermilch aus dem Supermarkt hat deshalb mit einer zuhause hergestellten Hafermilch wenig gemein. Das einfachste Rezept sieht so aus: Man gibt Haferflocken in Wasser und püriert sie, anschließend wird die Flüssigkeit gefiltert. Industriell hergestellte Hafermilch wird zusätzlich fermentiert. Dabei wird ein Teil der Stärke in Zucker umgewandelt, das Getränk wird süßer. Zudem kommen oft noch Süßungsmittel, Aromen, Verdickungsmittel, Salz, Säureregulatoren, Konservierungsstoffe, Pflanzenöle und teilweise noch Vitamine und Mineralstoffe hinzu.

Wer es genau wissen will, muss daher auf die Zutatenliste der Hafermilch blicken und die einzelnen Inhaltsstoffe durchgehen.

Allgemein kann man sagen, dass Hafer einige Vitamine, Mineralien und Ballaststoffe enthält, die dem Körper zugute kommen können. Durch die Verarbeitung ist in der Hafermilch aber nicht mehr allzu viel davon enthalten.

Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) erklärt, dass man bei einem kompletten Verzicht auf Milchprodukte besonders darauf achten sollte, dass der Körper über andere Quellen mit Kalzium, Vitamin B2 und B12 versorgt wird. Wie sich beispielsweise ein B12-Mangel auswirkt, lesen Sie hier. Teilweise werden diese Stoffe das der Hafermilch zugesetzt.

Für viel Aufsehen sorgte ein Artikel der "Welt" mit Aussagen der Biochemikerin Jessie Inchauspé. Sie sagte, Hafermilch sei nicht gut für den Körper. Damit bezog sie sich auf den Blutzuckerspiegel. Die Milchalternative erzeugt im Körper eine Blutzuckerspitze, da Hafer viel Glukose enthält. Solche Spitzen seien laut Inchauspé mit vielen Krankheiten verbunden, sie könnten unter anderem zu Heißhungerattacken, Diabetes und Falten führen. Vor allem morgens und auf leeren Magen solle man Hafermilch daher nicht trinken. Die Biochemikerin rät stattdessen zu Kuhmilch, ungesüßter Mandelmilch oder Sojamilch. Diese bringen allerdings Nachteile für das Klima mit sich.

Andere Wissenschaftler sehen den Zucker in der Hafermilch allerdings nicht so kritisch. Zwei von ihnen, der Biochemiker Karlis Briviba und der Ernährungswissenschaftler Nicolai Worm, gaben im Gespräch mit "geo.de" Entwarnung. Zwar seien die Kohlehydrate in der Hafermilch schnell verdaulich und gingen rasch ins Blut, in einem Glas Hafermilch sei aber trotzdem keine allzu große Menge enthalten. Für einen gesunden Menschen falle das nicht besonders ins Gewicht. Vergleichen könne man das mit dem Verzehr einer halben Scheibe Weizenbrot. Diabetiker und Menschen mit Insulinresistenz müssten allerdings vorsichtig sein, genau so wie bei anderen kohlenhydrathaltigen Lebensmitteln.

Der Verzehr von Hafermilch geht mit bestimmten Vorteilen einher. Dazu gehören:

Geringere Produktion von CO₂

Die Herstellung eines Liters Hafermilch (inklusive Transport) führt laut ifeu zu einer Freisetzung von rund 0,3 Kilogramm CO₂ in die Umwelt. Dies entspricht einer Ersparnis von 75 Prozent im Vergleich zur Herstellung von konventioneller Kuhmilch. Bei der Kuhhaltung werden klimaschädliche Gase beim Futteranbau, der Verdauung der Kühe und der Lagerung von Gülle freigesetzt.

Auch der Flächenbedarf pro Liter sowie der Energie- und Wasserverbrauch sind bei Hafermilch deutlich vorteilhafter als bei Kuhmilch.

Laktose- und sojafrei

Viele Menschen reagieren allergisch auf Laktose, also Milchzucker, oder auch auf Milcheiweiß. Für sie sind pflanzliche Produkte wie Hafermilch eine Alternative. Auch Soja vertragen manche Menschen nicht - für sie ist Hafermilch ebenfalls geeignet.

Kein Cholesterin

Kuhmilch enthält Cholesterin, Hafermilch tut das nicht. Damit kann ein Umstieg auf Hafermilch damit helfen, den Cholesterinspiegel zu senken. Weitere cholesterinarme Lebensmittel finden Sie hier.

Tierwohl

Der Deutsche Tierschutzbund gibt an, dass nur etwa ein Drittel der Milchkühe, die unsere Milch liefern, zumindest teilweise draußen grasen dürfen. Die anderen würden das ganze Jahr über im Stall leben, zum Teil werden sie dabei auch angebunden, sodass sie nicht umherlaufen oder sich drehen können.

Natürlich gibt es auch Betriebe, die ihre Kühe besser behandeln, als Endkunde blickt man bei den verschiedenen Angaben auf der Packung sowie den unterschiedlichen Siegeln aber nicht unbedingt durch.

Wer sichergehen will, dass für die gekaufte Milch keine Kuh leiden musste, für den sind pflanzliche Drinks eine gute Alternative.

Weniger Fett und Kalorien als Kuhvollmilch

Hafermilch enthält mit circa 1,4 Prozent deutlich weniger Fett als Kuhvollmilch (3,5 Prozent) und ähnlich viel Fett wie fettarme Kuhmilch (1,5 Prozent).

Dennoch liefert Hafermilch jede Menge Energie: Die in den Haferflocken enthaltene Stärke beträgt je nach Produkt rund 40 bis 60 kcal pro 100 Milliliter. Durch den Erhitzungs- und Fermentationsprozess wird die langsam verdauliche Stärke des Hafers in leicht verdaulichen Zucker umgewandelt, wodurch Hafermilch vergleichsweise viele Kalorien enthält.

Allerdings hat Kuhvollmilch noch mehr Kalorien (circa 65 kcal pro 100 ml) und enthält ähnlich viel Zucker. Zwischen fettarme Kuhmilch (etwa 46 kcal pro 100 ml) und Hafermilch gibt es aber kaum Kalorienunterschiede. Andere pflanzliche Milchalternativen (zum Beispiel Soja- oder Mandeldrinks) sind etwas kalorienärmer.

Verbessertes Hautbild

Kuhmilch kann die Entstehung von Hautunreinheiten und Pickeln begünstigen. Dafür gibt es verschiedene Erklärungsansätze, die mit den Hormonen und Eiweißen in der Milch zusammenhängen. Wer unter Akne leidet, kann also möglicherweise vom Verzicht auf Milchprodukte profitieren.

Wie groß der Einfluss von Milch auf das Hautbild ist, ist aber von Mensch zu Mensch unterschiedlich. Bei manchen wird die Haut durch einen Verzicht auf Milchprodukte viel klarer, bei anderen ergibt sich kein sichtbarer Effekt.

Hafermilch wird aus gemahlenen Haferkörnern und Wasser hergestellt. Um die Konsistenz zu verbessern und die typisch weiße Farbe zu erreichen, werden Pflanzenöle zugesetzt. Einige Hersteller fügen auch weitere Stoffe wie Süßungsmittel, Aromen, Verdickungsmittel, Salz, Säureregulatoren, Konservierungsstoffe, Pflanzenöle und teilweise noch Vitamine und Mineralstoffe hinzu. Es lohnt sich also, die Zutatenliste genau zu prüfen.

Hafermilch besteht hauptsächlich aus Wasser, sodass der tatsächliche Haferanteil je nach Marke zwischen 10 und 15 Prozent variiert. Somit sind es in einem Frühstücksmüsli eher Haferflocken als Hafermilch, die für eine ausgewogene Nährstoffzufuhr sorgen.

Im Folgenden gibt es die Nährstoffe von Hafermilch im Überblick. Diese können allerdings abhängig vom Hersteller variieren.

Nährstoffe von Hafermilch pro 100 ml:

Nährstoff Menge
Kohlenhydrate 6,6 g
Eiweiß 0,3 g
Fett 1,5 g
Vitamin B2 0,21 mg
Vitamin B12 0,38 µg
Vitamin D 0,75 µg
Kalzium 120 mg
Ballaststoffe 1,4 g
Salz 0,09 g

Obwohl Hafer von Natur aus glutenfrei ist, kann er während der Ernte mit glutenhaltigem Getreide kontaminiert werden. Dies macht die meisten handelsüblichen Hafermilchprodukte für Menschen mit Zöliakie ungeeignet. Allerdings sind im Handel auch spezielle Varianten erhältlich, bei dene extra auf Glutenfreiheit geachtet wird.

Menschen, die gegen Gräserpollen allergisch sind, können auf Getreide wie Hafer negativ reagieren. Das nennt man dann Kreuzreaktion. Sie äußert sich meist mit Bauchschmerzen oder auch einem Jucken und Brennen im Mundraum.

Diabetiker und Menschen, die auf ihre Blutzuckerwerte achten müssen, sollten bei Hafermilch vorsichtig sein. In der Regel sind andere Milchalternativen besser geeignet.

Für Babys im ersten Lebensjahr gibt es verschiedene Produkte, die auf Kuhmilch basieren: Milchpulver und auch einige Breie gehören dazu. Hier ist Pflanzenmilch kein Ersatz, sagt die Deutsche Gesellschaft für Ernährung. Sie seien nicht auf die speziellen Nährstoffbedürfnisse des Säuglings abgestimmt.

Hafermilch darf offiziell nicht mehr "Hafermilch" heißen. Gemäß EU-Gesetz dürfen Produkte nur als "Milch" bezeichnet werden, die auch tatsächlich von Tieren stammen. Da Hafermilch ausschließlich pflanzlich hergestellt wird, trifft dies nicht zu. Daher verwenden viele Hersteller den Begriff "Haferdrink" anstelle von Hafermilch. Auch Produkte wie Joghurt und Käse sind durch Kennzeichnungsvorschriften geschützt. Daher dürfen keine pflanzlichen Alternativen mit denselben Bezeichnungen wie ihre tierischen Pendants versehen werden.

Weitere typische Fragen:

Ist Hafermilch laktosefrei?

Hafermilch enthält keine Laktose und ist daher immer laktosefrei.

Ist Hafermilch vegan?

Ja, Hafermilch ist vegan. Der Haferdrink wird ausschließlich aus pflanzlichen Lebensmitteln hergestellt und enthält daher keine tierischen Produkte.