Leistungen der Pflegeversicherung

Pflegestufe beantragen: So bekommen Sie finanzielle Unterstützung im Pflegefall

Elias Thiel

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25.9.2024, 08:39 Uhr
Der Antrag auf Pflegestufe ist wichtig, um finanzielle Zuwendung für eine angemessene Pflege zu erhalten.

© IMAGO / Zoonar Der Antrag auf Pflegestufe ist wichtig, um finanzielle Zuwendung für eine angemessene Pflege zu erhalten.

In diesem Artikel:

Um Leistungen von der Pflegeversicherung zu erhalten, muss man einen entsprechenden Antrag stellen. Dieser Antrag kann entweder von der pflegebedürftigen Person selbst oder von einer bevollmächtigten Person (beispielsweise einem Angehörigen) eingereicht werden. Ein wesentlicher Schritt zur Bewilligung der Leistungen ist die Feststellung der Pflegegrade. Jegliche finanzielle Unterstützung hängt von diesem Pflegegrad ab. Die erhaltenen Mittel können sowohl für die Unterstützung durch einen ambulanten Pflegedienst in der eigenen Wohnung als auch für die Unterbringung in einem Pflegeheim verwendet werden. Aber wie kann man einen Pflegegrad beantragen?

Insgesamt gibt es fünf Pflegegrade beziehungsweise "Grade der Pflegebedürftigkeit". Diese zeigen, wie stark ein Mensch in seiner Selbstständigkeit eingeschränkt ist. Pflegebedürftige Menschen können bei ihrer Pflegeversicherung einen Antrag stellen, um einen Pflegegrad zu erhalten. Mit diesem Pflegegrad haben sie Anspruch auf verschiedene Pflegeleistungen.

Diese fünf Pflegegrade gibt es:

  • Pflegegrad 1: Geringe Beeinträchtigung der Selbständigkeit
  • Pflegegrad 2: Erhebliche Beeinträchtigung der Selbständigkeit
  • Pflegegrad 3: Schwere Beeinträchtigung der Selbständigkeit
  • Pflegegrad 4: Schwerste Beeinträchtigung der Selbständigkeit
  • Pflegegrad 5: Schwerste Beeinträchtigung der Selbständigkeit mit besonderen Anforderungen an die pflegerische Versorgung

Grundsätzlich sollte man den Antrag so früh wie möglich stellen, da der Anspruch rückwirkend ab dem Antragsdatum gilt. Je länger man wartet, desto mehr finanzielle Unterstützung und Sachleistungen entgehen den Betroffenen.

Dazu gibt es zwei mögliche Situationen:

1) Erstantrag: Wenn man bisher keinen Pflegegrad hatte.

Ein Erstantrag auf einen Pflegegrad ist sinnvoll, wenn man voraussichtlich für mehr als sechs Monate Unterstützung im Alltag benötigt. Dies gilt auch, wenn es sich nur um kleinere Hilfen im Haushalt, beim Einkaufen oder bei der Gestaltung des täglichen Lebens handelt.

Aktiv nach Unterstützung zu fragen, kann vielen Menschen schwerfallen, da er mit einem Verlust an Selbständigkeit verbunden ist. Viele Menschen zögern daher, bis die Situation sich erheblich verschlechtert hat, bevor sie einen Antrag auf Pflegeleistungen stellen. Allerdings ist es wichtig zu betonen, dass der Erhalt von Pflegeleistungen nichts ist, wofür man sich schämen müsste.

Pflegeleistungen sind Versicherungsleistungen. Jeder, der Anspruch darauf hat, sollte diese auch in Anspruch nehmen. Pflegebedürftigkeit beginnt nicht erst, wenn man nahezu bettlägerig ist, sondern wenn man im Alltag regelmäßige Unterstützung benötigt.

2) Höherstufung: Wenn der aktuelle Pflegegrad nicht mehr dem Bedarf entspricht.

Wenn sich der Gesundheitszustand trotz eines bereits bestehenden Pflegegrads weiter verschlechtert und der aktuelle Pflegegrad nicht mehr angemessen erscheint, sollte man einen Antrag auf Höherstufung des Pflegegrads zu stellen.

Der Ablauf ähnelt dem des Erstantrags. Zuerst setzt man sich mit der Pflegeversicherung in Verbindung und beschreibt die Veränderungen im Gesundheitszustand sowie den erhöhten Pflegebedarf. Danach beantragt man offiziell die Erhöhung des Pflegegrads. Wenn die geschilderten Veränderungen nachvollziehbar sind, wird die Pflegeversicherung ein neues Pflegegutachten veranlassen. Ein Gutachter besucht erneut die betroffene Person, um den Pflegebedarf zu bewerten. Die Pflegeversicherung entscheidet dann auf Basis des Gutachtens über die Höherstufung des Pflegegrads und passt diesen gegebenenfalls an.

Der Antrag muss bei der Pflegekasse der pflegebedürftigen Person eingereicht werden. In der Regel ist die Pflegekasse der jeweiligen Krankenkasse angegliedert. Daher genügt es, den Antrag an die eigene Krankenkasse zu senden und darauf hinzuweisen, dass dieser an die zuständige Pflegekasse weitergeleitet werden soll. Privatversicherte wenden sich an ihre private Pflegeversicherung.

Wer einen Antrag auf Pflegegrad stellt, sucht zunächst die Pflegekassen auf, die der Krankenkasse angegliedert sind. Dafür muss man die zuständige Krankenkasse formlos anschreiben (mit dem Wunsch, Leistungen aus der Pflegeversicherung beantragen zu wollen und die Bitte um Weiterleitung an die Pflegekasse). Danach bekommt man schriftliche Unterlagen der Pflegekasse geschickt und gibt seine persönlichen Daten sowie gewünschte Leistungen an. Bei einigen Krankenkassen kann man die Erstbeantragung auch online machen.

Achtung: Alternativ ist es auch möglich, den Antrag telefonisch bei der Pflegekasse zu stellen, allerdings fehlt dann ein Nachweis über das Datum der Antragstellung. Daher ist es ratsamer, den Antrag per Fax oder E-Mail zu senden oder persönlich abzugeben und sich auf einer Kopie den Empfang bestätigen lassen.

Wie wird das Formular ausgefüllt?

Die Verbraucherzentrale erklärt in einem eigenen Beitrag transparent, wie das Formular ausgefüllt werden soll.

  1. Persönliche Daten angeben
    Zuerst trägt man die persönlichen Daten auf dem Antragsformular ein. Dazu gehören unter anderem Name, Adresse, Geburtsdatum und Versicherungsnummer.
  2. Pflegeform wählen
    Danach sollte man sich überlegen, welche Art der Pflege am besten geeignet ist. Wird die Pflege zu Hause von Angehörigen oder einem ambulanten Pflegedienst gewünscht? Oder ist eine Versorgung in einer stationären Einrichtung bevorzugt?
  3. Leistungen auswählen
    Dann gibt man an, welche Leistungen beantragt werden sollen. Dies kann die Unterstützung durch Angehörige, die Hilfe eines ambulanten Pflegedienstes oder die Betreuung in einer stationären Pflegeeinrichtung umfassen.
  4. Pflegekombinationen erwägen
    Zudem sollte man daran denken, dass verschiedene Pflegeangebote kombiniert werden können. Man überlegt, welche Kombination von Leistungen die eigenen Bedürfnisse am besten abdeckt.
  5. Pflegeorganisation planen
    Man macht sich außerdem Gedanken darüber, wie die Pflege organisiert werden soll (zum Beispiel wer wann welche Aufgaben übernehmen soll und welche Unterstützung benötigt wird).
  6. Antrag einreichen
    Zum Schluss reicht man das vollständig ausgefüllte Antragsformular bei der Pflegekasse ein.

Wo findet man Hilfe beim Ausfüllen des Antrags?

Laut der Verbraucherzentrale kann das Ausfüllen des Antrags manchmal schwierig und verwirrend sein, da viele Begriffe und Leistungsarten sowie deren Kombinationsmöglichkeiten unbekannt sind. Daher gibt es im Folgenden einige Tipps, um sich professionelle Unterstützung zu holen.

  • Pflegekasse
    Die Pflegekasse kann direkt bei Fragen zum Antrag helfen. Sie ist verpflichtet, innerhalb von zwei Wochen nach der Antragstellung einen Ansprechpartner zu benennen, der bei der Antragstellung unterstützt.
  • Zentrum für Qualität in der Pflege (ZQP)
    Das ZQP listet Adressen und Kontaktinformationen von Pflegeberatungsstellen und kann bei der Suche nach einer geeigneten Beratungsstelle helfen.
  • Pflegestützpunkte und Pflegeberatungsstellen
    Diese Stellen bieten umfassende Beratung und Unterstützung beim Ausfüllen des Antrags. Sie sind darauf spezialisiert, den Pflegebedarf einzuschätzen und bei Unklarheiten zu helfen.
  • Private Krankenversicherungen
    Privatversicherte können sich auf den Webseiten der privaten Krankenversicherungen über Beratungsangebote und Unterstützung informieren.

Der Antrag sollte bestenfalls von der betroffenen Person selbst eingereicht werden. Wenn diese dazu nicht in der Lage ist, kann auch ein Bevollmächtigter oder gesetzlicher Betreuer den Antrag im Namen des Pflegebedürftigen stellen. In diesem Fall sollte dem Antrag eine Kopie der Vollmacht oder des Betreuerausweises beigefügt werden. Nach Eingang des Antrags bei der Pflegekasse sendet dieser ein Formular für die Beantragung der Pflegeleistungen zurück.

Nach dem Eingang des formlosen Antrags sendet die Pflegeversicherung ein ausführliches Formular, das viele Details zur Person und zur Pflegebedürftigkeit erfragt. Dieses Formular muss vom Antragsteller ausgefüllt, unterschrieben und an die Pflegeversicherung zurückgesendet werden.

Im nächsten Schritt veranlasst die Pflegeversicherung eine Begutachtung. Ein Gutachter besucht die betroffene Person zu Hause. Dieser stellt Fragen, lässt sich Abläufe zeigen und gibt erste Tipps zur Pflege. In manchen Fällen kann die Begutachtung auch telefonisch oder per Videotelefonie erfolgen.

Der Gutachter erstellt ein Gutachten, basierend auf einem festen Punktesystem, das zur Entscheidung über den Pflegegrad herangezogen wird. Die Pflegeversicherung prüft das Gutachten und erteilt den endgültigen Pflegegrad.

Die Entscheidung über den Pflegegrad wird schriftlich mitgeteilt. Der Bescheid enthält das Gutachten und den festgelegten Pflegegrad. Ab dem Tag der Antragstellung besteht der Anspruch auf Pflegeleistungen rückwirkend.

Wichtig: Falls man mit der Entscheidung nicht einverstanden ist, kann man Widerspruch gegen den Bescheid einlegen.

Die Pflegekasse ist verpflichtet, Antragstellern innerhalb von 25 Arbeitstagen nach Antragstellung schriftlich einen Pflegegradbescheid zuzusenden. Diese Frist beginnt ab dem Datum, an dem der Antrag bei der Pflegekasse eingeht. Falls die Pflegekasse diese Frist nicht einhält, hat man Anspruch auf eine Entschädigung von 70 Euro für jede angefangene Woche der Verzögerung.

Jedoch kann die Frist in bestimmten Situationen vorübergehend ausgesetzt werden, zum Beispiel wenn eine Verzögerung aufgrund von Umständen eintritt, die außerhalb des Einflussbereichs der Pflegeversicherung liegen oder wenn zusätzliche, zwingend erforderliche Unterlagen angefordert werden und diese noch nicht eingereicht wurden.

Achtung: Bei einer Fristüberschreitung wird keine Entschädigung gezahlt, wenn die betroffene Person bereits einen Pflegegrad von mindestens 2 hat und sich in vollstationärer Pflege (einem Pflegeheim) befindet.

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In dringenden Fällen kann ein Eilantrag gestellt werden. Dieser Antrag ermöglicht eine schnellere Bearbeitung und Einstufung. Ein Eilantrag führt zu einem beschleunigten Verfahren. Bei diesem wird zunächst überprüft, ob eine Pflegebedürftigkeit vorliegt und ob mindestens Pflegegrad 2 gerechtfertigt ist. Ein detailliertes Gutachten folgt später. Falls die Person noch im Krankenhaus ist, sollte man den Sozialdienst des Krankenhauses kontaktieren. Die Mitarbeiter sind erfahren im Umgang mit Anträgen und können Unterstützung bieten.

Mögliche Gründe für einen Eilantrag sind:

  1. Ungesicherte Weiterversorgung nach einem Krankenhausaufenthalt oder einer Reha
  2. Eine pflegende Person beantragt Pflegezeit oder Familienpflegezeit bei ihrem Arbeitgeber
  3. Die pflegebedürftige Person erhält Palliativpflege

Nach dem Antrag auf einen Pflegegrad informiert die Pflegekasse den Medizinischen Dienst der Kranken- und Pflegekassen (MD) oder bei Privatversicherten den medizinischen Dienst Medicproof. Ein Gutachter wird entsendet, um die notwendige Unterstützung und den Pflegebedarf zu ermitteln. Die Begutachtung erfolgt in der Regel persönlich, kann aber auch telefonisch durchgeführt werden.

Tipp: Es ist ratsam, dass Angehörige oder eine Vertrauensperson beim Termin anwesend sind.

Beobachtete Bereiche:

  • Mobilität
    Bewertung der körperlichen Beweglichkeit (beispielsweise beim Aufstehen oder Treppensteigen).
  • Verhaltensweisen und psychische Belastung
    Erfassung von Ängsten und Reaktionen auf andere.
  • Geistige und kommunikative Fähigkeiten
    Untersuchung von Sprache, Verstehen und Orientierung.
  • Umgang mit krankheits- oder therapiebedingten Anforderungen
    Prüfung der Medikamenteneinnahme, Nutzung von Hilfsmitteln und Arztbesuchen.
  • Gestaltung des Alltagslebens
    Bewertung der Selbstgestaltung des Tages und soziale Kontakte.
  • Selbstversorgung
    Beurteilung der Fähigkeit, sich selbst zu waschen, anzuziehen sowie zu essen und zu trinken.

Der Gutachter erstellt einen Punktewert basierend auf diesen Bereichen, der einem der fünf Pflegegrade zugeordnet wird. Zusätzlich werden die Bereiche "außerhäusliche Aktivitäten" und "Haushaltsführung" berücksichtigt.

Zum Begutachtungstermin sollte man folgende Unterlagen in Kopie bereithalten:

  • Aktuelle Arzt- und Facharztberichte
  • Entlassungsberichte vom Krankenhaus oder der Reha
  • Schwerbehindertenausweis (falls vorhanden)
  • Liste der verwendeten Hilfsmittel (Brille, Hörgerät, Gehstock) und erforderliche Medikamente
  • Pflegedokumentation (bei vorhandenem ambulanten Pflegedienst)
  • Eigene Notizen über Pflegeverlauf und -probleme.

Weitere Tipps für den Begutachtungstermin

Ein Angehöriger oder eine Pflegeperson sollte bei der Begutachtung dabei sein, um Unterstützung zu leisten und wichtige Informationen beizusteuern. Eine vertraute Person kann Halt geben und bei unangenehmen Fragen helfen. Gleichzeitig ist es wichtig, die Pflegesituation ehrlich darzustellen und nicht zu beschönigen oder zu übertreiben. Dabei sollte man den tatsächlichen Pflegebedarf offenlegen und vermeiden, die Situation zu verharmlosen oder zu dramatisieren.