Sicherheit im Straßenverkehr

Helmpflicht beim Fahrrad: Gibt es eine Helmpflicht in Deutschland?

Elias Thiel

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19.9.2024, 08:54 Uhr
Ein Fahrradhelm reduziert die Gefahr von Verletzungen bei einem Unfall. Aber gibt es eine Helmpflicht beim Fahrradfahren?

© IMAGO / Addictive Stock Ein Fahrradhelm reduziert die Gefahr von Verletzungen bei einem Unfall. Aber gibt es eine Helmpflicht beim Fahrradfahren?

In diesem Artikel:

Für manche Fahrradfahrer ist der Helm ein lästiges Accessoire, für andere hingegen ein unverzichtbares Utensil für mehr Sicherheit. Aber was sagt der Gesetzgeber dazu: Ist das Tragen eines Fahrradhelms verpflichtend in Deutschland? Und wie verhält sich die Versicherung, wenn Verletzungen durch einen Helm hätten vermieden werden können? Was spricht für und gegen eine Helmpflicht?

In diesem Artikel gibt es alle Antworten rund um die Helmpflicht beim Fahrradfahren in Deutschland.

Kurz und knapp: Aktuell besteht für Radfahrende keine Helmpflicht in Deutschland. Demnach gibt es kein Gesetz, welches Fahrradfahrer dazu verpflichtet, einen Fahrradhelm zu tragen. Auch im Bußgeldkatalog findet man keinen Eintrag dazu.

Wenn ein Radfahrer ohne Helm in einen Unfall verwickelt wird, wird ihm bei einer Kopfverletzung keine Mitschuld zugeschrieben. Bei sportlich ambitionierten Fahrern (zum Beispiel Rennradfahrer, die mit höherem Tempo unterwegs sind und ein größeres Risiko eingehen) sieht die Sache jedoch anders aus. Dies betrifft speziell Fahrer von Rennrädern auf der Straße oder auch Mountainbikes im Gelände. Für sie wird dringend empfohlen, während ihrer sportlichen Aktivitäten in der Freizeit und bei Wettkämpfen einen Helm zu tragen. Andernfalls könnten sie bei einem Unfall eine Mitschuld haben, was zu einer Kürzung der Schadensersatzansprüche durch die Versicherung führen kann.

E-Bikes, die eine Geschwindigkeit von bis zu 25 Kilometern pro Stunde unterstützen, gelten verkehrsrechtlich als Fahrräder. Daher besteht auch für diese keine Fahrradhelmpflicht. Anders verhält es sich bei S-Pedelecs, die gemäß der Straßenverkehrsordnung nicht als Fahrräder, sondern als Krafträder gelten. Gemäß § 21a Absatz 2 der StVO müssen Fahrer von Krafträdern mit einem Motorantrieb über 20 Kilometer pro Stunde einen Helm tragen.

Tatsächlich gibt es auch keine Helmpflicht für Kinder – weder, wenn die Kleinen selbst in die Pedale treten, noch wenn sie im Fahrradanhänger oder dem Fahrrad-Kindersitz Platz nehmen.

In Deutschland existiert keine Fahrradhelmpflicht, da der Fahrradhelm allein keine Unfälle verhindern kann. Dies wäre demnach ein Eingriff in die Persönlichkeitsrechte und kann daher durch das Gesetz schwerer gerechtfertigt werden. Dazu kommt die Gefahr, dass viele Menschen durch eine Helmpflicht vom Fahrradfahren abgeschreckt werden. Dadurch würde eventuell der Trend zum Fahrradfahren verringert, noch mehr Bewegungsmangel auftreten und Autos vermehrt zum Einsatz kommen.

Dennoch wird eine klare Empfehlung für das Tragen eines Fahrradhelms ausgesprochen. Fahrradhelme können bei Unfällen vor schweren und sogar tödlichen Kopfverletzungen schützen. Dies gilt sowohl für Kinder als auch für Jugendliche und Erwachsene.

Die Debatte über eine Helmpflicht für Fahrradfahrer in Deutschland ist geprägt von verschiedenen Argumenten, sodass es sowohl Befürworter als auch Kritiker für eine solche Regelung gibt.

Vorteile

Befürworter einer Helmpflicht führen an, dass das Tragen eines Fahrradhelms das Risiko schwerer und sogar tödlicher Kopfverletzungen signifikant reduziert. Im Gegensatz zu Autos bieten Fahrräder keine Knautschzone, wodurch Kopfverletzungen besonders gefährlich sein können. Zudem ist das Tragen eines Helms einfach und kann potenziell lebensrettend sein, da er die Sichtbarkeit im Straßenverkehr erhöht.

Nachteile

Auf der anderen Seite argumentieren Gegner einer Helmpflicht, dass sie zu einem starken Rückgang der Fahrradnutzung führen könnte. Sie befürchten auch, dass das Tragen eines Helms zu einem gefährlicheren Fahrverhalten führen könnte, da sich einige Radfahrer durch den vermeintlichen Schutz sicherer fühlen und deshalb unvorsichtiger fahren. Kontrollen zur Durchsetzung einer Helmpflicht wären zudem sehr schwierig umzusetzen und könnten zu einer unnötigen Belastung für die Polizei führen.

Ein weiteres Argument gegen eine Helmpflicht ist der praktische Aspekt. Helme zerstören die Frisur und sind im Sommer unangenehm warm, sodass viele Menschen mitunter auf das Radfahren verzichten würden.

Der ADAC und der ADFC sprechen sich gegen eine Helmpflicht für Radfahrer aus, da sie diese als schwer kontrollierbar und als potenziellen Grund für einen Rückgang der Radnutzung sehen. Sie argumentieren, dass die Überwachung schwierig wäre und die Freiheit beim Fahrradfahren einschränken könnte. Der ADFC betont zudem die möglichen negativen Auswirkungen auf Fahrradverleihsysteme und den öffentlichen Nahverkehr. Stattdessen fordert der ADFC eine bessere Infrastruktur mit mehr Radwegen zur Verbesserung der Sicherheit für Radfahrer.

Obwohl sich einige Experten gegen die Helmpflicht aussprechen, sieht die Meinung in der Bevölkerung anders aus. In einer DEKRA-Umfrage (2022) waren 59 Prozent aller Befragten für eine Helmpflicht.

Laut dem ADAC können aus Verkehrsunfällen resultierende Kopf- und Hirnverletzungen von Fahrradfahrern durch das Tragen eines Helms deutlich weniger schwer ausfallen. Ohne Helm konzentriert sich die Aufprallkraft auf eine kleine Fläche, sodass ein hoher Druck entsteht. Mit Helm hingegen wird die Kraft auf eine größere Fläche verteilt, idealerweise über die gesamte Auflagefläche des Helms. Dies wird anschaulich beim Melonentest demonstriert: Eine ungeschützte Melone zerbricht, sobald sie aus 1,50 Metern fällt. Wenn sie jedoch in einen ausgedienten Fahrradhelm gelegt und richtig befestigt wird, bleibt sie unbeschädigt bei einem Fall aus derselben Höhe.

Untersuchungen zufolge war bei einem Viertel aller Fahrradunfälle der Kopf betroffen, wobei Fahrradhelme 20 Prozent der leichten und 80 Prozent der schweren Kopfverletzungen verhindern konnten. Dies wird auch durch eine Vielzahl an Crashversuchen bestätigt. Demnach vermindern richtig getragene Fahrradhelme das Risiko schwerer Kopfverletzungen bei einem Unfall. Auch die ADAC-Unfallforschung kommt zu dem Ergebnis, dass Fahrradhelme bei Stürzen effektiv vor vielen Kopfverletzungen schützen. Selbst ein schlechter Helm kann Leben retten, sofern er richtig getragen wird.

Weitere Tipps für Fahrradfahrer und Fahrradfahrerinnen:

In Deutschland hat das Tragen eines Fahrradhelms rechtlich keine Auswirkungen auf die Schuldfrage oder die Versicherungsansprüche nach einem Unfall. Entscheidend sind jedoch andere Faktoren wie beispielsweise Alkoholkonsum, das Tragen von Kopfhörern, das Fahren auf der falschen Fahrbahnseite, das Fehlen von Beleuchtung bei Dämmerung und Dunkelheit sowie das Vergessen von Abbiegehinweisen. Je nachdem, wie stark diese Faktoren den Unfall beeinflusst haben, könnten sie von der gegnerischen Versicherung gegen den Radfahrer verwendet werden. Dies kann sowohl bei Haftpflichtversicherungen als auch bei der eigenen Unfallversicherung Einfluss auf die Regulierung und die Höhe möglicher Leistungen haben.

Wie bereits klargestellt, gibt es keine Helmpflicht in Deutschland. Aber wie sieht es in anderen Ländern aus?

Nur in wenigen Ländern weltweit besteht eine Helmpflicht für Radfahrer jeden Alters, die auch aktiv kontrolliert wird. Zwischen 1990 und 1992 führten alle Bundesstaaten und Territorien in Australien eine Helmpflicht für Radfahrer ein. Studien zeigen einen deutlichen Rückgang der tödlichen Unfälle von Radfahrern nach Einführung der Pflicht.

Eine generelle Helmpflicht für alle existiert derzeit europaweit nur in Malta und Finnland. In Spanien und der Slowakei beispielsweise gilt diese Pflicht außerhalb geschlossener Ortschaften für alle Fahrradfahrer. In anderen Ländern wie Österreich, Kroatien, Tschechien und Schweden müssen grundsätzlich Kinder und Jugendliche einen Fahrradhelm tragen, wobei die genaue Altersgrenze je nach Land variiert.

Auch die Regelungen für Pedelecs variieren stark in den europäischen Ländern. Jedes Land hat unterschiedliche Vorschriften bezüglich der Art der Unterstützung und der spezifischen Leistungsgrenzen. In vielen europäischen Ländern besteht eine Helmpflicht für die Nutzung von S-Pedelecs. Dabei ist jedoch wichtig, dass in einigen Ländern ein handelsüblicher Fahrradhelm nicht ausreicht. Zum Beispiel verlangen Italien und Frankreich, dass bei der Nutzung von S-Pedelecs ein Motorradhelm getragen werden muss. Für E-Bikes bis 25 km/h gilt in den meisten Nachbarländern keine generelle Helmpflicht. Ausnahmen sind unter anderem Kroatien und Spanien, wo jedoch nur Kinder und Jugendliche bis 16 Jahren zum Tragen eines Helms verpflichtet sind.