Erlanger Max-Planck-Institut genießt Weltruf
4.7.2019, 15:00 UhrBei deren Untersuchung zeigen sich Wechselwirkungen zwischen Licht und Materie, die den Wissenschaftlern bisher nicht zugänglich waren. Die Fertigkeiten, die dabei entwickelt werden, könnten etwa die Telekommunikation vereinfachen oder kompaktere Datenspeicher ermöglichen. Vahid Sandoghdar: "Die weiterführenden Kenntnisse bereiten die Gesellschaft auf eine Vielfalt von Technologien vor – wie Quantentechnologie, ultrahochauflösende Bildgebung und optische Technologien für Diagnostik."
Bis allerdings das MPI in die eigenen Räume auf dem Erlanger Südgelände einziehen konnte, vergingen knapp acht Jahre. Vorausgegangen war ein jahrelanger Streit – angezettelt von der Bürgerinitiative "Rettet unseren Exerzierplatz", der "Grünen Liste", dem Bund Naturschutz und dem Landesbund für Vogelschutz. Sie hatten 2400 Unterschriften gesammelt, um den Bau zu verhindern.
Ihr Argument: Das Projekt bedrohe das, beispielhaft genannte, Refugium der blauflügeligen Ödlandschrecke – ein Fluginsekt aus der Familie der Feldheuschrecken – und verbrauche Land in einem Naherholungsgebiet. Die Gegner des Projekts engagierten sich bei Fackelzügen sowie Freiluft-Gottesdiensten und sammelten Unterschriften, um die – so ein Leserbriefschreiber in den EN – "in Bayern einzigartige, als Trockenbiotop ausgewiesene Landschaft" zu retten.
Schließlich stimmte der Stadtrat mit 40:9 aus den Fraktionen der CSU, SPD und FDP für den Neubau auf dem vorgesehenen Gelände an der Staudtstraße in Reichweite eines Naturschutzgebietes – munitioniert auch durch eine Online-Abstimmung in den EN, bei der sich 56 Prozent für den MPI-Neubau ausgesprochen hatten. Hätte der Stadtrat Nein gesagt, dann hätte – so Prof. Gerd Leuchs, einer der langjährigen Direktoren – die Max-Planck-Gesellschaft ihre bisherige Entscheidung für Erlangen "überdenken" müssen.
Ein neuer Standort würde ein erneutes jahrelanges Bewilligungsverfahren nach sich ziehen, was wiederum den Zeitrahmen für eine Neubauplanung sprengen würde. Eine "Katastrophe für das wissenschaftliche Renommee Erlangens" – die der damalige Oberbürgermeister Siegfried Balleis im Vorfeld beschworen hatte – sowie ein "Schildbürgerstreich" (Innenminister Joachim Herrmann) waren abgewendet.
Dabei weist die Optik an der FAU eine lange Tradition auf. Schon 1868 war mit Eugen Lommel ein Wissenschaftler mit diesem Schwerpunkt berufen worden. In den 1970er Jahren wurde ein Physik-Lehrstuhl für Optik unter Prof. Adolf Lohmann geschaffen, und in der Technischen Fakultät gewann die Laserforschung und ihre Anwendung zunehmend an Bedeutung.
So entstand 2003 die Max-Planck-Forschungsgruppe für Optik, Information und Photonik, von der FAU betrieben und gemeinsam von der Max-Planck-Gesellschaft und dem Freistaat finanziert. Sie mündete schließlich in das MPI für die Physik des Lichts.
Für den im Oktober 2016 eingeweihten, architektonisch eindrucksvoll gestalteten Neubau mit einer Nutzfläche von rund 9300 Quadratmetern hat der Freistaat 66,5 Millionen Euro an Fördermitteln bereitgestellt. Insgesamt wurden 69 Millionen investiert.
Im "Leuchtturmprojekt für Franken" arbeiten 350 Wissenschaftler in fünf unabhängigen Forschungsabteilungen unter der Leitung von weltweit anerkannten Kapazitäten – den Professoren Philip Russell (Photonik und neue Materialien), Vahid Sandoghdar (Nano-Optik, Plasmonik und Biophotonik), Florian Marquardt (Thorie) und Jochen Guck (Biologische Optomechanik). Prof. Gerd Leuchs, bis April 2019 Direktor für Optik und Information, ist inzwischen emeritiert.
Für das wissenschaftliche Spitzenquartett ist die unmittelbare Nähe zum Departement Physik der Naturwissenschaftlichen Fakultät der Friedrich-Alexander-Universität ein entscheidender Faktor für den Standort. Die jüngste Initiative, "QuNET" genannt, lässt im Kampf gegen "Hacker" aufhorchen: Das MPI soll im Auftrag der Bundesregierung und gemeinsam mit der Fraunhofer-Gesellschaft in Jena und Berlin sowie dem Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt ein praxistaugliches Kommunikationsnetz für die Quantenkryptografie entwickeln, damit – zunächst – Bundesbehörden ihre Daten sicher austauschen können.
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Die Ansiedlung des ersten nordbayerischen MPI trägt weiter Früchte. So sind im Haushalt des Freistaats nochmals 60 Millionen Euro für ein zusammen mit der FAU und dem Universitätsklinikum betriebenes Max-Planck-Zentrum für Physik und Medizin bereitgestellt worden, das neben dem Translational Research Center des Erlanger Universitätsklinikums im Schwabachgrund angesiedelt sein soll.
Personell sind hier bereits die Weichen im Oktober 2018 gestellt worden – mit der Verpflichtung von Prof. Jochen Guck, zuvor leitender Direktor des Biotechnologiezentrums der TU Dresden. Guck (Jahrgang 1973) hat in Würzburg studiert, an der Universität von Texas in Austin promoviert und an der Universität in Cambridge/Großbritannien gearbeitet, bevor er nach Dresden wechselte. 2012 erhielt Guck die Alexander-von-Humboldt-Professur. Er gilt als einer der international innovativsten Forscher auf dem Gebiet der Biophysik an der Schnittstelle zur Biologie und Biomedizin.
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