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Europaweite Befragung zu Gesundheit, Altern und Ruhestand
Nürnberg
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Regelmäßiger Sport, soziale Kontakte, ehrenamtliches Engagement und Zahlenrätsel (Sudoku) - all das hilft zu einem erfüllten Leben und Alltag auch in fortgeschrittenem Alter. Und es hilft, sich frühzeitig und gründlich mit dem Thema "Rente" zu beschäftigen. Was viele ahnen und wissen, bestätigen europaweite Studien.
15 Jahre lebte der Sozialwissenschaftler Dr. Arne Bethmann (40) in Nürnberg. Nach seinem Studium an der Fakultät für Wirtschafts- und Sozialwissenschaften (WiSo) der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg arbeitete er zunächst am Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung, wo er auch seine Doktorarbeit schrieb. Nun ist der Experte für sozialwissenschaftliche Methoden an der Technischen Universität München und am Munich Center for the Economics of Aging (MEA) des Max-Planck-Instituts für Sozialrecht und Sozialpolitik tätig.
Dort ist er gemeinsam mit seinen Kollegen für die europaweite Befragung "Share" (Survey of Health, Ageing and Retirement in Europe, zu Deutsch "Umfrage zu Gesundheit, Altern und Ruhestand in Europa") zuständig. Die europaweite Befragung in 28 Ländern – darunter sind 26 EU-Staaten sowie die Schweiz und Israel – gibt es seit 2004 und wurde von Prof. Dr. h.c. Axel Börsch-Supan ins Leben gerufen. Börsch-Supan beriet unter anderem als Mitglied der Rentenkommission die Bundesregierung zur Zukunft der Rente in Deutschland. Dazu nutzte er auch Daten aus "Share".
Bethmann kümmert sich bei "Share" um die deutschen Daten und ist für die wissenschaftlich korrekte Ziehung von repräsentativen Stichproben in allen beteiligten Ländern zuständig. Er berät dabei die Länder-Teams bei der Zufallsauswahl der Personen, die später befragt werden: "Das ist von Land zu Land sehr unterschiedlich. In Deutschland fragen wir die Einwohnermeldeämter in den Kommunen ab; im ländlichen Rumänien gibt es zum Teil nicht einmal Postadressen, in Frankreich existieren zwar Register, aber da sind wir oft mit hoher Bürokratie konfrontiert, in der Schweiz ist es dafür sehr leicht an Daten zu kommen", erklärt Bethmann.
Neben Fragebögen (normalerweise persönliche, seit Corona aber auch Telefoninterviews) kommen vor allem für die gesundheitlichen Aspekte auch "objektive Messinstrumente" zum Einsatz: So gibt es einen Handkrafttest und einen Beschleunigungsmesser, mit dem die Fitness der Befragten objektiv festgestellt werden kann. Die Teilnahme ist freiwillig, anonym; die Auswahl erfolgt durch Zufall.
Seit 2004 wurden durch die repräsentative Erhebung rund insgesamt 140.000 Menschen befragt. Da es sich um eine Langzeitstudie handelt, wurden viele TeilnehmerInnen in mehreren "Wellen" befragt. Auf diese Weise ist es bislang zu rund 380 000 Interviews insgesamt gekommen. Befragt werden hauptsächlich Menschen über 50, aber auch jüngere PartnerInnen. Der bislang älteste Teilnehmer ist 106 Jahre alt.
Die Daten werden derzeit von rund 11 500 ForscherInnen auf der ganzen Welt genutzt; bislang erschienen rund 2900 Publikationen auf Basis der "Share"-Daten. „Ich kenne weltweit keine vergleichbare sozialwissenschaftliche Datenerhebung mit derartig vielfältigen Daten aus unterschiedlichsten Ländern“, zeigt sich Bethmann begeistert von „Share“. Neben internationalen Universitäten und Forschungsinstituten werden die Daten von der EU, der WHO, der OECD und diversen Behörden in den beteiligten Ländern zur Politikberatung genutzt.
Die Studie wird unter anderem vom Bundesministerium für Bildung und Forschung, der Deutschen Forschungsgemeinschaft DFG und der Europäischen Kommission gefördert. Für Deutschland hat Nina Ruge seit 2016 die Schirmherrschaft übernommen.
Inhaltlich greift "Share" die Frage nach der demographischen Entwicklung in Europa auf: Wie geht es den Menschen ab 50? Die ForscherInnen fragen etwa nach der Gesundheit: Welche Krankheiten liegen vor? Wie sieht‘s mit der Pflege aus? Gibt es Anzeichen für Demenz und mögliche Faktoren, um eine Demenzerkrankung frühzeitig zu erkennen? Wie ist die finanzielle Situation der Befragten? Wie sind die Menschen in soziale Netzwerke (Freunde, Familie) eingebettet?
Bethmann und seine KollegInnen sind sich sicher: Mit der Befragung können Entwicklungen beschrieben, Empfehlungen abgegeben werden; - und die Politik kann mit den Erkenntnissen auf die Herausforderungen der immer älter werdenden Bevölkerung in Europa reagieren. Die wichtigsten „Share“-Ergebnisse, zusammengefasst aus zahlreichen Studien:
In südlichen Ländern haben die Großeltern noch mehr Kontakt zu den Enkeln als in nördlichen Ländern.
Dafür ist in nördlichen Ländern mehr ehrenamtliches Engagement der Ü50-Jährigen festzustellen als in südlichen Ländern.
Früh in Rente zu gehen ist häufig nicht so gut für die Gesundheit und die kognitiven Fähigkeiten, auch, weil dann soziale Kontakte abnehmen. Wer hingegen neue soziale Kontakte pflegt und sich beispielsweise ehrenamtlich engagiert, kann dies wieder ausgleichen.
Mit dem Lösen von Sudokus (Zahlenrätseln) kann man sich auch im hohen Altern geistig fit halten.
Eine gute Bildung von Kindern kann Benachteiligungen im Alter ausgleichen, die ökonomische Situation verbessern und für mehr Gesundheit sorgen.
Soziale Netzwerke tragen zu mehr Lebenszufriedenheit und Gesundheit bei, dabei ist nicht so entscheidend, ob die (positiven) Kontakte durch die Familie oder den Freundeskreis bestehen.
Das Thema Rente wird von vielen Befragten unterschätzt. Insbesondere in Deutschland empfehlen die Forscher, sich frühzeitig mit dem Thema Rente (Rentenpunkte, Rentenhöhe) auseinanderzusetzen und möglicherweise privat vorzusorgen.