Critical Mass: OB König kritisiert Vorgehen der Polizei
4.8.2020, 17:21 UhrOberbürgermeister Marcus König (CSU) findet es "nicht in Ordnung", dass Polizeibeamte elf Akteuren des Radler-Bündnisses "Critical Mass" die Luft aus den Reifen gelassen haben. "Diesen Stil muss die Polizei nun aufarbeiten", so das Stadtoberhaupt auf Anfrage. König vermutet, dass die Führungsebene der Polizei von der Aktion nichts wusste. Die Aktion sei kontraproduktiv gewesen. Seine Hand bleibe weiter ausgestreckt, so der OB.
Radler-Demo "Critical Mass" gestoppt: Ließ Polizei Luft aus den Reifen?
Wie berichtet, hatten sich 150 Fahrradfahrer und -fahrerinnen am vergangenen Freitag vom Opernhaus aus auf den Weg gemacht, obwohl das Ordnungsamt verlangt hatte, die Tour wie eine Demonstration anzumelden, einen Versammlungsleiter zu benennen und die Route mitzuteilen. Da dies nicht geschah, stoppte die Polizei eine kleinere Radler-Gruppe. Elf Teilnehmer hatten danach platte Reifen. Eine "ungewöhnliche Maßnahme" gegen "uneinsichtige Betroffene", so erklärte das die Pressestelle der Polizei hinterher.
Stadt setzt auf Konfrontation
Ein Vorgehen, das nicht nur beim Oberbürgermeister, den Nürnberger Grünen und in den sozialen Medien auf viel Kritik stieß. Es macht auch Nasser Ahmed, den verkehrspolitischen Sprecher der SPD, "völlig fassungslos". Die Stadt setze im Umgang mit der "Critical Mass" leider auf Konfrontation, so die Rathaus-SPD. In einer Stellungnahme fordert Nasser von der Polizei, auf die Verhältnismäßigkeit ihrer Einsätze zu achten. Filmmaterial vom kritisierten Einsatz an der Münchener Straße lasse daran Zweifel aufkommen.
Es habe immer schon Diskussionen gegeben, weil "Critical Mass" sich nicht als Demonstration versteht und sich standhaft weigert, den allmonatlichen Rad-Korso vom Ordnungsamt genehmigen zu lassen, so OB König: "Es kann aber keine Lex Critical Mass geben." Alle anderen müssten ihre Demonstrationen vorher anmelden, "wieso dann nicht CM?". Es gelte gleiches Recht für alle.
OB König unterstützt Critical Mass-Anliegen
Unter Corona-Bedingungen müsse die Kommune derzeit eine Menge Demonstrationen koordinieren. Es gehe um die Sicherheit aller Beteiligten, die Stadt würde die Radtour durch Nürnberg gerne begleiten und dafür Straßen sperren. König, der vor einigen Jahren selbst bei einer CM-Tour dabei war, unterschreibt die Anliegen des Rad-Bündnisses durchaus. Wenn es für die Zukunft eine friedliche Lösung gebe, sei er gerne wieder einmal mit dabei.
Ärger um "Critical Mass": War der Polizeieinsatz rechtmäßig?
Auch die SPD teilt die Ziele der "Critical Mass" (CM), die sich für die Rechte der Radfahrer einsetzt und ihre monatlichen Ausfahrten seit Jahren unbehelligt und immer ohne förmliche Genehmigung unternehmen konnte. Diese pragmatische Linie habe die SPD immer unterstützt, betont Stadtrat Nasser Ahmed. Doch angesichts der Corona-Pandemie sei eine solche Linie offenbar noch nicht gefunden worden. Gleichzeitig könne die SPD die Motive von Ordnungsamt und Polizei nachvollziehen, die die rechtlichen Auflagen einer Demo durchsetzen wollten.
Die Sozialdemokraten sehen "die Gefahr, dass während der Corona-Pandemie "der gute Kompromiss, der unter Ulrich Maly zwischen Stadt, Polizei und CM gefunden wurde, aufgekündigt wird".
ADFC fordert Dialog
Kritik kommt auch vom Allgemeinen Deutschen Fahrrad-Club Nürnberg (ADFC). Das Eingreifen der Polizei habe nichts mit der Einhaltung von Abstandsregeln zu tun, so ADFC-Vorsitzender Markus Stipp in einer Presseerklärung. Es werde versucht, "die Corona-Krise zur Durchsetzung schon länger verfolgter Ziele zu nutzen". Die Stadt müsse die "Critical Mass"-Touren wieder wie bis zum Februar dieses Jahres handhaben — also auf eine Anmeldung als Demo verzichten und rasch in einen Dialog mit den Fahrradverbänden treten.
Mehrere Betroffene der Polizeiaktion betonen nach wie vor, sie hätten weder rote Ampeln missachtet, noch seien sie mit dem Rad rücksichtslos unterwegs gewesen. Genau damit hatte die Polizei ihren Griff zu den Fahrradventilen begründet.
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