Integratiospaten: Starthelfer in eine neue Welt
28.11.2015, 08:04 UhrEs sind scheinbar einfache Dinge. Sie gehen in die Stadtbücherei und lesen zusammen ein Buch. Oder machen einen Bummel durch die Stadt. Oder backen zusammen einen Kuchen. Und dabei sprechen sie deutsch. Für die Kinder ist das eine große Chance, ihre Deutschkenntnisse zu verbessern. Und für die Integrationspaten eine wunderbare Erfahrung, schon in kurzer Zeit echte Fortschritte zu sehen.
Integration: Das ist die Herausforderung der kommenden Jahre. Nicht nur wegen des aktuellen Flüchtlingsstroms. Einen kleinen, für die jeweiligen Kinder aber sehr großen Beitrag leistet ein neues Projekt. Seit Frühjahr gibt es in Schwabach die „Integrationspaten“. Die Idee: Ehrenamtliche Erwachsene unterstützen jeweils ein „Patenkind“.
Träger ist das evangelische Familienzentrum „Matze“ im Eichwasen. Mit 5000 Euro gefördert — und damit erst ermöglicht — wird das Projekt von der „Integrations-Stiftung Schwabach“. „Das ist ein vorbildliches Projekt“, sagt Richard Schwager. Schwabachs ehemaliger Stadtkämmerer ist Vorsitzender des Stiftungsbeirats.
Was sie motiviert? „Als junger Mensch war ich selbst im Ausland“, denkt Ulrike Nöth an ihre Zeit in Frankreich zurück. „Da habe ich gemerkt, was es heißt, Ausländer zu sein. Ich weiß, wie das ist. Das war ein prägendes Erlebnis.“ Deshalb will sie jungen Menschen in ähnlicher Situation ein wenig Hilfestellung geben.
„Einfach etwas Sinnvolles tun.“ Das ist auch für Wolfgang Hünert der Antrieb. Bekannt geworden ist er in Schwabach als „Bio-Pionier“ mit seinen Naturkostladen. „Im Ruhestand habe ich jetzt ja auch Zeit.“
Ulrike Nöth und Wolfgang Hünert sind zwei der acht ersten „Integrationspaten“, die das „Matze“ in März ausgebildet hat. Mittlerweile ist im Oktober eine zweite Gruppe mit sechs Paten gestartet. „Eine dritte soll im Januar beginnen“, erklärt Nina Eckert-Friesen vom Matze, die die Gruppen leitet und die Paten ausbildet. „Da sind noch einige Plätze frei“, ergänzt Matze-Leiterin Marita Heiß-Hertle.
Wichtige Unterstützung erfährt das Matze von der Christian-Maar-Grundschule. „Der Bedarf ist da — absolut“, sagt Rektorin Angelika Sczepannek. Das Matze schlägt die Paten vor, die Rektorin die Schüler. In der Schule trifft man sich zu einem ersten Gespräch — selbstverständlich mit den Eltern, die für die Unterstützung dankbar sind. So haben sich auch Ulrike Noeth und die zehnjähige Jennifer sowie Wolfgang Hühnert und Dawid zum ersten Mal gesehen. Jennifer und Dawid sind zehn Jahre jung, besuchen die dritte Jahrgangsstufe. Jennifer stammt aus der Dominikanischen Republik und ist erst seit einem Jahr in Deutschland. Ihre Mutter hat einen Schwabacher geheiratet.
Dawid ist dagegen schon in Schwabach geboren. Seine Familie ist aus dem Irak geflüchtet, mittlerweile rechtlich anerkannt, darf also bleiben. Der Vater hat Arbeit. Wichtige Erfolge im neuen Land. Doch ein Problem ist geblieben: die Sprache. „In Mathe hat er eine glatte eins, da ist er Spitze“, sagt Wolfgang Hünert. „Aber sein Deutsch ist noch nicht perfekt.“ Beim Pressegespräch war Dawid leider kurzfristig verhindert, umso begeisterter schildert ihn sein Pate: „Ich habe noch selten einen so wohlerzogenen Jungen erlebt.“
Auch Jennifer ist ausgesprochen höflich. Es gehe ihr gut in Schwabach, in der Schule komme sie mit, auch mit ihren Freundinnen verstehe sie sich gut, erzählt sie in einem bereits erstaunlich guten Deutsch. Und Ulrike Nöth, eine gelernte Fremdsprachenkorrespondentin, möchte, dass es noch viel besser wird.
„Wir sind aber keine Nachhilfelehrer und wollen das auch nicht sein“, betont sie. „Die Kinder sollen eher nebenbei, ganz spielerisch ihr Deutsch verbessern“, sagt Wolfgang Hünert. „Beim Kuchenbacken lernt man viele neue Wörter.“ Die nächste Verabredung steht bereits. Bei Wolfgang Hünert in der Küche.
Familienzentrum Matze, Telefon 87 23 93.
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