"Alles piano"

Die Ruhe in Person: Warum Klose genau der richtige Trainer für den Club ist

Alicia Kohl

Redakteurin

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21.1.2025, 05:00 Uhr
Miroslav Klose ist genau der Richtige für den Club.

© Sportfoto Zink / Daniel Marr Miroslav Klose ist genau der Richtige für den Club.

Der Club ist ein Verein der Emotionen. Der ganz großen Emotionen. Zwei, drei Siege lassen gern mal die Rufe nach dem Aufstieg, nach früheren Meisterschaftszeiten, nach der Champions League laut werden. Alles scheint dann möglich, die Fußballsterne sind dann zum Greifen nahe. Der ganze Verein, die ganze Stadt bebt vor Euphorie. Nach zwei, drei Niederlagen dagegen herrscht sofort Weltuntergangsstimmung, der Abstieg in die 3. Liga ruft und damit natürlich das Ende des Vereins an sich. Nichts kann den Club dann noch retten.

Nicht nur die Fans, auch die Spieler lassen sich gern von diesen überwältigenden Stimmungen anstecken. Der Rückrundenstart des FCN am Sonntagnachmittag gegen Karlsruhe ist da keine Ausnahme. In der 91. Minute hat Joker Florian Flick das Team von Miroslav Klose nach einem insgesamt überzeugenden und vor allem dominierenden Auftritt gegen den Tabellenzweiten aus Karlsruhe noch zum Sieg geschossen. Ein guter Start, keine Frage.

Für manche aber so gut, dass sie schon wieder den Blick nach oben wagen. Dabei hat vor der Winterpause nur der knappe Sieg gegen Braunschweig den Club davor bewahrt, mitten drin zu sein im gefürchteten Abstiegskampf der 2. Bundesliga, mit dem der Club eigentlich so gar nichts zu tun haben will, sich in den letzten Jahren aber doch immer wieder damit beschäftigen musste.

Torschütze Flick sagt nach dem Spiel gegen Karlsruhe, dass es ein guter Auftakt war, "dass der Weg weiter nach oben geht". Julian Justvan lehnt sich noch ein bisschen weiter aus dem Fenster: "Um oben mitschnuppern zu dürfen, müssen wir vor allem die oben schlagen." Dafür sei gegen den KSC der erste Schritt getan worden. "Klar ist, dass wir nicht um den Abstieg spielen wollen. Wir wollen den Blick schon nach vorne richten", sagt er. Man habe am Sonntag schließlich gesehen, welche Qualität die Mannschaft habe. "Wir wollen den Anschluss nach oben halten."

"Ich weiß, wo die Spieler hinwollen"

Sein Trainer sieht das allerdings etwas anders. "Ihm werde ich die Nase schon stopfen", sagt Klose, als er in der Pressekonferenz auf Justvans Aussagen angesprochen wird. Mit Schnuppern habe das nichts zu tun. "Ich weiß, wo die Spieler hinwollen, dass die da hoch wollen. Und ich will das irgendwann auch. Aber alles piano." Das müsse gesund wachsen, das sei der entscheidende Punkt. "Ich bin der richtige Trainer, um die alle von da oben wieder runterzuholen."

Und das könnte genau der Punkt sein. Klose ist eine unaufgeregte Person, er strahlt Ruhe und Gelassenheit aus. Manchen Club-Fans mag er vielleicht zu ruhig sein. Aber Klose lässt sich nicht anstecken von der Aufregung um ihn herum, ob negative oder positive.

Miroslav Klose hat Nürnberg noch nicht mal erreicht, da haben Leute schon gezweifelt. Bei Altach ist seine Zeit als Trainer schließlich nicht unbedingt von Erfolg gekrönt gewesen. Als die ersten Spieltage der Saison durchwachsen waren, wurde schon wieder sein Abgang gehandelt. Bei der Historie des FCN bezüglich Konstanz auf der Trainerposition war das kein unrealistisches Szenario. Doch der Club hat Klose eine Chance gegeben. Und er hat sich nicht aus der Ruhe bringen lassen. Er hat betont, dass diese neu zusammengewürfelte, junge Mannschaft ihre Zeit braucht, und hat weiter gemacht. Jetzt nach dem ersten Sieg in der Rückrunde hält er den Ball flach.

Keine übertriebenen Emotionen

Miroslav Klose mag auf Pressekonferenzen, in Interviews und am Spielfeldrand manchmal etwas zurückhaltend wirken, ruhig, vielleicht sogar emotionslos. Er ist nicht der typische tobende Trainer, der wild herumfuchtelt, Spieler anschreit und auf Fragen pampig oder wütend antwortet.

Und vielleicht ist es genau das, was der Club mit seinem ständigem Auf und Ab, seinen vielen Trainerwechseln und seinen endlosen Stimmungsschwankungen braucht. Einen Trainer, der nicht aufspringt auf den Zug der übertriebenen Euphorie oder den des ausgeprägten Pessimismus. Einen Trainer, der weiß, welche Möglichkeiten er hat, was seine Spieler können, wer sie sind und was sie brauchen. Der bei sich und seinem Team bleibt und weiß, was realistisch ist.

"Für den Kopf ist dieser Sieg unglaublich wichtig", sagt Klose nach dem Spiel gegen Karlsruhe. "Aber jetzt müssen wir auf Schalke nachlegen. Sonst haben wir nach zwei Spielen genauso viele Punkte wie in der Hinrunde, nur dass wir da gegen Karlsruhe verloren und gegen Schalke gewonnen haben." Und er sagt auch, wenn Flick nicht noch das 2:1 gemacht hätte, wäre die Stimmung eine ganze andere gewesen. Dann hätte es geheißen, dass es zu wenig war, zu inkonsequent.

"Jetzt gilt es, den Schwung mitzunehmen. Es muss uns Kraft geben, wie wir die Dinge gelöst haben und in entscheidenden Momenten da waren", sagt Klose. "Aber das nächste Spiel geht bei 0:0 los." Und alle danach eben auch. Egal, ob die Partie davor verloren gegangen ist oder gewonnen wurde, egal, ob der Club das Spiel der Saison gemacht oder grauenvollen Fußball gespielt hat. Denn gewisse Schwankungen sind normal im Fußball - und beim Club sowieso. Und dafür braucht es jemanden, der alle wieder zurück auf den Boden holt und auf das verweist, was gerade wichtig und was realistisch ist. Jemanden, der die Balance im Auge behält, der auf ein stetiges, organisches Wachstum Acht gibt und nicht auf einen plötzlichen, aber nicht nachhaltigen Schub drängt. Dafür braucht es Miroslav Klose.

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