Duell am Sonntag

Junge „Außenseiter“ gegen erfahrene „Favoriten“: Das wird für den Club in Hannover wichtig

Sara Denndorf

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28.9.2024, 10:45 Uhr
Zwei Youngsters im Duell: Nicolò Tresoldi spielt in einem der ältesten und routiniertesten Teams der 2. Bundesliga, Jens Castrop in einem der jüngsten.

© Sportfoto Zink / Daniel Marr Zwei Youngsters im Duell: Nicolò Tresoldi spielt in einem der ältesten und routiniertesten Teams der 2. Bundesliga, Jens Castrop in einem der jüngsten.

Die Rollen sind klar verteilt – zumindest nach der Einschätzung von Nürnbergs Cheftrainer Miroslav Klose. Der 46-Jährige bezeichnete den kommenden Gegner aus Hannover als "klaren Favoriten" und seine fränkische Truppe als "Außenseiter".

Die Ausgangslage

Eine ähnliche Einordnung lässt auch ein Blick auf die Tabelle zu: Hannover 96 rangiert mit zehn Punkten aus sechs Spielen auf dem sechsten Platz und damit – natürlich noch zu einem frühen Zeitpunkt in der Saison – im Dunstkreis der Aufstiegszone. Beim Club indes muss man den Blick dieser Tage eher nach unten richten: Nach zwei Siegen, einem Remis und drei Niederlagen steht der ruhmreiche Altmeister auf dem elften Tabellenplatz. Demnach gilt es in der Noris vielmehr aufzupassen, nicht in Abstiegsgefahr zu geraten.

In Fankreisen und in den sozialen Medien wurden jedenfalls nach der 0:2-Niederlage gegen Hertha BSC und Ex-Trainer Cristian Fiél die Forderungen nach einer abermaligen Trainerentlassung laut. Sportvorstand Joti Chatzialexiou schob dem Thema einen Riegel vor.

Das Personal

Beim Unterfangen, als fränkischer Underdog den niedersächsischen Favoriten zu stürzen und damit den Club temporär wieder in sicherere Gefilde zu führen, muss Miroslav Klose womöglich auf mehrere Offensivkräfte verzichten. Dustin Forkel fehlt aufgrund einer Reizung im Kniegelenk sicher. Bei Benjamin Goller und Taylan Duman entscheidet sich erst nach dem Abschlusstraining, ob sie einsatzfähig wären. Aber: Es gibt auch positive Personal-Nachrichten vom Valznerweiher zu vermelden. Sturm-Hoffnungsträger Mahir Emreli ist laut seinem Cheftrainer "eine Option für die Startelf". Erst vergangene Woche absolvierte der Aserbaidschaner nach Einwechslung überhaupt erst sein erstes Pflichtspiel für den Club, das Startelf-Debüt könnte nun folgen.

Der Gegner

Ja, man kann von einem "Außenseiter" und einem "Favoriten" sprechen – diese Einschätzung stützt sich aber allein auf die Tabellensituation. Blickt man indes auf die Kader beider Teams, so lässt sich ganz und gar keine "David gegen Goliath"-Konstellation erkennen, im Gegenteil: Hinsichtlich des Marktwerts rangieren der 1. FC Nürnberg (29,03 Millionen Euro) und Hannover 96 (28,98 Millionen Euro) laut "transfermarkt.de" nahezu auf einem Level.

Dennoch sind die Kader gänzlich unterschiedlich strukturiert: Hannover, das in dieser Saison bereits dreimal mit einer Startelf auflief, deren Spieler im Durchschnitt mindestens 28 Jahre alt war, zählt zu den erfahrensten Mannschaften der 2. Bundesliga. So blickt beispielsweise Marcel Halstenberg auf zwei DFB-Pokal-Siege und eine Erfahrung aus 300 Einsätzen in der Bundesliga, der Zweiten Liga und der Champions League zurück.

Zu den jüngeren Kräften zählt unter anderem Nicolò Tresoldi: Der 20-Jährige geht in seine zweite Saison als Stammkraft bei den 96ern und gilt als vielversprechendes Sturm-Juwel. Großen Anteil an seiner Entwicklung hat ausgerechnet ein Nürnberger: Joti Chatzialexiou, der vor seinem Engagement am Valznerweiher für den Deutschen Fußball-Bund arbeitete, gilt als Entdecker und Förderer des derzeitigen U21-Nationalspielers: "Ich habe ihn damals beim A-Jugendspiel von Hannover 96 gegen den Hamburger SV erstmals gesehen. Und da ist er mir gleich positiv aufgefallen", erzählte der FCN-Sportvorstand der "Bild".

Noch im selben Jahr, also 2022, überzeugten die DFB-Verantwortlichen den Deutsch-Italiener vom DFB-Weg – seither ist er fester Bestandteil der deutschen U21-Auswahl, traf in fünf Spielen insgesamt dreimal. Am Sonntag aber hofft Chatzialexiou auf Ladehemmung beim jungen Angreifer: "Nicolò ist ein großes Sturm-Talent, bringt alles mit. Aber ich hoffe, dass er erst nach dem Spiel gegen uns wieder Tore erzielt."

Der Spieler im Fokus

Nicht nur zwischen "Chatzi" und Tresoldi kommt es am Sonntag zum Wiedersehen zweier alter Bekannter, sondern auch zwischen Miroslav Klose und 96-Keeper Ron-Robert Zieler. Beide standen bei der Weltmeisterschaft 2014 in Brasilien im DFB-Kader und holten sich letztlich den Titel, wenngleich Deutschlands Rekordtorjäger Klose in diesem Turnier deutlich mehr Aktien hat als der Torwart der "Roten". Zieler verbuchte keinen einzigen Pflichtspieleinsatz mit dem Adler auf dem Trikot, gehörte aber dem Kader an und darf sich somit rechtmäßig als "Weltmeister" bezeichnen.

Eine weitaus größere Rolle spielt der 35-Jährige bei Hannover 96: Für die Niedersachsen spielt der gebürtige Kölner mit mehreren Unterbrechungen insgesamt über zehn Jahre – diverse Intermezzi in der Domstadt, Stuttgart und Leicester City ausgerechnet. In der aktuellen Saison präsentiert sich der Torwart-Routinier in Topform, zählt laut "kicker"-Noten zu den stärksten Spielern der Liga und hat großen Anteil an der defensiven Stabilität der Hannoveraner. So kassierte nur Spitzenreiter Düsseldorf bislang weniger Gegentore als die Mannschaft von Cheftrainer Stefan Leitl (vier Gegentore). Zudem blieb Zieler bislang in drei von sechs Partien gänzlich ohne Gegentreffer.

Die Zahl zum Spiel

Auch deshalb gelten die "Roten" als Minimalisten der Liga. In allen sechs Spielen mit Beteiligung der Niedersachsen fielen erst insgesamt elf Treffer – kein anderer Zweitligist weist torärmere Spiele in der laufenden Saison auf. Angesichts der starken Defensive kann es sich die Leitl-Elf leisten, bislang erst sieben Tore selbst erzielt zu haben – nur Abstiegskandidaten wie Ulm, Regensburg oder Braunschweig feierten noch seltener einen Torerfolg.

Die Bilanz

Dieser Minimalismus-Tendenz der Hannoveraner stehen die Ergebnisse der jüngsten niedersächsisch-fränkischen Begegnungen gegenüber: Bei den letzten beiden Gastauftritten in der Heinz von Heiden Arena fuhr der Club jeweils mit einer 0:3-Abreibung wieder nach Hause. Zuvor allerdings galt Hannover als gutes Pflaster für den 1. FC Nürnberg, in den drei Saisons nach dem Bundesliga-Abstieg gewann der FCN jedes Auswärtsspiel bei den "Roten". Das Torverhältnis dieser drei Spiele aus Nürnberger Sicht: neun zu eins.

Im Allgemeinen ist die Bilanz zwischen den "Roten" und den "Rot-Schwarzen" nach 63 Duellen in der Bundesliga, der 2. Bundesliga und dem DFB-Pokal nahezu ausgeglichen: 22 Spiele endeten zugunsten der Niedersachsen, in 20 Begegnungen trennten sich beide Teams remis und der Club feierte 21 Siege.

Die Übertragung

Wer nicht die 500 Kilometer lange Anreise nach Hannover auf sich nehmen kann oder möchte, kann das Spiel (Anpfiff am Sonntag um 13.30 Uhr) beim Pay-TV-Sender "Sky" verfolgen. Als kostenlose Alternative bietet die ARD in der Audiothek- sowie in der Sportschau-App ebenso eine Audio-Übertragung an wie das Club-Fanradio.

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