Gala im Frankenderby
Neuer Doppelsturm: Griechischer Derbyheld effizienter als Uzun - Tordebüt für Emreli
20.10.2024, 18:49 UhrEs läuft die Schlussphase der ersten Hälfte im 273. Frankenderby: Angreifer Mahir Emreli gewinnt einen Zweikampf in der eigenen Hälfte, der Linienrichter entscheidet in der Folge auf Einwurf für den Club. Man könnte über diese schier alltägliche Szene schnell hinwegsehen in einem furiosen Spiel, das nicht zuletzt vier Treffer zu bieten hatte. Doch diese vermeintlich belanglose Situation um einen vermeintlich unbedeutenden Einwurf im Mittelfeld spricht Bände. Als der Linienrichter den Arm hebt und auf Einwurf entscheidet, beginnt Emreli frenetisch zu jubeln. Der Aserbaidschaner ballt die Fäuste, blickt in Richtung des Gästeblocks und feiert die Aktion wie ein Tor. Und die Fans? Nehmen diese Geste auf, gehen direkt darauf ein und werden auf Anhieb noch lauter. Eine Szene, die schnell untergehen kann in einem ereignisreichen Spiel. Zugleich aber auch eine Szene, die nahelegt, warum das Spiel so lief, wie es lief.
Emreli feiert Derby-, Traum- und Premierentreffer
"Hier in Deutschland habe ich noch einmal deutlicher gelernt, was es heißt, loyal zu seinem Verein zu sein. Technische Fehler werden verziehen, wenn du auf dem Platz alles für dein Team gibst", sagte der Neuzugang, in dessen Heimatland individuelle Kampfsportarten dominieren, zuletzt im Interview auf der Vereinswebsite. Und der Stürmer tat im Derby genau das: Er gab alles, arbeitete engagiert gegen den Ball, pushte sein Team und die Fans und belohnte sich früh für seinen Auftritt mit dem Führungstreffer. Mit 118 Stundenkilometern drisch der 27-Jährige den Ball aus halbrechter Position mit dem linken Fuß in den Winkel zum 1:0. Damit kann der Neu-Nürnberger gleich drei Häkchen auf der Bucketlist eines FCN-Stürmers setzen: Erstes Club-Tor? Check. Erstes Derby-Tor? Check. Erstes Traum-Tor? Check.
Allerdings brauchte der Neuzugang, der von Dinamo Zagreb an den Valznerweiher gewechselt war und zunächst aufgrund einer Verletzung passen musste, einige Anlaufzeit. Sein Zweitliga-Debüt feierte der 27-Jährige gegen Hertha, als er bereits in der ersten Hälfte eingewechselt wurde. In den darauffolgenden drei Partien stand er jeweils in der Startelf, wusste aber nicht wirklich zu überzeugen: Vom Fachmagazin "kicker" erhielt er in seinen ersten drei Club-Einsätzen die Durchschnittsnote 4,5. "Wir wussten, dass es ein bisschen Zeit braucht, bis er gesund und fit wird. Wir hatten schon Spiele, wo beide – auch Stefanos (Tzimas, d. Red.) kritisiert wurden. Aber so ist halt Fußball. Wir haben lange, lange gewartet, bis die zwei (Tzimas und Emreli, d. Red.) sich finden", erklärte Club-Coach Miroslav Klose nach dem Derbysieg.
In Nürnberg, so hofft man, war dieser denkwürdige Derbysieg der Dosenöffner für Emreli, der Startschuss für eine erfolgreiche Zeit der Angreifers in Nürnberg. Zumindest Klose, seinerzeit Weltklasse-Stürmer und Rekordtorjäger der deutschen Nationalmannschaft, ist sich sicher: "Er ist noch lange nicht fertig, aber er wird auch seinen Weg machen."
Ein Faktor dafür, dass Emreli in Fürth deutlich besser zu Geltung kam als zuletzt, könnte auch die Formation sein: Wie bereits in Münster setzte Klose nicht mehr auf eine alleinige Sturmspitze, sondern auf einen Doppelsturm. Dies ermöglicht es Emreli, gerne auch mal aus der Neuner-Rolle auf den Flügel auszuweichen, sich fallen zu lassen, selbst nicht nur Zielspieler sondern auch Initiator zu sein. So verbuchte der 27-Jährige beinahe ein Assist, als er per flacher Hereingabe vom Flügel seinen Sturmpartner Stefanos Tzimas bediente, der aber – in dieser Aktion – statt dem direkten Schuss aufs Tor versuchte aufzudrehen und dabei hängen blieb.
Tzimas trifft doppelt - und wird mit Sprechchören gefeiert
Wenig später kam das griechische Sturmjuwel dann erneut in eine ähnliche Abschlusssituation: Danilo Soares kam nach starker Verlagerung auf dem linken Flügel an den Ball, nahm ebendiesen sauber an und brachte eine scharfe Hereingabe auf Tzimas. Diesmal verwertete der Youngster das Zuspiel direkt und traf ins lange Eck zum zwischenzeitlichen 2:0.
Und der Grieche, der zum Jubeln Box-Bewegungen an der Eckfahne ausführte, setzte noch einen drauf und schnürte den Doppelpack: Nachdem ein Abschluss von Julian Justvan gerade noch von Nahuel Noll pariert wurde, reagierte Tzimas zentral vor dem Tor am schnellsten und drückte den Abpraller ins Tor zum 3:0-Halbzeitstand. Theoretisch hatte der Stürmer sogar noch Chancen, einen Hattrick zu erzielen, vergab aber einen aussichtsreichen Konter, in welchem er den Ball verstolperte, und scheiterte einmal im Eins-gegen-Eins am Kleeblatt-Keeper. Dennoch: Ein Doppelpack im Derby als 18-Jähriger – das kann sich sehen lassen. Die Fans honorierten die Leistung des jungen Angreifers mit Sprechchören nach dessen Auswechslung, Tzimas selbst deutete mehrmals aufs Club-Logo auf seiner Brust.
Für den Neuzugang, der für eine Saison von PAOK Saloniki an den fränkischen Altmeister ausgeliehen ist, ist das Derby der frühe Höhepunkt einer Entwicklung, die eine gewisse Anlaufzeit brauchte. Blickt man auf die "kicker"-Note, steigerte sich Tzimas von einer 4,0 im Auftaktspiel in Karlsruhe zu einer 2,5 beim wichtigen Sieg gegen Münster kontinuierlich. Zudem traf der Youngster in den vergangenen drei Partien.
Ein Faktor für seine Entwicklung in den vergangenen Wochen sei seine Zwangspause: Nach einem unnötigen Rempler fernab des Balls sah der griechische Giftzwerg am fünften Spieltag gegen Ulm die Rote Karte. Das war "mein Fehler", zeigte sich der 18-Jährige auf der Vereinswebsite einsichtig. Er habe die Zeit, in welcher er nicht spielen durfte, aber sinnvoll genutzt: "Ich habe viel im Kraftraum gearbeitet und Sonderschichten geschoben. Das Trainerteam und Miro haben mit mir auch viel Einzeltraining gemacht und wir haben zusammen meine Technik im Abschluss verbessert."
Es scheint sich gelohnt zu haben: Mit vier Treffern ist Tzimas derzeit Nürnbergs Toptorjäger. Besonders beachtlich ist dabei, dass der Grieche durchschnittlich alle 69 Minuten trifft. Zum Vergleich: Can Uzun, Nürnbergs Shootingstar der Vorsaison, brauchte in der Hinrunde pro Tor 148 Minuten – also mehr als doppelt so viel, wobei sogar Elfmeter noch inbegriffen waren. Freilich, auch das ist Teil der Wahrheit, sind vier Tore in sechs Spielen noch eine sehr geringe Stichprobengröße. Ob Tzimas also diese starke Quote aufrechterhalten und tatsächlich in die Fußstapfen von Can Uzun treten kann, wird sich erst in den kommenden Wochen und Monaten zeigen.
Für den griechischen Giftzwerg mit Torjägerqualitäten und einer gehörigen Portion Aggressivität wird es nun darum gehen, seine Form auch mittelfristig zu bestätigen und – mit Blick auf seinen Platzverweis gegen Münster - zugleich ein Maß zu finden in Sachen Temperament. Gegen Fürth jedenfalls gelang es dem Youngster, seine Energie zu kanalisieren, wenngleich er sich abermals eine Gelbe Karte abholte. Kein anderer Spieler auf dem Feld führte laut "kicker"-Statistiken annähernd so viele Zweikämpfe wie der Nürnberger Stürmer. Der 18-Jährige schien – ebenso wie nahezu alle, die an diesem Tag das Club-Trikot trugen – verstanden zu haben, was ein Derby bedeutet. Tatsächlich, hatte er laut eigenen Angaben auch während der Länderspielpause, die er bei der griechischen U21 verbrachte, "das Derby am Sonntag die ganze Zeit über im Hinterkopf". Tzimas erklärte auf der Vereinswebsite: "Ich war mir bewusst, welches Spiel mich und die Mannschaft erwartet, wenn ich wieder zurückkehre. Vale hat mich nach meiner Rückkehr auch direkt zur Seite genommen und mir noch einmal die Sinne geschärft."
"Alles, was wir uns vorgenommen haben, hat geklappt
Die Ansprache des Routiniers scheint gefruchtet zu haben. So zeigte sich auch Miroslav Klose sehr zufrieden mit der Leistung seiner Mannschaft, der er ein "sehr, sehr gutes Spiel" attestiert: "Alles, was wir uns vorgenommen haben, hat geklappt - viele Lösungen zu finden, viel in Bewegung zu sein, unser Positionsspiel aufziehen." Der Club-Coach ist sich natürlich auch bewusst, dass der sehenswerte Führungstreffer das Momentum klar auf Seite der Nürnberger kippte: "Das erste Tor hat uns natürlich in die Karten gespielt, aber über das ganze Spiel war es von meiner Mannschaft eine fantastische Leistung. Das wollten wir, so ein Spiel, auch mit der Energie, ganz unabhängig von der Leistung. Mit dieser Einstellung war ich mehr als zufrieden."
Bei all dem Lob, das seinem Sturmduo nun zuteilwird, wollte er aber auch deren Konkurrenten, die vorerst auf der Bank Platz nehmen mussten, nicht unerwähnt lassen: "Ich will aber Benni Goller und Schleimi (Lukas Schleimer, d. Red.) nicht vergessen, wir werden sie die Saison über brauchen."
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