Der FCN und der Abstieg: Ein Abgang, der Gänsehaut macht
11.5.2019, 19:42 UhrDen FC Liverpool hatten sie sich beim 1. FC Nürnberg in den vergangenen Tagen zum Vorbild genommen, als Erinnerung daran, dass im Fußball Wunder ja durchaus möglich sind. Und fast erinnerte die Szenerie im Max-Morlock-Stadion am Samstag kurz nach halb Sechs ein bisschen an die legendäre Anfield Road: "You'll never walk alone" schallte es aus Tausenden Kehlen in der Nordkurve – nur stand davor eine Mannschaft, die nicht gerade durch ein 4:0 gegen den FC Barcelona ins Finale der Champions League eingezogen ist, sondern nach einem 0:4 gegen Borussia Mönchengladbach aus der Bundesliga abgestiegen.
"Der Moment nach dem Spiel in der Kurve war etwas ganz Besonderes. Dass die Fans nach so einer durchwachsenen Saison noch so hinter uns stehen, ist alles andere als selbstverständlich. Das war Gänsehaut pur“, schwärmte Innenverteidiger Georg Margreitter, der bereits einmal in England mit den Wolverhampton Wanderers abgestiegen ist: “Ich kann mich noch an das Desaster dort mit den Fans erinnern.“ Auch Lukas Mühl lobte die Anhänger, "was sie heute abgeliefert haben, war überragend. So etwas gibt es selten in ganz Deutschland". Trotzdem fühle sich der nun besiegelte Abstieg natürlich “beschissen“ an, gestand der Junioren-Nationalspieler.
"Wir verneigen uns vor Tausend treuen Herzen"
Schon während der bitteren 90 Minuten dieses nun definitiv letzten Heimspiels hatte sich der Schulterschluss mit den Fans angedeutet. Als der Club das 0:1 – natürlich durch den Ex-Nürnberger Josip Drmic - kassierte und der VfB Stuttgart nahezu zeitgleich gegen Wolfsburg auf 2:0 erhöhte, begann auf den Rängen die große "Abstiegsfeier". Als sich dann die Mannschaft nach dem Schlusspfiff mit einem großen Transparent für die Unterstützung bedankte ("Wir verneigen uns vor Tausend treuen Herzen, die sich für Rot und Schwarz zerreißen"), schlug ihr fast ausnahmslos bedingungslose Liebe entgegen. Neben aufmunternden Worten hatten die Ultras für die Club-Profis auch extra angefertigte Trikots mit dem Aufdruck “Mission Wiederaufstieg“ in petto.
Das kleine Debakel gegen abgezockte Gladbacher war angesichts der Reaktionen von den Rängen hinterher kaum noch ein Thema, zumal ja dank der ausgebliebenen Wolfsburger Schützenhilfe auch ein Sieg nichts mehr genützt hätte. Deshalb widmete man sich lieber den positiven Begleitumstäden dieses neunten Abstiegs. “Was die Fangemeinschaft heute hier geleistet hat, ist einzigartig" staunte Interimscoach Boris Schommers und zollte dem Anhang dafür "ganz großen Respekt". Zugleich räumte der 40-Jährige auch unumwunden ein: “Wenn man am 33. Spieltag in der Tabelle mit 19 Punkten dasteht, hat man es auch nicht verdient, nächstes Jahr in der Bundesliga spielen zu dürfen.“
Hecking macht dem Club Mut
Auch Gästecoach Dieter Hecking zeigte sich an alter Wirkungsstätte von der “herausragenden Stimmung“ beeindruckt. "Was die Mannschaft heute hier erleben durfte, hat sie sich in den letzten Wochen verdient", befand Hecking. Abgestiegen sei der Club nämlich “nicht heute, das ganze liegt etwas weiter zurück“. Zugleich machte Gladbachs Trainer seinem Ex-Verein Mut: “Ich bin der ehrlichen Überzeugung, dass der Club in die Bundesliga gehört. Man hat heute gesehen, welche Wucht dieser Verein nach wie vor hat. Wenn man die richtigen Entscheidungen trifft, kann es schnell wieder hoch gehen.“
Die ersten strategischen Entscheidungen dürften bereits in den nächsten Tagen fallen. So wird laut Sportvorstand Robert Palikuca noch vor dem sportlich nun bedeutungslosen Saisonfinale in Freiburg auch die Trainerfrage geklärt werden. Nach Informationen der Bild-Zeitung soll bereits klar sein, dass der Verein nicht mit Schommers als Cheftrainer in die 2. Liga gehen wird. Eine Rückkehr ins zweite Glied hatte der ehemalige Assistent von Michael Köllner bereits ausgeschlossen.
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