Nürnberg, Fürth und Erlangen: So bewegungsfreundlich sind unsere Städte

Max Söllner

Volontär in der Sport-Redaktion

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18.3.2021, 05:56 Uhr
Nürnberg, Fürth und Erlangen: So bewegungsfreundlich sind unsere Städte

© Hans-Joachim Winckler, NNZ

Wie bewegungsfreundlich sind unsere Straßen und Parks? Lädt der öffentliche Raum dazu ein, etwas für die eigene Fitness zu tun?

Obwohl seit Corona viel darüber gesprochen wird, wie schlimm Bewegungsmangel doch ist, werden diese Fragen selten gestellt. Meist geht es um gesperrte Fitnessstudios, verwaiste Vereinshallen sowie den ausfallenden Sportunterricht, oder auch die Verantwortung von Eltern für ihre Kinder und überhaupt von uns allen, irgendwie in Bewegung zu bleiben.

Dabei können auch Städte eine ganze Menge zur Gesundheit ihrer Bürgerinnen und Bürger beitragen. Vor allem über die Gestaltung des öffentlichen Raums und gerade jetzt, wo Bewegung und Individualsport an der frischen Luft (zwangsläufig) im Trend liegen. "Ich denke da an das Umfeld von uns Menschen, also wie die Verhältnisse um uns herum sind, die Bewegung möglich machen", sagte die Bayreuther Sportwissenschaftlerin Susanne Tittlbach vor wenigen Wochen im Interview mit nordbayern.de. "Da würde ich die Kommunen mit in die Pflicht nehmen: Parks und Grünflächen, Spielgeräte für Kinder, Trainingsgeräte für Jugendliche oder junge Erwachsene, aber auch sichere Rad- und Fußwege."


Lesen Sie hier das vollständige Interview mit Susanne Tittlbach


Wir wollten nach dem Interview wissen, wie bewegungsfreundlich die mittelfränkischen Großstädte Nürnberg, Fürth und Erlangen sind. Leider gibt es dazu keine umfassende Studie, die alle drei Kommunen abdeckt. Also haben wir mehrere Indikatoren zusammengestellt: Erstens die Fahrradfreundlichkeit sowie zweitens die Fußgängerfreundlichkeit, wofür wir auf vorhandene Untersuchungen zurückgreifen konnten. Drittens haben wir eine Fitnessfreundlichkeit definiert, indem wir kommunale Fitnessstandorte wie Bewegungsparks und Trimm-Dich-Pfade erfasst haben.

Freilich hätte es viele weitere Kriterien für die Bewegungsfreundlichkeit von Städten gegeben, etwa Kinderspielplätze oder auch Skateanlagen für Jugendliche. Doch wir haben uns bewusst auf Möglichkeiten beschränkt, die gleichermaßen von jungen wie auch alten Menschen nutzbar sind. Nicht ohne Grund bewirbt die Stadt Nürnberg ihre Bewegungsparks mit dem Zusatz "für alle Generationen".

Und weil klar ist, dass die drei Indikatoren nur ein Anhaltspunkt sind, haben wir zusätzlich mehrere Experten um eine Einschätzung gebeten. Aber lesen Sie selbst.

Fahrradfreundlichkeit

Indikator: Der Fahrradklima-Test 2020 des Allgemeinen Deutschen Fahrrad-Clubs (ADFC) ist zwar nicht repräsentativ, jedoch seit über 20 Jahren etabliert. Alle zwei Jahre können Bürgerinnen und Bürger beurteilen, wie fahrradfreundlich ihre Kommune ist: Macht Radfahren Spaß, ist es auch für Familien und Kinder sicher? Fühlt man sich als Verkehrsteilnehmer ernst genommen? Nerven Falschparker auf Radwegen?

Ergebnis: In der jüngsten Umfrage aus dem Jahr 2020 erhielt Erlangen die Schulnote "befriedigend" (3,3), gefolgt von Fürth mit 3,8 und Nürnberg mit 4,2 (beide "ausreichend").

Expertenmeinung: Markus Stipp, Vorsitzender des ADFC Nürnberg, sieht Erlangen ebenfalls auf Platz eins, die beiden anderen Städte "in etwa gleich", jedoch deutlich dahinter. Im deutschlandweiten Vergleich verortet er die Hugenottenstadt in der Spitzengruppe und Nürnberg gemeinsam mit Fürth im Mittelfeld.

Seine Erklärung: Erlangen profitiere bis heute von den 1970er und 1980er Jahren, während der dort viel für Radfahrer getan worden sei. Danach aber habe sich die Stadt "auf den Lorbeeren ausruht." Hoffnung bereitet Stipp der jüngst geschlossenen Kompromiss zwischen der Kommune und der Erlanger Radentscheid-Initiative, der die Zusage beinhaltet, dass zukünftig jährlich 45 Euro pro Einwohner in die Fahrradinfrastruktur investiert werden: "Damit kann Erlangen in die Champions League der Fahrradstädte aufsteigen."


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"In Nürnberg dagegen sind wir noch nicht mal bei der Hälfte", sagt Stipp. Auch hier gab es eine Radentscheid-Initiative, die in einem Kompromiss mündete, dem "Masterplan nachhaltige Mobilität". Dessen finanzieller Bedarf steht noch nicht fest, doch schon zuvor war entschieden worden, den Radetat bis 2023 schrittweise auf 10 Millionen Euro zu erhöhen. Das entspräche allerdings nur circa 20 Euro pro Jahr und Einwohner, rechnet Stipp vor – und dass, obwohl es laut ihm in Nürnberg viel mehr aufzuholen gibt.

Fallen Stipp auch Positivbeispiele ein? Die neuen Nürnberger Fahrradstraßen hält er an sich für ein gutes Konzept, allerdings würden dort zu viele Autos fahren. "Auch der Pegnitzgrund ist nichts, was wir empfehlen können", schließlich seien dessen gemeinsame Rad- und Fußwege an schönen Tagen völlig überlastet.

Stipp vertröstet daher auf die Zukunft: "Wenn es in Nürnberg etwas gibt, worauf ich stolz sein kann, werde ich Ihnen das sagen." Anders die Situation im weniger frequentierten Fürther Wiesengrund: Hier lobt er den neuen, verbreiterten Weg auf Höhe des Stadtparks.


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Fußgängerfreundlichkeit

Indikator: Der Perpedes-Index von Jörg Kwauka vergleicht die Fußgängerfreundlichkeit aller 76 deutschen Großstädte anhand der Kriterien Unfalltote, Umwege, Motorisierungsgrad, Erholungsflächen und des Anteils des Fußverkehrs am Gesamtverkehr (Modal Split). Dabei werden die Städte entlang einer Skala von 0 bis 100 Punkten bewertet, wobei 100 Punkte der höchstmöglichen Fußgängerqualität entsprechen. Leider wurde der Index seit seiner Veröffentlichung im Jahr 2015 nicht mehr aktualisiert.

Ergebnis: Die Unterschiede zwischen den drei Städten sind gering: Nürnberg schneidet mit 56 von 100 Punkten am besten ab. Auf Platz zwei folgt Erlangen mit 55 Punkten, Fürth erzielt mit 54 von 100 Punkten die schlechteste Wertung. Den deutschlandweit höchsten Wert erreichte Rostock mit 76 Punkten, generell schnitten ostdeutsche Städte besser ab.

Expertenmeinung: "Alle drei Städte sind nicht ausreichend fußgängerfreundlich", sagt Andreas Sauter von der Fuss e.V.-Gruppe Nürnberg-Fürth-Erlangen. Einzig Erlangen habe gemeinsam mit seinem Fachverband für Fußgänger schon einen "Fußverkehrs-Check" durchgeführt, weswegen er die Hugenottenstadt etwas besser einordnet. Ein grundlegendes Problem aller drei Kommunen sei die ungerechte Flächenaufteilung: Der Autoverkehr nehme im Vergleich zu seiner Bedeutung zu viel Raum ein, Fußgänger würden an den Rand gedrängt.

Positiv bewertet Sauter, dass es in Nürnberg, Fürth und Erlangen zumindest in den Innenstädten Fußgängerzonen gibt. Handlungsbedarf sieht er bei der Gehsteigbreite – Fuss e.V. fordert mindestens 2,5 Meter –, der Schulmobilität sowie den Querungshilfen.


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Apropos: Im deutschlandweiten Vergleich würden die drei fränkischen Städte beispielsweise hinter Berlin zurückfallen, das ein eigenes Zebrastreifenprogramm hat. International sei der Abstand noch größer, etwa zu Ljubljana, das seine Innenstadt von Autos befreit hat und den Fußgängeranteil binnen weniger Jahre deutlich steigern konnte.

Den Nürnberger "Masterplan nachhaltige Mobilität" bezeichnet er aus Sicht der Fußgänger übrigens als "Schnellschuss", da dieser deren Bedürfnisse nicht systematisch berücksichtige und sein Verband nicht einbezogen worden sei.

Fitnessfreundlichkeit

Indikator: Die Zahl der kommunalen Outdoor-Fitnessstandorte wie Bewegungsparks, Trimm-Dich-Pfade und Calisthenics-Anlagen, die wir selbst bei den Stadtverwaltungen erfragt haben.

Ergebnis: In Erlangen gibt es 3,6 Outdoor-Fitnessstandorte pro 100 000 Einwohner. Die Hugenottenstadt landet damit auf Platz eins, gefolgt von Nürnberg (2,5 Standorte pro 100 000 Einwohner) und Fürth (1,6 Standorte pro 100 000 Einwohner).


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Expertenmeinung: Michael Meindl ist Inhaber der Firma Outgym und Betreiber der Übersichtsseite www.trimm-dich-pfad.com Auch er sagt, dass Erlangen "nach den Spots in unserer Homepage besser in Sachen Outdoor-Fitness aufgestellt" ist – zumindest im Vergleich zu Nürnberg und Fürth.

Denn auch wenn in letzter Zeit immer mehr Anlagen errichtet worden seien, hätten alle drei Großstädte noch "Luft nach oben": "Es gibt einige Gebiete in Deutschland, die hier wesentlich besser aufgestellt sind." Als Beispiel nennt er den Großraum Köln.


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Generell beobachtet Meindl einen "Trend in Richtung Outdoor-Fitness", der viele Vorteile habe: Entsprechende kommunale Anlagen seien kostenlos, für die ganze Familie geeignet und würden ein Training an der frischen Luft ermöglichen.

Fazit

Erlangen schneidet tendenziell am besten ab, vor allem wegen seiner Fahrradwertung. Insgesamt aber sind alle drei Großstädte nur mittelmäßig bewegungsfreundlich. Das zeigen unsere Indikatoren sowie die Stimmen der Experten. Ein Eindruck, der sich im Vergleich mit anderen deutschen und europäischen Städten noch verstärkt.


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Info: Je nach Corona-Lage kann die Benutzung der kommunalen Fitnessstandorte eingeschränkt oder untersagt sein. Bitte informieren Sie sich vor Ort über die aktuell geltenden Regeln.