Rettung in der Relegation? Das wird für den FCN heute wichtig

7.7.2020, 05:55 Uhr
Gemeinsam heißt es gegen den FC Ingolstadt für den Klassenerhalt kämpfen.

© Sportfoto Zink / Thomas Hahn Gemeinsam heißt es gegen den FC Ingolstadt für den Klassenerhalt kämpfen.

Wie ist die Ausgangslage? Die ist für beide Teams eigentlich klar: Das Ziel ist die zweite Liga. Für den 1. FC Nürnberg geht es darum, die drohende Katastrophe abzuwenden, für Ingolstadt darum, die bereits eingetretene Katastrophe wiedergutzumachen. Viel Zeit zur Vorbereitung auf die Relegation hatte das neue Trainergespann um Michael Wiesinger nicht, allerdings mehr als die Ingolstädter, die noch am Samstag ihr letztes Ligaspiel bestritten hatten. Klar ist, dass der FCN gewinnen muss, die Relegation insgesamt und am besten auch schon das Hinspiel im eigenen Stadion, wenn auch vor leeren Rängen. Dafür braucht der Club vor allem Gemeinschaft, der Klassenerhalt ist nur im Kollektiv zu schaffen: "Es wird erstmal drauf ankommen, dass jeder bereit ist, für den anderen Wege zu gehen, füreinander da zu sein", betont Wiesinger in der Pressekonferenz vor der Partie. Der Druck ist so hoch, wie in dieser Saison voller entscheidender Spiele noch nie. Der Klassenerhalt ist ein Muss für den ruhmreichen FCN.

In der Relegation gegen Wehen Wiesbaden ging es vor einem Jahr für den FC Ingolstadt in die dritte Liga. Gegen den Club hat das Team von Tomas Oral nun die Chance, "um das wettzumachen, was wir letztes Jahr verbockt haben", wie FCI-Coach Tomas Oral es formulierte. Am letzten Spieltag der dritten Liga ließen die Schanzer sich außerdem den direkten Aufstiegsplatz in letzter Minute noch nehmen und mussten den Würzburger Kickers, denen ihr Ausgleich in der Nachspielzeit durch einen umstrittenen Elfmeter die Relegation ersparte, und Eintracht Braunschweig den Vorzug lassen. Im Angesicht der Relegation gegen den von Grund auf eigentlich immer favorisierten Zweitligisten sieht der FCI aber eine Riesenchance. Genug angestauter Frust dürfte bei den Schanzern also vorhanden sein, positiv gestimmt sind sie aber: "Dann feiern wir halt nächsten Samstag", meint Innenverteidiger Nico Antonitsch.

Wer spielt? Schwer einzuschätzen sei man durch die Trainerwechsel, meint Michael Wiesinger und will deswegen nicht viel über seine Personalentscheidungen preisgeben. Zur Verfügung stehen ihm dabei alle Spieler, die im Trainingslager in Bad Gögging waren. Damit kann auch der zuletzt verletzungsbedingt ausgefallene Innenverteidiger Konstantinos Mavropanos wieder zum Einsatz kommen und wird wohl im Abwehrzentrum wieder die Führung übernehmen. Den zuletzt oft enttäuschenden Nikola Dovedan hat Wiesinger nun offenbar in einer anderen Rolle vorgesehen. Den Torschützen aus der letzten Begegnung mit dem FC Ingolstadt sieht der Interimscoach mehr im Zentrum, wo er am Dienstagabend sicherlich zu finden sein wird.

Auch Ingolstadts Trainer Oral kann wieder auf seinen Kapitän bauen. Stefan Kutschke hatte sich im Spiel gegen 1860 München nach einer halben Stunde wegen Oberschenkelproblemen auswechseln lassen müssen. Gegen den Club kann der Stürmer mit Nürnberger Vergangenheit, der bereits für 13 Ingolstädter Tore verantwortlich ist, aber wieder spielen.

Wie und wo läuft's? Achtmal sind der FCN und die Schanzer bereits aufeinandergetroffen, wobei eine Partie allerdings ein Freundschaftsspiel war. Insgesamt spricht die Bilanz deutlich für den Club, fünf der acht Partien konnten die Nürnberger für sich entscheiden, nur einmal gewann Ingolstadt. Zuletzt kam es in der 1. Runde des DFB-Pokals im August 2019 zu einem Duell der beiden Teams, wobei Nikola Dovedan den Club erst in der 87. Minute zum 1:0-Sieg schoss. Übertragen werden die beide Relegationsspiele zwischen dem 1. FC Nürnberg und dem FC Ingolstadt über DAZN und Amazon Prime, laufen aber auch im Free-TV beim ZDF. Außerdem beginnt etwa eine Stunde vor Spielbeginn der Liveticker hier bei nordbayern.de.

Wiedersehen mit alten Bekannten: Für Keller-Nachfolger Wiesinger ist es ein besonderes Treffen. Beim FC Ingolstadt wird er auf einige bekannte Gesichter treffen, 2010 gelang ihm dort als Trainer in der Relegation gegen Hansa Rostock der Aufstieg in die Zweite Liga. Eine "extreme Konkurrenzsituation" sei es aber natürlich auch.

Erinnerungen: Der Club steht nicht zum ersten Mal an der Kante zum Abgrund, es droht nicht zum ersten Mal der Abstieg in die Drittklassigkeit. "Schlechter kann es nicht mehr werden", glaubte Mittelfeldspieler Michael Wiesinger am Anfang der Saison 1995/96. Doch es konnte - und es wurde dann auch schlechter. Nach dem Abstieg aus der Bundesliga 1994 folgte eine schlechte Saison in Liga zwei, die gerade noch auf Platz 15 beendet werden konnte. Doch die nächste Spielzeit brachte den Tiefpunkt. Nach einem noch ordentlichen Saisonstart ging es bergab, der verschossene Elfmeter von Joe-Max Moore im entscheidenden Spiel gegen den VfB Lübeck setzte dem ganzen die Krone auf. Mit einer beinahe komplett neuen Mannschaft landete der FCN am Ende auf Rang 17 und trat 1996 den Gang in die damals drittklassige Regionalliga an. "Das ist das Ende", verkündete Günther Koch nach dem besagten Elfmeter über den ARD-Rundfunk. Das Ende war es nicht, aber auf jeden Fall ein Tiefpunkt.

Ganz so schlimm ist die Lage am Valznerweiher noch nicht, die Katastrophe kann in der Relegation noch abgewendet werden. In der Pressekonferenz vor der Partie gibt sich Wiesinger, der diesmal nicht auf dem Platz sondern auf der Trainerbank für den Klassenerhalt kämpft, vorsichtig optimistisch.

Prognose: Relegationserfahren sind beide Mannschaften, im positiven wie im negativen. Einen offenen Schlagabtausch will Club-Coach Wiesinger nicht und auch Orals Team wird nicht mit offenem Visier in die Partie gehen. Das Hinspiel in der Relegation ist oft zunächst ein gegenseitiges Abtasten, keine Mannschaft wird in Rückstand geraten wollen. Vor allem der FCN sollte ein Gegentor aufgrund der Auswärtstorregel im eigenen Stadion vermeiden, während die defensivstarken Schanzer (nur sechs Gegentore in den elf Spielen nach der Corona-Pause) vielleicht etwas mehr auf eben diesen Treffer drängen werden. Obwohl beide Teams unbedingt den letzten freien Startplatz in Liga zwei wollen und der Club trotz der leeren Ränge auf eigenem Rasen einen Vorteil haben sollte, ist ein eher langweiliges 0:0 nicht unwahrscheinlich.

Und sonst so? Für den FCN steht nicht weniger als die Ehre und das Ansehen des Vereins auf dem Spiel, ganz zu Schweigen von den finanziellen Auswirkungen. Im Trainingslager haben sie besonders auf das neue Miteinander geachtet, darauf wird es ankommen, meint Wiesinger. Vielleicht hilft die Gemeinschaft auch gegen den Druck, der auf den Schultern der Spieler lastet. So wirklich helfen wird aber sicher nur ein Sieg im Hinspiel der Relegation.

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