Kolumne zum Kleeblatt
Laubenweg 60: Die erste Auswärtsfahrt der neuen Saison
9.8.2021, 14:50 UhrAls Journalist wird man im Profifußball oft verwöhnt. Wer mit dem Auto anreist, bekommt einen Parkplatz zugewiesen und ist nach wenigen Schritten im Stadion. Auf der Tribüne sitzt man anschließend auf den besten Plätzen mit der optimalen Sicht, in den Presseräumen gibt es mitunter sogar feinstes Essen – so erlebt in der Champions League bei einem Heimspiel des FC Bayern gegen Paris Saint-Germain.
Am vergangenen Samstag war das alles ein bisschen anders. Nach Berlin fährt man als Journalist besser mit dem Zug – einerseits wegen des ökologischen Fußabdrucks, andererseits, weil der ICE nur knapp drei Stunden für die knapp 450 Kilometer braucht.
Die Idee, ein Wochenende in der Hauptstadt zu verbringen, haben offenbar mehr Menschen, im komplett vollen Zug tragen aber zumindest alle brav ihre Maske – es ist ja immer noch Pandemie. So kommt man schon ein bisschen gerädert am Hauptbahnhof an, atmet kurz an der frischen Luft durch und setzt sich dann in die S-Bahn nach Potsdam. Berlin mit seinem großen Olympiastadion ist schließlich der Sehnsuchtsort für alle, davor gilt es aber, ein paar Runden zu überstehen. Zum Beispiel die erste beim Regionalligisten SV Babelsberg.
Mit Profifußball hat so ein Spiel eher wenig zu tun, was den Journalisten durchaus verwirrt. Die Karte soll an Kasse vier hinterlegt sein, hieß es – am Stadion gibt es aber keine Kasse vier. Also fragt man rum, stellt sich mit 100 anderen an – und findet noch immer keine Kasse vier. Nach einer halben Stunde entdeckt man einen kleinen Stehtisch mit zwei freundlichen Frauen: die Kasse vier.
Die Verwirrung setzt sich im Stadion fort, wo die Babelsberger einfach mal einen Kameraturm auf die Pressetribüne gebaut haben – der blöderweise verhindert, dass man sieht, was zwischen Strafraum und Eckfahne passiert. Zum Abendessen gibt es ein rustikales Fleischküchle (sorry: eene Bulette) im angekohlten Brötchen, das immerhin nur drei Euro kostet und den Hunger stillt. Auf dem Platz gewinnt am Ende der Amateur- gegen den Profifußball und der Journalist wird auf dem Heimweg patschnass.
Für die Verwöhnung sorgt am Tag darauf immerhin die Bahn – und bringt einen mit 300 km/h in drei Stunden nach Hause.
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