Trotz langer Unterzahl

Wildes Spiel im Ronhof: Kleeblatt gewinnt 4:3 gegen den Karlsruher SC

Michael Fischer

Nürnberger Nachrichten

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23.9.2023, 15:25 Uhr
Eines von vielen Toren im Ronhof: Dickson Abiama trifft im Fallen zum 3:3.

© Sportfoto Zink / Wolfgang Zink, Sportfoto Zink / Wolfgang Zink Eines von vielen Toren im Ronhof: Dickson Abiama trifft im Fallen zum 3:3.

Es war kein Tag wie jeder andere. Schon am Freitagabend hatten viele Kleeblatt-Fans in der feierlich geschmückten Gustavstraße, dort, wo alles begann, in den 120. Geburtstag ihres Vereins reingefeiert. Um Mitternacht erhellte auf der Ludwigbrücke sogar ein großes Feuerwerk den Fürther Nachthimmel, ein paar Stunden später gratulierte die Nordtribüne der Spielvereinigung mit einer großen Choreografie. "Deine Chronik reicht von der Landesliga bis zur Meisterschaft", stand dort geschrieben. "Ein Hoch auf 120 Jahre Fürther Fußballmacht."

Diese Fußballmacht war zuletzt ja doch in kleinere sportliche Turbulenzen geraten, weshalb das Heimspiel gegen den Karlsruher SC ein sehr wichtiges wurde. Nicht nur wegen des großen Jubiläums. Nach fünf sieglosen Spielen beschenkte die Mannschaft ihre Fans mit einem sehr wilden Spiel und mit einem 4:3 (3:3) - das sich die Fürther trotz langer Unterzahl leidenschaftlich erkämpften.

SpVgg Greuther Fürth: Nur eine Änderung in der Startelf

Nach dem guten Auftritt beim Frankenderby sah Alexander Zorniger nur wenig Gründe, etwas an seiner Startelf zu ändern. Nach überstandener Krankheit kehrte Jonas Urbig, wie angekündigt, ins Fürther Tor zurück, ansonsten vertraute der Trainer denselben elf Spielern, die in Nürnberg ein 1:1 erspielt hatten. Die begannen wie schon vor einer Woche druckvoll - und erarbeiteten sich schnell die erste Chance: Damian Michalski köpfte eine Ecke von Hrgota auf das Karlsruher Tor, doch Patrick Drewes holte den Ball noch aus dem Winkel (3. Minute).

Doch zwei Minuten später jubelte der Ronhof. Julian Green rutschte bei der Ausführung des Eckballs zwar weg, doch der Ball landete genau auf dem Fuß von Tim Lemperle - der ihn zwar nicht richtig erwischte, ihm aber so eine für den Karlsruher Torhüter extrem undankbare Flugbahn gab. So senkte sich die Kugel über Drewes hinweg ins Netz: 1:0 fürs Kleeblatt nach fünf Minuten. Die Freude währte aber nur kurz. Wenige Augenblicke später drückte Robin Bormuth auf der anderen Seite einen Freistoß von Paul Nebel über die Linie - der Linienrichter hob aber seine Fahne.

Die vermeintliche Abseitssituation wurde nochmal im "Kölner Keller" überprüft. Und überprüft. Und überprüft. Mehrere Minuten lang wechselten sich im Ronhof Pfiffe und die bekannten Gesänge gegen den DFB ab, wonach der den Sport kaputt mache. Dann ging Schiedsrichter Patrick Ittrich die Szene auf dem Monitor an und gab den Treffer nach dreiminütiger Unterbrechung, weil der Karlsruher offenbar doch nicht zu früh in den Strafraum gestartet war. Doch wer dachte, der schnelle Ausgleich würde die Fürther beschäftigen, sah sich getäuscht.

Weitere zwei Minuten später flankte Luca Itter von links auf den Kopf von Green, dessen Kopfball Drewes nur nach vorne abwehren konnte. Dickson Abiama sagte Danke - und durfte nach fast einem halben Jahr ohne Treffer mal wieder jubeln (13.). Nach einem wilden Start hätte das Kleeblatt sogar noch höher führen können, doch am Ende eines schnellen und bis dato perfekten Angriff spielte Simon Asta den Ball von der Grundlinie ins Nichts - statt zu einem freien Mitspieler (23.).

Das rächte sich im Gegenzug. Die Fürther ließen Philip Heise im Mittelfeld viel zu viel Platz, niemand fühlte sich bemüßigt, den Karlsruher Verteidiger anzugreifen - und dann schlief Asta beim Schnittstellenpass auf Marvin Wanitzek auch noch. Der hatte leichtes Spiel und traf aus zehn Metern flach zum erneuten Ausgleich. (28.). Kurz darauf schoss Wanitzek aus der Distanz nochmal knapp vorbei, dann kam die wilde Partie zumindest ein bisschen zur Ruhe. Bevor es nochmal richtig wild wurde.

In der 45. Minute köpfte Abiama knapp am Pfosten vorbei, dann drehten die Gäste das Spiel. Wieder verteidigten die Fürther sehr schlecht und waren viel zu weit weg von ihren Gegenspielern. So konnten die Karlsruher auf der linken Seite Sebastian Jung freispielen, der im Rückraum den ebenso freien Lars Stindl fand, der zwischen Orestis Kiomourtzoglou, Asta und Maximilian Dietz einlief und den KSC in Führung schoss (45.+4). Branimir Hrgota munterte seine Mannschaft sofort mit vehementem Klatschen auf - und leitete so das 3:3 ein.

Zwei Tore in der Nachspielzeit der ersten Halbzeit

Jonas Urbig schlug den Ball nach dem Anstoß weit nach vorne, wo Asta den in den Strafraum startenden Abiama fand, der nun Gefallen am Toreschießen gefunden hatte und den Ball an Drewes vorbei zum Ausgleich ins Tor lenkte (45.+5). Wer ihn da jubeln sah, wie er seine Erleichterung herausschrie, der spürte sofort, wieviel Last an diesem Nachmittag von ihm abfiel. Direkt danach war Pause. Durchatmen.

Nach Wiederanpfiff waren beide Mannschaften sichtlich bemüht, etwas Ruhe ins Spiel zu bringen. Der Schuss des eingewechselten Dzenis Burnic war kein Problem für Urbig (48.), dann reagierte Zorniger erstmals und nahm den Kiomourtzoglou nach einer durchwachsenen Vorstellung raus. Für ihn kam Robert Wagner - der nach einer Woche Krankheit erst am Donnerstag wieder mit der Mannschaft trainiert hatte. Doch alle Pläne des Trainers zerplatzten kurz darauf wie Seifenblasen im Wind.

Julian Green berührte Jerome Gondorf nahe des Fürther Sechzehners minimal, der Karlsruher ließ sich im Wissen, dass sein Gegenspieler bereits Gelb gesehen hatte, mit etwas Verzögerung theatralisch fallen - und forderte Gelb-Rot. Schiedsrichter Ittrich fiel darauf rein und stellte den fassungslosen Green vom Platz (55.). Doch das Kleeblatt dachte nicht daran, lange zu hadern und ließ die 11.090 Zuschauer erneut jubeln. Lemperle legte den Ball bei einer Ecke von Gießelmann für Damian Michalski ab, der ihn aus wenigen Metern mit voller Wucht ins Netz drosch (64.).

20 Minuten vor Schluss wechselte das Kleeblatt doppelt: Für Gießelmann und Lemperle kamen positionsgetreu Oussama Haddadi und Lukas Petkov. Die Fürther verteidigten ihre Führung in Unterzahl nun sehr leidenschaftlich, ließen kaum etwas zu und versuchten nach vorne immer wieder Akzente zu setzen. Petkov belebte die Offensive immer wieder, wenngleich ihm in der Nähe des Tores nicht alles gelang. In den letzten Minuten geriet der Fürther Sieg dann aber doch nochmal arg in Gefahr. Ständig flipperte den Ball irgendwo durch den Sechzehner, wo aber immer noch ein Kopf oder Fuß den Einschlag verhinderte.

Lars Stindl traf in der 90. Minute nur das Außennetz, vor Beginn der siebenminütigen Nachspielzeit wechselte das Kleeblatt erneut. Dennis Srbeny und Gideon Jung kamen für Branimir Hrgota und Dickson Abiama. An der Seitenlinie lieferten sich die Fürther und Karlsruher Verantwortlichen einen wilden (verbalen) Schlagabtausch, jeder Karlsruher Angreifer wurde von einem lauten Pfeifkonzert von den Rängen, jede gelungene Verteidigungsaktion mit lautem Jubel begleitet. Nach einer letzten Grätsche von Gideon Jung pfiff Ittrich ein letztes Mal - und der Ronhof rastete aus.

Nach fünf sieglosen Spielen hatte das Kleeblatt erstmals wieder gewonnen - und sich diesen Erfolg mit einem leidenschaftlichen Kampf verdient.

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