Taktikfuchs und Querdenker: So tickt der neue Coach des HCE

Christoph Benesch

Erlangen

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5.2.2020, 09:47 Uhr
"Der richtige Mann zur richtigen Zeit": Rolf Brack, bis Sommer HCE-Cheftrainer, stellt sich in Erlangen vor.

© Hans-Martin Issler/Sportfoto Zink "Der richtige Mann zur richtigen Zeit": Rolf Brack, bis Sommer HCE-Cheftrainer, stellt sich in Erlangen vor.

Der Anruf kam mitten im Tatort. Rolf Brack hatte es sich gerade mit seiner Frau Eva auf dem Sofa gemütlich gemacht - da rief René Selke an. "Ich wollte erst nicht hingehen, weil wir große Tatort-Fans sind", erzählt er. Brack hat es dann aber doch gemacht. Und nach dem Tatort und einer Nacht drüber schlafen zugesagt: Rolf Brack (66), promovierter Sport-Wissenschaftler und seit 30 Jahren im Handballgeschäft, wird nach der Beurlaubung von Adalsteinn Eyjolfsson für die 13 Spiele dauernde Restsaison Chefcoach des HC Erlangen in der Bundesliga.

 

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Mit dem Handball blieb Brack auch nach seinem letzten Engagement bei FrischAuf Göppingen bis 2018 eng verbunden. Als Kolumnist von sieben Zeitungen begleitete er die Handball-EM. Und dann stand er ja auch weiter mit dem Handball in der Halle – bei Trainerlehrgängen und an der Uni Stuttgart, wo der Dozent für Sportwissenschaften bis zum Sommer lehrte. Nico Büdel, der Erlanger Spielmacher, studierte und spielte bei ihm in der Uni-Mannschaft, wie auch Jens Bürkle, Trainer von Balingen-Weilstetten – Brack, der mit Stuttgart-Scharnhausen 1991 erstmals in die Bundesliga aufstieg und später auch Pfullingen und Balingen-Weilstetten ins Handball-Oberhaus führte, kennt mehr als die halbe Liga persönlich.

14 bis 16 Stunden Handball? Natürlich! 

Ein Grund, weshalb sich René Selke, der Geschäftsführer des HCE, und sein Sportlicher Leiter Kevin Schmidt, schon im Dezember für ihn entschieden, "sollte der Fall eintreten, der nun eingetreten ist". Sprich: Sollte das doch nicht gutgehen mit der Beschäftigung mit Eyjolfsson bis Saisonende mit dem Wissen, dass dann Kapitän Michael Haaß den Trainerposten übernimmt. "Wir hatten ein spezielles Anforderungsprofil", so Selke bei der Vorstellung von Brack am Dienstag, "er musste sofort verfügbar sein, es muss gleich funktionieren, er muss Erfahrung mitbringen und die Liga kennen." Allesamt Dinge, die auf Rolf Brack zutrafen und der gleich für die mögliche Aufgabe brannte: "Ich bin es gewöhnt, 14 bis 16 Stunden mit Handball zu tun zu haben. Ich habe aber schon mit den Studenten oder den Demo-Teams gemerkt: Das ist was anderes."

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Das Leben im Ruhestand, so schön das Tatortschauen auch ist, war erst recht nicht mehr das, was Brack gewöhnt war. "So goldig die vier Enkel sind - aber es hat seinen Reiz, jeden Tag mit Hochbegabten zu arbeiten. Es ist spannend zu sehen, wie viel man in kurzer Zeit mit Topathleten bewegen kann."

Auch was für Erlangen? Rückzugsverhalten auf Raststätten 

Wie das gelingen soll, sagt der "unkonventionelle Querdenker", wie er sich selbst beschreibt, dazu habe er ein paar Ideen. Taktische Sachen, Vereinfachungen im Angriff, ein schnelleres Rückzugsverhalten, häufigere Wechsel der Torleute – vor allem aber will er, der auf langen Auswärtsfahrten schon mal auf Raststätten trainieren und Torleute mit Schneebällen warmwerfen ließ, den Spaß zurückbringen.

Kevin Schmidt: "Der richtige Mann zur richtigen Zeit" 

Das, hört man, hat gleich beim ersten Training gestern Nachmittag funktioniert: Eine Präsentation hatte Brack vorbereitet um sich vorzustellen. Man sah ihn in seinem 400-PS-Sportwagen und in einem wackeligen Boot beim Hochseeangeln mit einem Schwertfisch auf dem Arm.

"Im Schwabenland sagt man über so einen: Des isch a Bsonderer", sagt Brack über Brack. Einer, der anstrengend werden kann, aber auch einer, der "der richtige Mann zur richtigen Zeit", so Kevin Schmidt, sein kann beim HC Erlangen, um die Verkrampfung der talentierten Mannschaft zu lösen und ihr ihre Lockerheit zurückzugeben. Rolf Brack sagt, er habe "großen Bock auf die Aufgabe" - auch wenn er dafür den Tatort drei Monate allein im Hotel schauen muss.

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