Alpenüberquerung
Von Roth bis zum Gardasee: 24 Stunden Non-Stop mit dem Rad
3.7.2021, 05:55 UhrAm längsten Tag des Jahres aufs Rad steigen und einfach in Richtung Süden fahren. Wie weit würde man kommen und vor allem wohin? Diese Frage stellte sich Heiko Schuster zusammen mit Sebastian Freiman "Da hab ich kurz überlegt und gesagt, dass wir ja einfach mal zum Gardasee fahren könnten", erzählt Schuster.
Insgesamt 552 Kilometer am Stück, von den über 4000 Höhenmetern jeweils hoch und runter über die Alpen ganz zu schweigen. Dann auch noch non-stop durch Tag und Nacht, um den Reiz noch etwas höher zu schrauben. Am Ende hatten sich sieben Mann und eine Frau für das kühne Vorhaben gefunden.
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Alle begeisterte Radler und fitte Sportler. Neben Schuster (39) und Freiman (39) waren noch Andreas Zwickel (34), Bryan Böhme (40), Daniel König (26) und Enrico NACHNAME (36), allesamt Mitglieder der TSG 08 Roth Triathlon, von der Partie. Auch Viola Greil (32) vom La Carrera TriTeam und Michael Schübel (41) von Kirchmair Cycling haben sich der Truppe angeschlossen.
Los ging es Freitagabend den 25. Juni um 18.30 Uhr - im Regen. "Der Anfang war denkbar schlecht. Wir haben erst noch etwas gewartet, in der Hoffnung, dass es weniger wird. Aber die Regenwolke hat uns dann bis München begleitet." Das Problem: Die wenigsten hatten überhaupt eine Regenjacke dabei. Es ging ja darum, schnell und mit leichtem Gepäck zu reisen.
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Auch Daniel König kann sich noch gut an den nassen Start der Tour erinnern: "Wir waren ab der ersten halben Stunde klatschnass und leicht unterkühlt. Wenn du so losfährst ist da bereits der erste Tiefpunkt in der Gruppe erreicht." Allen war klar gewesen, dass sie sich gegenseitig bei Laune halten müssen. Denn bei 24 Stunden am Stück auf dem Rad hat jeder mal sein Tief, so Schuster. "Deshalb war ich auch ziemlich froh, dass ein gewisser Kollege mitgefahren ist. Der ist eine Quasselstrippe und hält dich wach", sagt er lachend.
Trotz des schlechten Starts hatte der nächtliche Ritt durch den Regen auch seine positiven Seiten. Für Schuster war es die schöne (menschenleere) Stadtkulisse in Neuburg an der Donau oder Fürstenfeldbruck. Das Fahren bei Nacht auf den leeren Straßen im hellen Mondschein war das Highlight von Daniel König, ebenso wie der Sonnenaufgang.
15 Snickers und zehn Bifis
Doch auch gut trainierte Hobby-Radler müssen irgendwann mal pause machen und die Reserven auffüllen. "Etwa alle 70 bis 100 Kilometer hatten wir das eingeplant, sieben waren es dann insgesamt." Der erste Stopp war an einer Tankstelle bei Aichach gegen 23 Uhr. 15 Snickers, zehn Bifi Rolls und Tuc-Kekse. Was nach dem Einkauf eines 14-Jährigen im Supermarkt klingt war alles an kulinarischer Vielfalt, die der Nachtschalter herzugeben hatte. Um drei Uhr Morgens gab es dann immerhin Semmeln an einer Tankstelle in Bad Tölz.
Die Überquerung des Brenner Pass, auf der alten Brenner Straße entlang der Dörfer, sorgte dann nicht nur für die nötigen Höhenmeter, sondern auch das Stimmungshoch. "Wir hatten alle gut gefrühstückt und wurden langsam schön warm", berichtet König von der anfänglichen Euphorie. Schuster weiter: "Wir haben uns gedacht, ab jetzt geht es nur noch Bergabwärts. Allerdings hatten wir da schon 320 Kilometer in den Beinen und noch über 200 vor uns."
Ab da habe bei ihm langsam der Stierblick eingesetzt: "Der Radweg war teilweise ziemlich schmal und wir fuhren dicht hintereinander, wie beim Zeitfahren. 30 bis 40 km/h bergab sind auch nicht langsam und erfordern Konzentration."
"Balla balla in der Birne"
Ab Bozen hat dann zur ganzen Übermüdung auch noch Gegenwind eingesetzt. "Den Wind hatten wir auf den gesamten letzten 100 Kilometern. Das war schon ein richtiger Zahnzieher", sagt Schuster und auch König ist dieser letzte Teil der Strecke noch gut in Erinnerung: "Die letzten 100 Kilometer waren für alle gleich zäh. Mit der Hitze und dem Wind wird man dann schon etwas balla balla in der Birne."
Nach einer Reifen-Panne (die einzige) etwa 20 Kilometer vor dem Ziel, sind die Radler am Samstag gegen 19.30 Uhr, knapp 24 Stunden nach der Abfahrt in Roth und 19,5 Stunden reiner Fahrtzeit, in Riva am Gardasee angekommen. Doch anstatt jubelnd in den großen See zu springen, seien sie nur etwas benebelt über den Marktplatz zum Hotel getaumelt. "Wir wollten einfach nur was gescheites Essen und ein Bier trinken", bringt König die Stimmung auf den Punkt.
Nachdem sie noch zusammen bei Weizen und Aperol das restliche Italienspiel angesehen hatten, fühlten sich dann gegen zwei Uhr Morgens auch die Letzten bereit fürs Bett, bevor es am nächsten Tag mit dem Kleinbus vom Verein, den Gerhard König separat nach Riva gefahren hatte, wieder zurück nach Roth ging.
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Alles in allem ist das Tour-Fazit recht positiv ausgefallen: "Es war von super schön, über anstrengend bis schlecht alles dabei", fasst Schuster zusammen. Zwar sei man am Ende schon körperlich erschöpft und einfach müde gewesen, aber es sei nicht so schlimm wie eine Langdistanz beim Triathlon. Auch für Daniel König war es eher die mentale Herausforderung. Bereits am Dienstag nach der Wochenendtour saß er dann schon wieder vier Stunden auf dem Rad.
Für Schuster war es nicht die erste verrückte Sportaktion, die er zusammen mit Sportsfreunden unternommen hat. Vergangenes Jahr ist er mit Sebastian Freiman und Andreas Zwickel den Heidecker Schlossberg über 17 Stunden lang rauf und runter gefahren, bis sie die 8848 Höhenmeter des Mount Everest zusammen hatten. Und auch für das kommende Jahr spielen sie schon wieder mit einer neuen, leicht verrückten Idee. Ob sie einfach nur weiter oder auch höher fahren werden, ist noch offen.
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