Abwanderungswelle

Nach rassistischem Shitstorm: Discounter-Riese Aldi verlässt X

Christian Urban

Redakteur - nordbayern.de

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7.12.2023, 11:52 Uhr
Aldi Nord zieht sich von X, ehemals Twitter, zurück.

© Rolf Vennenbernd/dpa/Archivbild Aldi Nord zieht sich von X, ehemals Twitter, zurück.

Den Anfang vom Ende markierte eine Social-Media-Kampagne, die Aldi Nord Anfang November schaltete: Auf einem Bild führte ein dunkelhäutiges Model das Weihnachtssortiment des Discounters vor - die Reaktion war ein nicht zu bändigender rassistischer Shitstorm. In anderen Netzwerken wäre das ein Fall für die Content-Moderatoren, seit Elon Musk, der Eigentümer von X aber eine Ära der vermeintlichen absoluten Meinungsfreiheit ausgerufen hat, findet eine Moderation kaum noch statt. Besonders Rechtsextremisten und Verschwörungsgläubige haben dadurch Oberwasser bekommen. Aldi sah daher keine andere Möglichkeit als zahlreiche Accounts zu blockieren, wobei es allerdings auch solche erwischte, die an den rassistischen Ausfällen gar nicht beteiligt waren.

Als Folge der seit Monaten deutlich nach rechts kippenden Stimmung überdenken immer mehr Firmen ihre Aktivitäten auf X, weil sie nicht möchten, dass Ihre Werbeanzeigen neben Hass, Hetze und Verschwörungsmärchen erscheinen. Diverse internationale Großkonzerne wie Apple, IBM oder Disney haben sich daher inzwischen von dem Kurznachrichtendienst abgewandt. Wie das "Handelsblatt" berichtet, haben mittlerweile auch diverse Dax-Schwergewichte Ihre Werbe-Aktivitäten auf X eingestellt oder zumindest pausiert - unter anderem Allianz, BASF und Mercedes. Andere, darunter Volkswagen, Siemens und RWE, schalten nach Angaben des "Handelsblatts" schon seit einem Jahr keine Anzeigen mehr. Der Verlag Nürnberger Presse hat seine Accounts ebenfalls vor einigen Wochen gelöscht.

Nun hat auch Aldi Nord entschieden, der Plattform den Rücken zu kehren - und zwar offenbar komplett. Das bestätigte der Konzern auf Anfrage des "Handelsblatts". Dieser radikale Schritt sei nötig, weil auf dem Netzwerk keine ausreichende Moderation mehr stattfinde, teilte der Konzern gegenüber dem Wirtschaftsmedium mit.

Einlenken wird Musk, der mittlerweile selbst antisemitische und andere verschwörungstheoretische Beiträge verfasst oder teilt, aber vermutlich nicht: Erst vor wenigen Tagen ließ er sich zu einer regelrechten Tirade über die Abwanderung der für das Netzwerk so wichtigen Werbekunden verleiten. Seine Botschaft an die Firmen: "Go. Fuck. Yourself."

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