Nürnberger Hopfenhändler: Rekordernte ohne Bier-Nachfrage

Anne Kleinmann

E-Mail zur Autorenseite

9.10.2020, 05:31 Uhr
2019 war die Ernte so hoch wie seit 1993 nicht mehr. Doch die Corona-Pandemie lässt die Nachfrage in diesem Jahr massiv sinken.

© Rolf Riedel 2019 war die Ernte so hoch wie seit 1993 nicht mehr. Doch die Corona-Pandemie lässt die Nachfrage in diesem Jahr massiv sinken.

Angebot und Nachfrage in Sachen Bier sind im Ungleichgewicht. Das ist wohl das wichtigste Ergebnis des aktuellen BarthHaas-Bericht 2019/20 zum weltweiten Hopfenmarkt, den der Hopfenhändlers mit Sitz in Nürnberg am Donnerstag vorstellte.

Natürlich ist den Deutschen und der ganzen Weltbevölkerung nicht einfach die Lust auf Bier vergangen, schließlich liegt Deutschland nach wie vor auf Platz 5 der Liste der weltweit größten Biernationen: Doch die Einschränkungen zur Eindämmung der Corona-Pandemie, abgesagte Veranstaltungen sowie geschlossene Hotels, Restaurants und Bars haben die Nachfrage sinken lassen.

Gleichzeitig verzeichnet das Familienunternehmen für das Jahr 2019 eine Steigerung in den wichtigsten Schlüsselfaktoren der Hopfen- und Bierbranche gegenüber 2018: Anbaufläche, Erntemenge, Alphasäurenmenge und der Bierausstoß stiegen. So wurde 2019 weltweit auf 61.559 Hektar Hopfen angebaut, ein Zuwachs von weiteren 1176 Hektar gegenüber 2018. Das entspricht einer Fläche von über 86.000 Fußballfeldern.

Bei der Erntemenge gab es einen weiteren Rekord. "Mit knapp 130.000 Tonnen war die Ernte 2019 die größte seit 1993", so Heinrich Meier, Autor des Berichts. Noch entscheidender als die Hopfenmenge sei aber die Menge der gewonnenen Alphasäure. Neben Aromaölen ist Alphasäure der für das Bierbrauen wichtigste Bestandteil des Hopfens und für das Bittere des Biers verantwortlich. Bereits 2019 sei die Menge der im Hopfen geernteten Alphasäuren so hoch wie nie zuvor gewesen.

So gut diese Nachrichten sind, steht dem Markt aus der Ernte 2019 damit für das aktuelle Jahr ein Überschuss zur Verfügung, der auf Grund der Pandemie nicht ausgeschöpft werden kann. "Besonders der für die Hopfenwirtschaft so wichtige Craft-Sektor leidet überproportional, da ein großer Teil der Craft-Brauereien vom Ausschank vor Ort abhängig ist", erklärt Meier.

Deren Anteil liegt weltweit zwar unter vier Prozent, doch bei der Herstellung wird bis zu zehn Mal so viel Hopfen genutzt, wie bei normalen Bier. Als Craft Beer werden im Allgemeinen Biere verstanden, die handwerklich von einer unabhängigen Brauerei gebraut wurden. Oftmals haben sie einen besonderen Geschmack und einen höheren Alkoholgehalt.

Die Folge der gesunkenen Nachfrage bei Craft Brauern wie normalen Brauereien: Nach Schätzungen von BarthHaas könnte der Bierausstoß in diesem Jahr im Vergleich zu 2019 um acht bis vierzehn Prozent sinken.

Klimakrise wirkt sich aus

Geschäftsführer Stephan Barth vermutet zudem, dass sich der Bierausstoß frühestens 2022, wahrscheinlich erst 2023 wieder normalisiere. Ziel sei es nun, Angebot und Nachfrage schnell wieder ins Gleichgewicht zu bringen. "Wir raten den Pflanzern nicht einfach weiterzumachen wie zuvor." Man müsse sich nun überlegen, ob man Felder, die weniger ertragsstark seien, weiterhin nutze. Zudem könne man auf Sorten, die nicht so stark nachgefragt werden, verzichten.


Tausende Liter Bier werden schlecht: Krise bei fränkischen Brauern


Das Unternehmen selbst wird die Krise finanziell jedoch überstehen, betont er. "Natürlich ist unser Umsatz eingebrochen. Aber man kann auch nicht erwarten, dass es einem gut geht, wenn es den Kunden nicht gut geht." In den letzten Jahren habe das Unternehmen allerdings Reserven angehäuft, so Barth. "Wir werden die Krise überstehen, allerdings nicht ohne Kratzer."

Und das obwohl die Coronakrise nicht die einzige Herausforderung für die Branche sei, erklärte Barth. Auch die Klimakrise mache den Anbauern zunehmend zu schaffen, weil die Ernteerträge unberechenbarer werden. Zudem schränke die EU die Verwendung von Chemikalien beim Anbau zunehmend ein und auch die Gesellschaft verlange einen ökologischeren Anbau. Darauf müssten die Anbauer in Zukunft achten. "Eine Neuausrichtung ist unumgänglich."

3 Kommentare