Zu wenig Recycling am Bau: Wertvoller Rohstoff wird verschwendet

23.1.2021, 06:00 Uhr
Abbrucharbeiten in Nürnberg: Sand und Kies landen oft auf Deponien, während die natürlichen Ressourcen schwinden.

© Matthias Fleischmann, NN Abbrucharbeiten in Nürnberg: Sand und Kies landen oft auf Deponien, während die natürlichen Ressourcen schwinden.

Kein Witz: Wüstenstaaten wie Abu Dhabi müssen Sand importieren. Denn Wüstensand eignet sich nicht zum Bauen. In Deutschland hingegen haben die Körner die passende Beschaffenheit, in Franken gibt es gleich mehrere Abbaugebiete - unter anderem bei Schwaig und Schnaittach. Doch während die natürlichen Ressourcen schwinden, werden Baustoffe aus Sand und Kies regelrecht verschwendet. Denn das gesetzlich vorgeschriebene Recycling wird in der Praxis oft ignoriert.

Um die Dimensionen zu verdeutlichen: Sand und Kies, die Hauptbestandteile von Beton, sind in Deutschland die mengenmäßig größte gewonnene Rohstoffgruppe, heißt es bei der Bundesanstalt für Geowissenschaften. Rund 139 Millionen Tonnen davon werden jedes Jahr verbaut. Gleichzeitig stammt mehr als die Hälfte des bundesweiten Abfalls vom Bau.

Fast niemand hält sich an die Regeln

Im Kreislaufwirtschaftsgesetz ist die Verpflichtung zum Recycling geregelt: Bei Abrissen muss das Material an Deponien geliefert, dort aufbereitet und klassifiziert werden. Mit entsprechender Zertifizierung gilt es als gleichwertig gegenüber Neumaterial - und soll bevorzugt verwendet werden. "Die Regeln sind klar, aber fast niemand hält sich daran", sagt ein Kenner der Baubranche in Franken. Diese Einschätzung bestätigt ein regionaler Bauunternehmer, der auch Recycling betreibt (beide Namen sind der Redaktion bekannt): "So sieht es das Gesetz vor, aber viele verwenden trotzdem neu abgebautes Material. Das liegt auch daran, dass die Natursteinwerke hier eine starke Lobby haben."

Wenn er aufbereitetes Altmaterial verwenden wolle, müsse er oft viel Aufwand betreiben, bis alle Beteiligten zustimmen – dem Unternehmer zufolge hilft mitunter erst eine Drohung mit juristischen Schritten gegen die Missachtung des Kreislaufwirtschaftsgesetzes. Die ständige Überzeugungsarbeit ist mühselig: "In der Schweiz werden sogar Brücken mit Recycling-Baustoffen gebaut, und hier gibt es schon bei Radwegen große Bedenken."

Kritik am Nürnberger Bauamt

Die wichtigste Stellschraube für den Einsatz von Recycling-Material sind Ausschreibungen: Hier wird selbst bei ganz einfachen Bauvorhaben regelmäßig die höchste Qualitätsstufe der Baustoffe gefordert. So bleiben wiederaufbereitete Baustoffe oft außen vor, selbst wenn sie nur geringste Schadstoffbelastungen aufweisen - und viele Bauprojekte, wie etwa Fahrbahnen, zudem noch versiegelt werden. Nicht nur private Bauträger schließen Recycling faktisch aus, auch bei Ausschreibungen der öffentlichen Hand ist dies oft der Fall. Als sehr zurückhaltend gilt in der Branche auch das Staatliche Bauamt Nürnberg.


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"Ja, man könnte beim Thema Baustoff-Recycling etwas großzügiger sein", räumt Stefan Grötsch vom Bauamt ein. Dem Sachgebietsleiter für Straßenbau zufolge sind es oft bürokratische oder organisatorische Gründe, die gegen eine Wiederverwertung sprechen. Manchmal stehe nicht genug einheitliches Material zum nötigen Zeitpunkt bereit, zudem sei stets mehr Aufwand für diverse Qualitätskontrollen und Nachweise nötig.

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