Sabi Sand in Südafrika: Raubkatze unterm Auto
25.05.2019, 07:22 UhrAlso muss das Auto als Schattenspender stehen bleiben, bis die Leopardin von sich aus geht.Und das kann dauern. Derweil braten die britischen Touristen über ihr im offenen Wagen in der Sonne. Und bangen um ihren Rückflug, der in drei Stunden ansteht.
"Vor dieser Leopardin haben wir alle Angst", sagt Nicholas Coleman, unser Ranger und lacht dabei. Eckson Sithole, unser Spurensucher, bestätigt das nickend. "Sie hat irgendwann herausgefunden, dass es unterm Auto schön kühl ist", sagt Coleman. "Seitdem macht sie das dauernd. Obwohl alle Ranger es vermeiden wollen, gelingt es ihr." Wir stehen dem festgesetzten Auto gegenüber, sehen sogar die Hinterbeine der Raubkatze. Und können das Ganze gelassen betrachten und fotografieren. Nic, der am Steuer unseres Autos sitzt, könnte ja jederzeit den Motor starten und wegfahren . . .
Sabi Sand ist berühmt für seine Leoparden. Doch tatsächlich hat das 65.000 Hektar große Reservat eine Artenvielfalt zu bieten, die selbst Safari-Kenner ehrfürchtig staunen lässt. Auf jeder Ausfahrt – egal ob am frühen Morgen oder am Nachmittag – sorgt sie für magische Momente. Für Momente, in denen man als Tourist unwillkürlich die Luft anhält, weil man befürchtet, durch zu lautes Atmen zu stören.
Da steht plötzlich ein südliches Breitmaulnashorn zum Streicheln nah neben dem Auto und grast. Zehn Exemplare gab es von dieser Tierart – deren Geschichte sich 20 Millionen Jahre zurückverfolgen lässt – Ende des 19. Jahrhunderts nur noch. Dank konsequenter Nachzucht- und Schutzmaßnahmen ist der weltweite Bestand wieder auf über 20 000 angewachsen. Trotz anhaltender Wilderei.
Eine Herde blockiert die Straße
Gleich um die Ecke hält ein Löwenbrüderpaar Verdauungs-Siesta. Ein paar Kilometer entfernt teilen sich Giraffen, Zebras und Antilopen aller Größen eine Grasfläche, darüber hängen ein paar dunkelgraue Wolken, ein blasser Regenbogen überspannt die Szenerie. Begegnungen mit Elefanten sind ohnehin unvermeidlich. So manche Fahrt durchs Gelände zieht sich in die Länge, weil ein Bulle oder gleich eine ganze Herde die Straße blockiert. Im Gegenteil dazu sind die gefleckten Wildhunde schnell und ängstlich. Sie wissen um ihre Rolle als Beute für alle anderen Raubtiere, einschließlich der Krokodile. In ganz Afrika gibt er nur noch etwa 8000 dieser vom Aussterben stark bedrohten Tiere. Zwei Rudel davon sind in Sabi Sand anzutreffen.

Hinter dem, was hier so ganz natürlich und wild erscheint, steckt allerdings viel menschliche Arbeit. Und viel Geld. Naturschutz und auch ländliche Entwicklungshilfe – ohne die sich Afrikas Tiere nicht schützen lassen – treffen auf Luxustourismus. An Orten wie Sabi Sand zeigt sich, wie das zusammenspielen kann. Mit einem positiven Ergebnis für alle Seiten. An solchen Orten lässt sich aber auch erkennen, wie sensibel dieses Zusammenspiel ist.
Wie viel Verantwortung zum Beispiel die Teams aus Rangern und Trackern – also Spurensuchern – tragen. An ihnen liegt es, dass die Touristen tatsächlich das erleben, was sie für ihr teures Geld erwarten. Und dass sie dann wiederum den Beutel für dieses Geld noch ein wenig weiter öffnen und Souvenirs einkaufen oder für Projekte spenden. Würde ein Besucher Sabi Sand ohne Leoparden-Begegnung verlassen, würde das am Ruf des Reservates kratzen. Gleichzeitig müssen Ranger und Tracker zahlreiche Regeln einhalten. Und dafür sorgen, dass ihre Gäste das ebenfalls tun. Nicht immer leicht ist das bei Menschen, die im Alltag zuhause gewohnt sind, Anweisungen zu geben, nicht sie zu befolgen.
Sabi Sand ist ein privates Gelände mit sechs Eigentümerfamilien, die zusammenarbeiten. Zum Kruger-Nationalpark gibt es keine Zäune. Das ermöglicht den Wildtieren weite Wanderungen. Dennoch kennen Ranger und Tracker die meisten der für Touristen interessanten Tiere, geben ihnen sogar Spitznamen, wenn sie untereinander über sie reden. Die Tiere sind weitgehend habituiert. Das heißt, sie sind daran gewöhnt, ihren Lebensraum mit Menschen zu teilen, die in Autos sitzen. Oder besser ihn mit Autos zu teilen, in denen Menschen sitzen. Sie wissen, dass davon keine Gefahr ausgeht und kümmern sich nicht weiter darum, so lange sie nicht bedrängt werden. Ohne die wachsamen Augen des Rangers aus dem Auto auszusteigen, ist für Touristen jedoch lebensgefährlich. Dann werden sie zur Bedrohung und zur Beute.
Eine Art Vorläufer des Kruger Parks
Die Geschichte des Sabi Sand Schutzgebietes begann bereits 1898 – damals unter der Bezeichnung Sabie Reservat als eine Art Vorläufer des Kruger-Parks. Dessen Gründung 1926 und das dazugehörige Nationalparkgesetz führte zum vorübergehenden Aus für Sabie.
Doch 1934 schufen die ehemaligen Grundstückseigentümer das Sabi Private Game Reserve. Von diesen Pionieren sind sechs Familien übrig. Das Gelände betreten darf nur, wer Gast von einer der Lodges dort ist. Über 20 gibt es davon, die jüngste ist die Tengile River Lodge. Sie wurde erst Anfang des Jahres eröffnet. Wer dort Quartier nimmt, hat den perfekten Blick auf das Bett des Sand-Flusses mit all seinen tierischen Bewohnern und Durchwanderern.
Die werden nicht nur beobachtet, sondern auch erforscht. Vor allem die Leoparden – in Zusammenarbeit mit Panthera, einer Nichtregierungsorganisation, die weltweit Konzepte zum Schutz von Wildkatzen entwickelt. Die Leoparden-Population in Sabi Sand gilt als außergewöhnlich stabil. Pro 100 Quadratkilometern leben hier zwölf Tiere – ganz ohne Zwang und Zäune. Im Kruger-Park sind es gerade einmal drei Tiere auf 100 Quadratkilometer. Panthera will wissen, woran das liegt. Daher wurden Fotofallen aufgestellt. Zwei Monate lang haben sie Bilder von Leoparden gemacht, erklärt Ranger Matt Smith, der bei andBeyond für das Projekt verantwortlich ist. Außerdem notieren die Ranger im Reservat täglich die Details aller Leoparden-Begegnungen. Die Daten werden an Panthera übermittelt.
Da ist dann auch die Angewohnheit der schmalen Leopardendame dokumentiert, sich unter Autos abzukühlen. Diesmal hatte sie nach einer guten Viertelstunde genug. Die englischen Touristen haben ihren Heimflug noch erwischt.
Mehr Informationen:
Reiseveranstalter andBeyond
www.andbeyond.com, der die Reise unterstützte.
Kontakt in Deutschland über RTC Rose Travel Consulting in Rottach Egern, www.rosetravel.de
Anreise:
Direktflüge nach Johannesburg von Frankfurt oder München etwa mit South African Airways oder Lufthansa. Dann per Inlandsflug nach Skukuza oder per Auto über die N4. 450 Kilometer in etwa sechs Stunden.
Luxuriös wohnen:
Tengile River Lodge
www.andbeyond.com/our-lodges/africa/south-africa/sabi-sand-game-reserve/andbeyond-tengile-river-lodge/
oder
Kirkman´s Kamp
www.andbeyond.com/our-lodges/africa/south-africa/sabi-sand-game-reserve/andbeyond-kirkmans-kamp/
Beste Reisezeit:
Mai bis September
2 Kommentare
Um selbst einen Kommentar abgeben zu können, müssen Sie sich einloggen oder sich vorher registrieren.
0/1000 Zeichen