"No-Show-Gebühr"

Nürnberger Wirte verlangen bis zu 150 Euro Strafgebühr - Wenn Gäste reservieren und nicht kommen

Jannik Westerweller

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22.2.2024, 10:10 Uhr
Wenn die Tische trotz Reservierung leer bleiben, kann das für Restaurants sehr teuer werden. 

© Marcus Brandt, NN & IMAGO / Eibner Europa / Collage: nordbayern.de Wenn die Tische trotz Reservierung leer bleiben, kann das für Restaurants sehr teuer werden. 

"Aktuell kommt es sehr, sehr häufig vor", erzählt uns Sofia Hilleprandt, Wirtin der Bratwurstküche "Zum Gulden Stern". Vor allem im vergangenen halben Jahr hätten die sogenannten "No-Shows" stark zugenommen.

Daher müsse sie zu harten Mitteln greifen: Seit dem 1. Februar verlange sie daher ab einer Reservierung von zehn Personen 25 Euro pro Person, falls diese nicht kommen sollten. "Ich würde es lieber anders machen. Leider Gottes müssen wir jetzt zu diesen Mitteln greifen", sagt Hilleprandt. Den Schritt begründet sie damit, dass sie immer frische Zutaten kaufe und diese dann nicht verwerten könne.

Sie wolle alles tun, um ihren Gästen ein schönes Erlebnis zu bereiten. Deswegen habe sie auch trotz der Mehrwertsteuererhöhung im Januar die Preise nicht angehoben. Nun sei sie enttäuscht von den Gästen, die einfach nicht kommen: "Da kommt dann auch nie eine Entschuldigung, die Gäste sagen immer, man könne den Tisch ja weitergeben."

Einmal habe es sogar einen Vorfall gegeben, bei dem für eine Feier mit 30 Personen reserviert wurde. Diese seien einfach nicht gekommen - am Telefon habe die Person nur gesagt, sie habe die Reservierung ja nicht ernst gemeint. Dabei sei schon ein Menü abgesprochen gewesen. Nicht nur der Menüpreis schmerzt: "Bei 30 Personen brauche ich ja auch eine Servicekraft mehr", fügt Hilleprandt hinzu. Besonders häufig seien die "No-Shows" in der Messezeit.

Dem schließt sich auch Claudia Wonka vom Gourmet-Restaurant "Wonka" an. Ihrer Erfahrung nach würden Gäste zur Messezeit oft in verschiedenen Restaurants reservieren und dann spontan schauen, wonach ihnen der Hunger steht.

Abhilfe habe allerdings die Einführung von Stornierungsgebühren gebracht: Ab vier Personen müssen Gäste bei einer Reservierung ihre Kreditkartendaten hinterlegen. Kommen die Gäste nicht, wird ein Betrag von 65 Euro automatisch abgebucht. Das entspricht etwa der Hälfte des Menüpreises des mit zwei schwarzen Hauben vom Restaurantführer "Gault&Millau" ausgezeichneten Restaurants.

Seit der Einführung der Stornogebühren seien "No-Shows" kaum noch ein Problem. Davor sei es teilweise extrem gewesen.

Auch Andree Köthe, Inhaber des "Essigbrätleins", ist genervt. Das mit zwei Michelin-Sternen ausgezeichnete Restaurant verlangt 150 Euro Stornierungsgebühr - bei Menüpreisen zwischen 180 Euro für vier Gänge und 210 Euro für sieben Gänge, jeweils ohne Wein- oder Saftbegleitung. "Wir wollen eine Hürde aufbauen", erzählt Köthe. Glücklicherweise würden mittlerweile die meisten Gäste rechtzeitig absagen oder hätten zumindest einen trifftigen Grund, beispielsweise eine kurzfristige Erkrankung. "Wir hatten aber auch schon Gäste, die wir dann im Nachhinein angeschrieben haben - und dann kam nie wieder eine Reaktion, keine Entschuldigung", erzählt Köthe weiter.

"Wenn man den Handwerker für die Waschmaschine ruft und dann nicht da ist - dann kann man ja auch davon ausgehen, dass der Kundendienst eine Rechnung stellen wird", vergleicht Köthe. "Wir haben in der Gastronomie ein Problem mit der Akzeptanz." Es sei ärgerlich: Besonders in dieser sehr personalaufwändigen Form der Gastronomie und nach der Mehrwertsteuererhöhung müsste ja jeder Gast, der kommt, auch für die mitzahlen, die nicht kommen - schließlich sei es am Ende ja eine Kalkulation. Dennoch stimme ihn glücklich, dass der Umsatz mit den Stornierungsgebühren nur bei geschätzten 0,1 Prozent liege.

Besonders brisant: Bereits vor einem Jahr erschien in den "Nürnberger Nachrichten" ein Artikel zur sogenannten "No-Show-Gebühr" - diesen Artikel nahmen offensichtlich einige verärgerte Gäste zum Anlass, schlechte Google-Bewertungen für das "Essigbrätlein" zu verfassen. Einer bezeichnet Köthe als "Unfreundlicher und arroganter Chef und Personal" mit Verweis auf die Stornierungsgebühr. Ein anderer sieht sich selbst im Recht: "Jajajaja bla bla wenn man der Reservierung nicht nachkommt oder auch nicht absagt nehmt ihr euch das recht raus eine Geldstrafe von genau 100 Euro zu verhängen, damit habt ihr den Vogel abgeschossen, denn das kann nur eine öffentliche Behörde wie ein Gericht und somit hättet ihr gar kein recht dazu [sic]."

Dafür hat Köthe kein Verständnis: Man wolle mit so einer Bewertung ja nicht nur seine Meinung preisgeben, man wolle damit Schaden anrichten.

Ein etwas anderes Modell hat das Restaurant "Zeit&Raum" gefunden. Unser Selbstversuch zeigt: Hier wird bei jeder Reservierung ein Betrag von 10 Euro pro Person auf der Kreditkarte geblockt. Kommen die Gäste nicht, ist das Geld weg.

Doch auch viele Restaurants, gerade in zentraler Lage, verzichten auf das Erheben einer "No-Show-Gebühr", so beispielsweise die Kette "Peter Pane". "Das ist nur jede hundertste Reservierung", erzählt uns Nasim Mansouri. Außerdem gebe es durch die Lage direkt an der Lorenzkirche sowieso genug Laufkundschaft: "Wenn wir noch Platz haben, dann warten wir, ob die Leute noch kommen - ansonsten vergeben wir den Tisch einfach neu."

Auch die "Frankenstube" im Nordern Nürnbergs verzichtet auf eine Stornierungsgebühr: "Gott sei Dank passiert es nicht so oft. Wir haben viel Stammkundschaft", erzählt Mine Isik. "Wir ärgern uns, was sollen wir sonst tun", lacht die Kellnerin. Eine Gebühr wolle die "Frankenstube" aus Prinzip nicht erheben. "No-Shows" gäbe es hauptsächlich an Feiertagen, doch das sei meist zu kompensieren. Schließlich habe die "Frankenstube" viel Laufkundschaft. Sollte es mehr werden, müsse man sich allerdings über eine solche Gebühr Gedanken machen.

Das ist die Rechtslage

Was machen, wenn die Gäste einfach nicht kommen? Rechtlich gibt es laut dem "Bayerischen Hotel- und Gaststättenverband" (Dehoga) zwei Fälle: Im ersten Fall reservieren die Gäste einen Tisch und suchen sich Getränke und Essen im Restaurant aus, im zweiten Fall bestellen sie das Essen schon im Voraus.

Bestellen die Gäste das Essen erst im Restaurant, so entsteht ein vorvertragliches Schuldverhältnis. Dabei können Wirte den sogenannten Vertrauensschaden geltend machen. Dazu zählen allerdings nur Kosten für vorrätig gehaltene Lebensmittel oder zusätzliche Personalkosten aufgrund der Reservierung. Einen durchschnittlichen Rechnungsbetrag können Wirte nicht verlangen. Theoretisch könnten Wirte aber den entgangenen Gewinn geltend machen. Praktisch ist das schwierig, denn: Dafür müssten sie beweisen, dass der Tisch anderen Gästen vorenthalten wurde und diese schon eine Bestellung im Voraus abgegeben haben.

Restaurants können allerdings Stornierungsgebühren festsetzen. Auf diese müssen sie Gäste bei jeder Reservierung aufmerksam machen. Laut der "Dehoga" könnten Stornierungsgebühren für ein gut besuchtes Ausflugslokal bis zu 30 Euro betragen, ein Gourmet-Restaurant könnte zwischen 50 Euro und 150 Euro verlangen.

Anders sieht es aus, wenn Gäste schon im Voraus bestellen, beispielsweise bei einer Familienfeier. Dann wurde ein verbindlicher Bewirtungsvertrag geschlossen. Hier sind die Gäste in jedem Fall verpflichtet, den vereinbarten Preis zu zahlen - auch dann, wenn sie gar nicht oder nicht alle Personen erscheinen.

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