"Für viele geht es jetzt ums Überleben", bringt es Jochen Schwab vom "Weißen Lamm" in Engelthal auf den Punkt. Um zumindest etwas Umsatz zu machen, hatte das Gasthaus gleich am ersten Wochenende nach Bekanntwerden der Ausgangsbeschränkungen einen Abholservice für seine Speisen eingerichtet. Das lief zwar gut – aber die selbst mitgebrachten Behältnisse der Gäste ließen den Wirt an seine betagten Eltern denken, die beide zur Risikogruppe gehören.
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Er befürchtete, dass sie dadurch mehr gefährdet sein könnten. "Deshalb haben wir danach erst mal komplett zugemacht", erklärt Schwab.Mittlerweile hat die Wirtsfamilie aber eine Alternative gefunden: Mit extra angeschafftem, kompostierbarem To-Go-Geschirr öffnet das Gasthaus ab diesem Wochenende wieder. "Vorbestellen ist wichtig", sagt Schwab, damit er sich mit seinem reduzierten Küchenteam gut vorbereiten könne. Die Servicekräfte seien nun in Kurzarbeit – zumindest die, die dürfen. Aushilfen sind davon ausgenommen, ebenso wie Auszubildende. Sein Personal will er auch nach der Krise auf jeden Fall halten.
Über 90 Prozent Einbußen
Ein Ersatz sei das "To-Go"-Geschäft aber auf keinen Fall. "Wir haben einen Umsatzeinbruch von über 90 Prozent", verrät Schwab. Vor allem das Hotel bereitet ihm Sorgen, für das die Hauptzielgruppe – Handelsreisende – nun komplett wegbreche. Zudem riefen laufend Hochzeitspaare an, die ihre Feiern um ein Jahr verschieben möchten.
"Aber auch für 2021 haben wir schon Termine, das ist nicht so einfach."Zwar habe das Gasthaus eine Betriebsunterbrechungsversicherung – ob die jetzt einspringt, weiß Schwab aber nicht. Auch von der beantragten Soforthilfe habe er noch nichts gehört. "Länger als acht Wochen hält das keiner durch", prophezeit Schwab.
Urlaub gestrichen
Ähnlich klingt Hans-Peter Eberhard vom "Grünen Baum" in Kühnhofen: "Wir hatten schon Zimmerbuchungen für das ganze Jahr." Viele Gäste seien jetzt wegen Messe- und Eventabsagen ausgeblieben, auch einige Hochzeitsfeiern wurden verschoben oder komplett abgesagt. "Wir haben jetzt unseren privaten Urlaub gestrichen, um nach der Krise mehr Feiern annehmen zu können", so Eberhard weiter.
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Auch das Kühnhofener Gasthaus bietet von Freitag bis Sonntag einen Abholservice an, am Ostermontag bleibt die Küche ebenfalls nicht kalt. Aber auch an den nun freien Tagen unter der Woche sei die Familie nicht untätig gewesen. "Die Büroarbeit ist Wahnsinn", sagt Eberhard, man müsse gerade bei Anträgen genau hinschauen. Der finanzielle Ausfall zwang den Betrieb zudem, seine geplanten Investitionen für das kommende Jahr erst mal hinten anzustellen.Trotz allem blickt Eberhard vorsichtig optimistisch in die Zukunft: Denn die Krise könnte viele Touristen veranlassen, ihren Urlaub öfter in der Heimat oder in der Nähe zu verbringen. "Ich sehe gerade unsere Region beim Tourismus stärker werden.
Wir haben einen großen Vorsprung in Sachen Regionalität und familiäre Betriebe werden immer mehr geschätzt."Wie lange die Beschränkungen für die Gastronomie noch andauern werden, weiß keiner. Mit den Einnahmen müsse es aber zumindest nach Juni wieder steil nach oben gehen, sonst könnte es kritisch werden, sagt Eberhard. Vor der Krise habe sein Gasthaus an einem Tag am Wochenende 150 bis 200 Gäste gehabt. Die Unsicherheit, ob es bald wieder so gefüllt sein wird, sei seine größte Angst.
Leerer Biergarten
Auch Gerhard Kratzer treibt die Krise Sorgenfalten auf die Stirn. "Wir generieren den Hauptteil unseres Umsatzes über den Biergarten", sagt der Hersbrucker Altstadtwirt. Gerade jetzt, wo die Saison wieder anfangen würde, müssen Tische und Bänke leer bleiben. "Uns gehen rund 95 Prozent des Umsatzes verloren", sagt Kratzer unumwunden.
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Nur der Imbiss hat noch geöffnet, die Metzgerei ist dagegen geschlossen, weil sich die Kunden sonst schlecht aus dem Weg gehen könnten. Nicht mehr als ein Kunde sei im Imbiss erlaubt, andere müssten draußen warten. Daran würden sich die Leute auch halten, so Kratzer."So können wir nicht lange überleben", ist sich der Altstadtwirt sicher. Deshalb seien die Finanzen auch seine größte Sorge. Der Winter sei lang gewesen, jetzt breche das Geschäft ein und trotz Kurzarbeit habe er weiterhin Folgekosten zu tragen. "Wenn wir im Sommer wieder aufmachen dürfen, dann geht's", mutmaßt er.
Aber auch dann, so schätzt Kratzer, wird das Geschäft nicht so schnell anlaufen wie vorher. Auf die Regelung komme es an, ob und
wie schnell sich die Leute zum Essen wieder vor die Tür wagen würden.Seiner Meinung nach sind aber aktuell noch zu viele Menschen auf den Straßen unterwegs. "So bekommen wir das Virus nie los", sagt Kratzer, dessen Frau mittlerweile selbst Gesichtsmasken näht. "Ich bin für strengere Regeln und dafür, dass alle Masken tragen."
Kochen als Therapie
Von einer "Katastrophe" spricht auch Gunther Klos vom "Schwarzen Adler". Der Wirt bietet täglich Speisen zum Mitnehmen an, auch Liefern ist möglich, sagt Klos. Dass der Betrieb in dem Gasthaus in der Martin-Luther-Straße auch unter der Woche nicht still steht, sei eine Art "therapeutisches Kochen": "Meine Mutter steht seit 60 Jahren in der Küche, das tut ihr einfach gut", sagt der Hersbrucker.
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Auch er habe seine zwölf Mitarbeiter in Kurzarbeit geschickt, gemeinsam mit seiner Mutter und einer Auszubildenden schmeißt er zur Zeit das Gasthaus. Obwohl das Abholgeschäft gut angenommen werde, mache er damit den geringsten Verdienst: "Uns fallen die Getränke weg, die sonst das relativ günstige Essen subventionieren." Auch er spricht von rund 95 Prozent Umsatzeinbußen.Die geplanten neuen Hotelbäder habe er zurückstellen müssen. "Ich habe gleich am 14. März – dem ersten möglichen Tag – Kurzarbeit und Soforthilfe beantragt", erzählt der Hersbrucker. Passiert sei seitdem nichts. Aber auch für Klos stellt das Hotel die größte Sorge dar.
Denn wenn die Beschränkungen aufgehoben sind, werde der Tourismus trotzdem nur zäh anlaufen, prophezeit er. "Die Leute werden weiter verunsichert sein." Zudem schätzt er, dass viele Firmen erst mal sparen und deshalb Geschäftsreisende wegbrechen. "Für Ostern waren wir ausgebucht. Mittlerweile sagen die Leute aber nicht mal mehr ab, sondern kommen einfach nicht."So wie jetzt sei die Situation noch bis Ende April tragbar, danach werde es schwierig. "Wenn man selbst pleite geht, hat man etwas falsch gemacht. Aber jetzt könnte man nicht mal etwas dafür."
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