Fürther Stiftungsaltenheim: Schon 30 Bewohner verstorben

Andreas Dalberg

FN-Redakteur

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29.1.2021, 11:00 Uhr
Das Stiftungsaltenheim, so die Hoffnung, hat nun das Schlimmste überstanden.

© Foto: Wolfgang Händel Das Stiftungsaltenheim, so die Hoffnung, hat nun das Schlimmste überstanden.

Noch vor wenigen Tagen hat Sozialreferentin Elisabeth Reichert im Stadtrat berichten müssen, dass weiter „Ausnahmezustand“ im städtischen Altenpflegeheim herrscht. Tatsächlich ist die Zahl der Senioren, die in den vergangenen Tagen an oder mit Covid-19 verstarben, noch einmal um acht auf 30 gestiegen. „Eine wirklich sehr traurige Zahl.“


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Andererseits gibt es nun endlich auch eine positive Entwicklung: Von den 43 Bewohnern, die derzeit noch im Stiftungsaltenheim untergebracht sind, sind nur noch zwei positiv auf das Corona-Virus getestet worden. Bei den anderen 41 fiel der Test negativ aus. Reichert: „Die Lage ist nun glücklicherweise stabil.“

Ab Weihnachten ging alles sehr schnell

Bis kurz vor Weihnachten war das Heim in der Stiftungsstraße glimpflich durch die Pandemie gekommen. Dann aber änderte sich alles innerhalb weniger Tage. Am 23. Dezember wurde bekannt, dass eine Mitarbeiterin positiv getestet wurde.

Zwar wurde der entsprechende Wohnbereich im Heim sofort unter Quarantäne gestellt. Da aber die betroffene Mitarbeiterin mit vielen Bewohnern und Kollegen Kontakt gehabt hatte, stand zu befürchten, dass es noch mehr Positiv-Tests geben würde.


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Das bewahrheitete sich zwei Tage darauf: Weitere fünf Mitarbeiter waren infiziert. Innerhalb von nur zehn Tagen fielen über 20 Kräfte im Stiftungsaltenheim aus. Zuletzt waren von den rund 80 Mitarbeitern über 30 nicht einsatzbereit.

Bei den 79 Bewohnern aber war die Entwicklung noch drastischer: Am ersten Weihnachtsfeiertag wurde die erste Infektion festgestellt. Am 8. Januar hatten schon 35 Senioren das Corona-Virus.

Und die zu befürchtenden Folgen traten rasch ein: Der erste Bewohner starb am 2. Januar. Heute, wenige Wochen später, sind 30 Tote zu beklagen. Dabei war für den 1. Januar ein Impftermin anberaumt gewesen, an dem ein mobiles Team in das Heim kommen und Bewohner wie Personal impfen sollte.

Impftermin kurzfristig abgesagt

„Was mich erschüttert hat“, erzählt die Sozialreferentin, „dass dieser Impftermin kurzfristig abgesagt wurde. Das Gesundheitsamt entschied: Wenn es Positivfälle im Haus gibt, wird nicht geimpft.“ Reichert hätte sich gewünscht, dass man „einen Weg findet, wie das Impfteam kommen kann, ohne dass es sich selbst in Gefahr bringt.

Dann wäre die Gesamtbilanz eine deutlich andere für das Haus.“ Auf FN-Anfrage, wie es zur Absage des Impftermins kam, teilt das Landratsamt schriftlich mit: „Das staatliche Gesundheitsamt steht im engen Austausch mit den Verantwortlichen des Impfzentrums und hat dem Impfzentrum dementsprechend auch das Ausbruchsgeschehen im städtischen Seniorenheim gemeldet.


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Aufgrund des frischen Ausbruchsgeschehens und der völlig unklaren Situation wäre es aus Sicht der Koordinierungsgruppe fahrlässig gewesen, zum damaligen Zeitpunkt Impfungen in der Einrichtung durchzuführen.“

Da das Ausbruchsgeschehen mittlerweile abklinge und keine Neuinfektionen mehr bekannt seien, könnten nun Impfungen stattfinden.

Tatsächlich wurden in dieser Woche jene Bewohner des Hauses geimpft, die sich noch nicht infiziert und einer Impfung zugestimmt hatten. Es sollen circa zwölf gewesen sein.

Auf die Frage, ob von Seiten des Heims alles getan wurde, um die Senioren zu schützen, sagt Reichert: „Man kann nicht mehr machen.“ Die Leitung habe konsequent gehandelt, alle Anordnungen des Gesundheitsamts unverzüglich umgesetzt, das verbliebene Personal habe sich aufgearbeitet.

Nicht nur Corona belastet derzeit das Seniorenheim. Seit Ende des vergangenen Jahres ist auch klar, wie sehr es in wirtschaftliche Schieflage geraten ist. Die Stadt erwägt, es an einen freien Träger abzugeben, Verdi kämpft fürs Personal.

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